Werden in griechischen Restaurants immer noch Teller zerschlagen?

¿Teller Zerschlagen in Griechischen Restaurants?

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Das Bild von tanzenden Menschen, lauter Musik und fliegendem Geschirr ist fest in unserem kollektiven Gedächtnis verankert, wenn wir an griechische Feiern denken. Das Zerschlagen von Tellern – ein Akt, der oft mit überschwänglicher Freude, Leidenschaft und vielleicht sogar einem Hauch von Melancholie verbunden ist. Doch wer heute ein griechisches Restaurant besucht, sei es in Griechenland oder anderswo auf der Welt, wird dieses Spektakel nur noch selten erleben. Was steckt hinter dieser Tradition und warum ist sie aus den meisten Lokalen verschwunden?

Die Ursprünge einer lebendigen Tradition

Die Praxis des Tellerzerschlagens, auf Griechisch „Spasimo piaton“ (σπάσιμο πιάτων), hat tiefe historische Wurzeln, die weit über das einfache Zerstören von Geschirr hinausgehen. Sie war kein willkürlicher Akt, sondern hatte oft eine symbolische Bedeutung und war eng mit bestimmten gesellschaftlichen Anlässen verbunden.

Was ist typisches griechisches Essen?
GRIECHISCHE KÜCHE - TOP10 SPEZIALITÄTENDer Klassiker: Gyros mit Tzatziki.Beliebte Fleischspieße – Souvlaki und Kontosouvli.Mezedes: Snacks zu Ouzo und Tsipouro.In Olivenöl gegrillter Fisch und Meeresfrüchte.Gemista – das gefüllte Gemüse.Griechische Frikadellen: Bifteki mit Beilage.

Mehr als nur Lärm: Die Symbolik

Ursprünglich soll das Zerschlagen von Geschirr bei Trauerfeiern oder Gedenkveranstaltungen praktiziert worden sein. Es diente als Ausdruck tiefster Emotionen, als Zeichen des Bruchs mit der Vergangenheit und als eine Art dramatischer Geste, um das Unglück zu vertreiben. Später wandelte sich die Bedeutung und die Praxis fand Einzug in freudige Anlässe wie Hochzeiten, Taufen oder ausgelassene Feste in Tavernen. Hier stand das Zerschlagen von Tellern für überschwängliche Freude, für den Überfluss und die Großzügigkeit der Gastgeber. Es war ein Ausdruck von Leidenschaft, eine Befreiung von aufgestauten Emotionen und ein Weg, die ausgelassene Stimmung zu steigern. Man sagt auch, es sollte böse Geister vertreiben und Glück bringen.

Ein Zeichen von Wohlstand und Status

In früheren Zeiten, als Geschirr teuer und handgefertigt war, war das Zerschlagen von Tellern auch ein demonstratives Zeichen von Wohlstand und Status. Wer es sich leisten konnte, das teure Geschirr zu zerbrechen, zeigte damit seinen Reichtum und seine Fähigkeit, verschwenderisch zu feiern. Es war eine Art protzige Geste, die den sozialen Rang unterstrich.

Vom Höhepunkt zum Niedergang

Die goldene Ära des Tellerzerschlagens in Tavernen war wahrscheinlich Mitte des 20. Jahrhunderts. In den 1950er und 60er Jahren, als der Tourismus in Griechenland aufblühte und das Land einen wirtschaftlichen Aufschwung erlebte, wurde das Tellerzerschlagen zu einem festen Bestandteil des griechischen Nachtlebens. Es war laut, dramatisch und für viele Besucher aus dem Ausland ein faszinierendes und exotisches Spektakel. Tavernen stellten extra billige Gips- oder Plastikteller bereit, die für diesen Zweck verkauft wurden, um das teure Keramikgeschirr zu schonen.

Doch mit der Zeit gab es verschiedene Gründe, warum diese Praxis immer seltener wurde und schließlich aus den meisten öffentlichen Lokalen verschwand:

  • Sicherheit: Zerbrochenes Geschirr birgt ein erhebliches Verletzungsrisiko. Scharfe Scherben können Gäste und Personal leicht verletzen. Dies führte zu Bedenken und Unfällen.
  • Kosten: Auch wenn spezielle, günstigere Teller verwendet wurden, entstehen durch das Zerschlagen dennoch Kosten für deren Beschaffung und die Entsorgung der Scherben.
  • Reinigung: Nach einer Nacht mit zerschlagenen Tellern war der Boden mit unzähligen Scherben übersät, deren Beseitigung mühsam und zeitaufwendig war.
  • Gesetzliche Bestimmungen: In vielen Regionen wurden aus Sicherheitsgründen und aufgrund von Lärmschutzbestimmungen Gesetze erlassen, die das Zerschlagen von Geschirr in öffentlichen Lokalen verbieten oder stark einschränken.
  • Veränderung der Kultur: Mit der Modernisierung der Gesellschaft und der Gastronomie passte diese archaisch wirkende Praxis nicht mehr ins Bild. Die Menschen suchten nach neuen Wegen, ihre Freude auszudrücken.

Heutige Praxis: Alternativen und Ausnahmen

In den meisten modernen griechischen Restaurants, sowohl in Griechenland als auch im Ausland, wird Geschirr heute nicht mehr zerschlagen. Die Betreiber legen Wert auf ein sicheres, sauberes und angenehmes Ambiente für ihre Gäste. Das Klischee lebt zwar in Filmen und der Vorstellung vieler Touristen weiter, entspricht aber selten der Realität des alltäglichen Restaurantbesuchs.

Gibt es noch Orte oder Anlässe, bei denen diese Tradition fortlebt? Ja, aber meist in abgewandelter Form oder unter speziellen Umständen:

  • Private Feiern: Bei sehr privaten, ausgelassenen Familienfeiern wie Hochzeiten oder Taufen kann es vorkommen, dass im kleinen Kreis und unter Vorsichtsmaßnahmen noch Geschirr zerschlagen wird.
  • Spezielle Veranstaltungen/Touristen-Shows: Einige wenige Tavernen, oft in touristischen Gebieten, bieten speziell inszenierte Abende an, bei denen das Zerschlagen von Tellern als Teil einer Show oder eines Folkloreprogramms dargeboten wird. Hier wird dies kontrolliert und meist mit speziellen, leichter zerbrechlichen Tellern durchgeführt.
  • Alternative Ausdrücke der Freude: Statt Tellern werden heute oft Nelken (Karyofyllia) oder andere Blumen auf die Bühne oder um die Musiker geworfen. Dies ist eine sicherere und saubere Art, Begeisterung und Wertschätzung auszudrücken. Auch das Werfen von Papierservietten ist eine verbreitete Alternative.
  • Das Werfen von Geld: Bei manchen Musikdarbietungen ist es üblich, Geld auf die Bühne zu werfen, um die Künstler zu ehren.

Die Energie und die ausgelassene Stimmung, die früher durch das Zerschlagen von Tellern erzeugt wurden, finden heute andere Ventile. Der Sirtaki-Tanz, das gemeinsame Singen, das Klatschen und der Ruf „Opa!“ sind nach wie vor lebendige Ausdrucksformen griechischer Feierlust.

Vergleich: Gestern vs. Heute

Um die Veränderung deutlicher zu machen, betrachten wir die Unterschiede in einer Tabelle:

MerkmalTraditionelles Tellerzerschlagen (Mitte 20. Jh.)Moderne Praxis (Heute)
AnlassHochzeiten, Taufen, ausgelassene Tavernenabende, Trauerfeiern (ursprünglich)Sehr seltene private Feiern, inszenierte Touristen-Shows
OrtTavernen, Nachtclubs, private HäuserSehr selten in öffentlichen Lokalen; eher in privaten oder speziellen Event-Locations
HäufigkeitRelativ häufig bei bestimmten AnlässenExtrem selten im normalen Restaurantbetrieb
Verwendetes GeschirrUrsprünglich teures Keramik, später billige Gips-/PlastiktellerSpezielle, leicht zerbrechliche Teller (bei Shows) oder gar kein Geschirr zum Zerschlagen
Ausdruck vonEmotionen (Freude, Trauer), Wohlstand, Glück, Vertreibung böser GeisterWird kaum noch als Ausdruck von Emotionen im öffentlichen Raum genutzt
SicherheitHohes VerletzungsrisikoPriorität auf Sicherheit, daher kaum noch praktiziert
Alternative AusdrucksformenWenig verbreitetWerfen von Blumen/Servietten, Tanzen, Singen, „Opa!“ rufen

Tourismus und Erwartungen

Viele Touristen, die nach Griechenland reisen oder ein griechisches Restaurant besuchen, haben immer noch die Vorstellung, dass das Zerschlagen von Tellern eine alltägliche und garantierte Erfahrung ist. Diese Erwartung wird oft durch Filme wie „Alexis Sorbas“ genährt, die dieses Bild populär gemacht haben. Die Realität sieht jedoch anders aus. Wer dieses Spektakel erleben möchte, muss gezielt nach Lokalen suchen, die solche Shows anbieten, oder das Glück haben, zu einer sehr traditionellen, privaten Feier eingeladen zu werden.

Die meisten griechischen Gastronomen legen Wert darauf, ihren Gästen authentisches Essen, herzliche Gastfreundschaft und eine angenehme Atmosphäre zu bieten – ganz ohne fliegende Scherben. Die griechische Kultur hat viele Facetten der Freude und Gastfreundschaft, die weit über das Zerschlagen von Geschirr hinausgehen.

Häufig gestellte Fragen zum Tellerzerschlagen

Warum haben die Griechen früher Teller zerschlagen?

Ursprünglich als Ausdruck von Trauer oder als Schutz vor bösen Geistern, entwickelte es sich später zu einem Symbol für überschwängliche Freude, Wohlstand, Leidenschaft und zur Steigerung der Feierstimmung bei Anlässen wie Hochzeiten und Festen.

Ist Tellerzerschlagen in Griechenland heute illegal?

In vielen öffentlichen Lokalen und Städten ist das Zerschlagen von Geschirr aus Sicherheitsgründen und Lärmschutzbestimmungen verboten oder stark eingeschränkt. Es gibt keine landesweite, pauschale Illegalität, aber lokale Verordnungen und die Regeln der Betreiber verhindern es in den meisten Fällen.

Kann ich in einem normalen griechischen Restaurant Teller zerschlagen?

Nein, in den allermeisten normalen griechischen Restaurants ist dies nicht erlaubt und wird auch nicht praktiziert. Es wäre gefährlich, teuer und würde gegen die Regeln des Lokals verstoßen.

Gibt es noch Orte, wo Teller zerschlagen wird?

Ja, sehr selten bei privaten, traditionellen Familienfeiern unter besonderen Vorsichtsmaßnahmen. Einige wenige auf Tourismus ausgerichtete Lokale bieten es als inszenierte Show an, oft mit speziellen, leicht zerbrechlichen Tellern.

Was sind die Alternativen zum Tellerzerschlagen bei griechischen Feiern heute?

Heute werden oft Nelken oder andere Blumen auf die Bühne oder um die Tänzer geworfen. Auch das Werfen von Papierservietten oder das Werfen von Geld für die Musiker sind verbreitete Praktiken. Tanzen, Singen und der Ausruf „Opa!“ bleiben zentrale Elemente.

Ist Tellerzerschlagen ein wichtiger Teil der modernen griechischen Kultur?

Während es ein faszinierender historischer und kultureller Bezugspunkt ist, ist es kein alltäglicher oder zentraler Bestandteil der modernen griechischen Kultur, insbesondere nicht im öffentlichen Raum der Gastronomie.

Fazit

Die romantische Vorstellung vom Tellerzerschlagen in griechischen Restaurants gehört größtenteils der Vergangenheit an. Was einst ein lebendiger, wenn auch manchmal chaotischer Ausdruck von Emotionen und Wohlstand war, ist modernen Praktiken gewichen, die Sicherheit und Komfort in den Vordergrund stellen. Die Kosten und Risiken sind einfach zu hoch geworden. Während die Tradition in speziellen Kontexten oder als touristische Inszenierung noch existieren mag, wird der Besucher eines typischen griechischen Lokals heute eher durch köstliches Essen, herzliche Gastfreundschaft und vielleicht das Werfen von Blumen anstelle von Scherben die griechische Feierkultur erleben.

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Bruno Auerei Leimen

Ich heiße Bruno Auerei Leimen und wurde 1979 in Heidelberg geboren. Seit über zwanzig Jahren widme ich mich leidenschaftlich der Entdeckung der kulinarischen Vielfalt Deutschlands. Nach meinem Studium der Literatur und des Journalismus an der Universität München habe ich es mir zur Aufgabe gemacht, meine Liebe zum Schreiben mit meiner Neugier für authentische regionale Küche zu verbinden. Heute arbeite ich als Gastronomiekritiker, habe drei Bücher über kulinarische Reisen veröffentlicht und schreibe regelmäßig für renommierte Magazine. Besonders schlägt mein Herz für traditionelle Gerichte und handwerklich gebrautes Bier.

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