Das Jagdschloss Grunewald, malerisch am Grunewaldsee gelegen, ist nicht nur ein bedeutendes historisches Bauwerk, sondern auch das älteste erhaltene Schloss Berlins. Seine Geschichte reicht zurück bis in die erste Hälfte des 16. Jahrhunderts und ist eng mit der Entwicklung der Mark Brandenburg und des späteren Preußen verbunden. Ursprünglich als repräsentativer Stützpunkt für die kurfürstliche Jagd konzipiert, hat das Schloss im Laufe der Jahrhunderte zahlreiche Veränderungen erfahren, die seine vielschichtige Baugeschichte widerspiegeln.

Der Bau des Jagdschlosses steht im Kontext einer regen Bautätigkeit unter Kurfürst Joachim II. Hector. Anfang des 16. Jahrhunderts begann dieser tatkräftige Herrscher in den wald- und wildreichen Gebieten rund um Alt-Berlin und Alt-Kölln mit der Errichtung von Jagdschlössern. Neben einfacheren Jagdhäusern in Fachwerkbauweise entstanden so bedeutende Renaissancebauten in Bötzow (dem späteren Oranienburg), in der Teltower Heide, dem heutigen Grunewald, und in Köpenick. Auch bestehende Burganlagen in Potsdam und Grimnitz bei Joachimsthal wurden für Jagdzwecke umgebaut. Von all diesen Anlagen aus der Zeit Joachims II. hat nur das Jagdschloss Grunewald die Wirren der Geschichte überstanden und ist bis heute erhalten geblieben.
Die Wahl des Standortes in der Teltower Heide war strategisch günstig. Das Schloss lag rund 15 Kilometer von der kurfürstlichen Residenz entfernt, dem Renaissanceschloss in Cölln an der Spree, das zwischen 1538 und 1540 als Vorgängerbau des Berliner Stadtschlosses errichtet wurde. Eine direkte Verbindung zwischen der Residenz in Kölln und dem Jagdgebiet war von großer Bedeutung. Ein eigens angelegter Reitweg verband die beiden Orte. Ein Teilstück dieses historischen Weges ist heute weltberühmt: die Straße Unter den Linden, die vom Stadtschloss nach Westen in den ab 1527 angelegten kurfürstlichen Tiergarten führte. Von dort verlief der Reitweg, der aufgrund des sumpfigen Geländes als Knüppeldamm ausgeführt wurde, weiter in südwestlicher Richtung. Die heutige Budapester Straße und der Kurfürstendamm folgen weitgehend dieser historischen Trasse. Dies unterstreicht die zentrale Rolle, die das Jagdschloss in den Aktivitäten des Hofes spielte.
Die Anfänge unter Kurfürst Joachim II. Hector: Der Renaissancebau
Das ursprüngliche Jagdschloss unter Joachim II. Hector war ein Bauwerk im Stil der Renaissance. Es war auf die Bedürfnisse der kurfürstlichen Jagdgesellschaft zugeschnitten und diente als repräsentativer Rückzugsort nach der Pirsch. Obwohl genaue Details über die ursprüngliche Ausstattung heute schwer zu rekonstruieren sind, zeugen einige erhaltene Elemente und historische Dokumente von der Bedeutung, die der Kurfürst diesem Ort beimaß. Insbesondere die Ausstattung mit teuren und modernen Heizsystemen, wie den sogenannten Hinterlader-Kastenöfen, weist darauf hin, dass das Schloss in seiner Gründungszeit keineswegs ein einfacher Unterschlupf war, sondern einen gewissen Luxus bot.
Über größere Umbaumaßnahmen durch die unmittelbaren Nachfolger Joachims II. ist wenig bekannt, abgesehen von den Eckflügeln, die unter Kurfürst Johann Georg an das Haupthaus angefügt wurden. Erst unter dem Großen Kurfürsten Friedrich Wilhelm sind durch Bauakten wieder umfangreichere Reparaturarbeiten nachweisbar. Bereits 1669 gab er die Anweisung, das Jagdhaus, das als „zimblich eingegangen und baufällig worden“ beschrieben wurde, zu reparieren und wieder instand zu setzen. Diese notwendigen Bauerhaltungsmaßnahmen setzten sich bis in die Zeit seines Sohnes Friedrich III. fort, der später als Friedrich I. erster König in Preußen wurde.
Vom Jagdhaus zum Königssitz: Die Umbauten unter Friedrich I.
Die bedeutendsten Veränderungen erfuhr das Jagdschloss Grunewald unter König Friedrich I. Nach dem Tod des Hofbaumeisters Johann Arnold Nering im Jahr 1695 erhielt dessen Nachfolger Martin Grünberg von Friedrich I. den Auftrag zu umfassenden Reparatur- und Modernisierungsarbeiten. Der König stellte fest, dass das „Königl. Jagthaus undt darbey stehenden Gebäuden eine HauptReparation höchst nöthig“ hatten. Die Bauakten legen nahe, dass das Schloss zu dieser Zeit kaum genutzt wurde, da sogar das Inventar fehlte.
Die Umbauten begannen um 1705 und betrafen sowohl das Äußere als auch das Innere des Schlosses. Eine der auffälligsten äußeren Veränderungen war die Aufstockung des Haupthauses und des Treppenturms an der Vorderfront, um sie an die Höhe der dreigeschossigen Eckflügel anzupassen. Gleichzeitig wurde die reich gegliederte Dachzone verändert. Die ursprünglichen Satteldächer der Eckflügel und des Haupthauses mit ihren Zwerchhäusern und Dachgauben wurden durch ein durchgehendes Mansardwalmdach ersetzt, das diese Gebäudeteile überdeckte. Dieses neue Dach verfügte über Giebelgauben an den Längsseiten, die für die Belichtung der Dachräume sorgten. Der vorspringende Eingangsbau blieb erhalten, während die beidseitig angrenzenden Nebenbauten abgerissen wurden. Nach dem Einbau neuer Fenster und Reparaturen an den Außenfassaden waren die Arbeiten 1708 weitgehend abgeschlossen.
Das äußere Erscheinungsbild, das während dieses Umbaus geschaffen wurde, hat sich bis heute weitgehend erhalten. Lediglich die Dachansicht änderte sich in den 1820er Jahren geringfügig, als die Giebelgauben im Rahmen erneuter Dachreparaturen durch Fledermausgauben ersetzt wurden. Nach dem Tod Martin Grünbergs im Jahr 1706 übernahm Johann Heinrich Behr die Leitung der Bauarbeiten. Unter seiner Ägide wurde 1709 der mit Dachteilen und Bauschutt gefüllte Wassergraben rund um das Schloss zugeschüttet und mit Gras bepflanzt. Auch der Hof wurde gepflastert, und am Seeufer entstanden drei Lust- und Angelhäuschen, die den Erholungsaspekt des königlichen Anwesens betonten.
Ein Blick ins Innere: Die Entwicklung der Räume
Die Modernisierungsmaßnahmen unter Friedrich I. konzentrierten sich stark auf die Innenräume, um sie dem Geschmack und den Komfortansprüchen der Zeit anzupassen. Einfache Stuckdecken wurden eingezogen, die alten Ofentypen wichen Kaminen und Kachelöfen, die eine effizientere Beheizung der Wohnräume ermöglichten. Auch Fußböden, Fenster und Türen wurden erneuert, um das Schloss wohnlicher zu gestalten.
Eine Besonderheit des Jagdschlosses Grunewald aus seiner Erbauungszeit ist die Lage der Große Hofstube im Erdgeschoss. In Schlössern der Renaissance befanden sich die repräsentativen Festsäle in der Regel im Obergeschoss. Die Hofstube war der größte Raum des Hauses. Während des Umbaus unter Friedrich I. wurde dieser imposante Raum durch eine Trennwand in zwei kleinere Zimmer geteilt. Erst in den 1970er Jahren gelang es, den Saal in seinen ursprünglichen Zustand zurückzuversetzen. Heute ist die Große Hofstube der einzige Raum des Schlosses, der noch annähernd den Renaissancestil seiner Gründungszeit vermittelt.
Bei der Wiederherstellung der Hofstube in den 1970er Jahren wurde durch den Abbruch der Trennwand eine den Raum ursprünglich ebenfalls teilende Doppelarkade mit einer Säule freigelegt. Die 1705 eingezogene Stuckdecke verbarg eine ältere Deckenbemalung, eine Imitation einer Kassettendecke, die in Feldern gegliedert war und in schwarz-weißen Tönen gehalten war. Auch der ursprüngliche Fußboden aus roten Ziegelplatten konnte wiederhergestellt werden, was einen weiteren Einblick in die ursprüngliche Gestaltung des Raumes ermöglicht.
Ursprünglich wurde die Große Hofstube durch einen großen Kastenofen beheizt. Von diesem einst prächtigen Ofen sind heute nur noch vier eiserne Gussplatten aus dem Jahr 1542 erhalten. Sie stellen die einzigen erhaltenen Reste der Innenausstattung aus der Gründungszeit des Schlosses Grunewald dar. Ein zweiter, etwas kleinerer Kastenofen befand sich nach dem Renaissanceplan in einem Raum auf der Ostseite des Gebäudes. Beide Kastenöfen wurden während des Umbaus 1705 durch Kachelöfen ersetzt, die dem damaligen Standard entsprachen.
Die Kastenöfen aus der Renaissancezeit waren schmal, reichten länglich in den Raum hinein und konnten von einer Nebenkammer aus beheizt werden. Dieser Ofentypus, sogenannte Hinterlader, galt als teures Luxusartikel. Ihre Anwesenheit im Jagdschloss Grunewald unterstreicht den hohen Stellenwert, den Joachim II. diesem Bau beimaß. Als einer der größten Kunstförderer unter den Hohenzollern dürfte er das Schloss in seiner Zeit sicherlich repräsentativ ausgestattet haben.
Über die genaue Nutzung der beiden Räume in den Eckflügeln zur Zeit Joachims II. gibt es keine verlässlichen Angaben. Die zwei Zimmer und der beheizbare Raum auf der Ostseite des Hauses erhielten jedoch zusätzliche Ausstattungen in Form von Toilettenanlagen, sogenannten Privetern. Diese an der Außenwand des Hauses über dem Wassergraben angebrachten Aborterker waren von den Räumen durch schmale Türöffnungen erreichbar und zeugen von einem gewissen Komfortstandard. Bei den Umbauarbeiten im Jahr 1705 wurden diese Priveter entfernt und die Wandflächen der ehemals 50 cm breiten Türöffnungen zugemauert. Diese zugemauerten Öffnungen kamen erst 1963 bei einer Neuverputzung des Hauses wieder zum Vorschein.
Nach dem Umbau im Jahr 1708 wurden die Räume im östlichen Bereich des Schlosses dem Hegemeister zugewiesen. Die königlichen Gemächer umfassten die nun geteilte Hofstube sowie den Raum im westlichen Eckflügel, den König Friedrich I. als Schlafzimmer nutzte. Dieser Raum verfügt über die aufwendigste Stuckdecke im ganzen Schloss, reich geschmückt mit Muscheln und Blattwerk und gegliedert durch ovale und polygonale Kassettenfelder. Das Mobiliar des 18. Jahrhunderts ist heute leider nicht mehr erhalten.
Zur Zeit Joachims II. befanden sich die privaten Gemächer des Kurfürstenpaares im ersten Obergeschoss. Dieses Stockwerk war über den Wendelstein an der Vorderfront erreichbar. Die Wohn- und Schlafräume der Kurfürstin lagen im östlichen Teil des Hauses, während die Zimmer des Kurfürsten im Westen untergebracht waren. Ein größerer Raum in der Mitte des Obergeschosses, der über einem Teil der Hofstube lag, diente wahrscheinlich als gemeinsames Speisezimmer. Auch an diesem Raum und den Erkerzimmern im Obergeschoss wurden 1705 die Priveter abgebrochen. Erhalten geblieben sind bis heute die Erker an den Eckflügeln, die vier Stufen höher liegen als der Fußboden des Raumes. Unter Friedrich I. dienten die Räume im ersten Obergeschoss ab 1708 zur Unterbringung der Jagdgäste. Eine Inventarliste von 1710 bestätigt, dass diese Räume teilweise mit Schlafzimmermöbeln ausgestattet waren.
Vor der Aufstockung des Gebäudes befand sich im Bereich des heutigen zweiten Obergeschosses ein großer Dachboden. In den obersten Teilen der dreigeschossigen Eckflügel gab es jedoch bereits zwei Räume. Das Zimmer im Westturm gehörte zu den Privatgemächern des Kurfürsten Johann Georg und war vom darunter liegenden Erkerzimmer separat über eine kleine, heute noch erhaltene Wendeltreppe zugänglich. Die Zugangstüren zu dieser Treppe im ersten und zweiten Obergeschoss, mit ihren charakteristischen halbkreisförmigen Abschlüssen, stammen noch aus der Renaissancezeit. Eine dritte Tür aus dieser Epoche befindet sich am Zugang zu einem im Eingangsbau liegenden Zimmer, das vom ersten Obergeschoss erreicht werden kann.
Die Inventarliste aus dem Jahr 1710 gibt einen Einblick in die damalige Möblierung des Schlosses. Sie listet die eher bescheidene Ausstattung von nur neun Zimmern auf, obwohl die Gesamtzahl der Räume in dem nun dreigeschossigen Gebäude deutlich höher war. Dies lässt vermuten, dass das zweite Obergeschoss zu dieser Zeit noch nicht ausgestattet war. Da in der Liste nur das Eigentum des Königs inventarisiert wurde, finden die Wohnräume des Hegemeisters natürlich keine Erwähnung.
Die Nutzung des Jagdschlosses Grunewald im Wandel der Zeit
Ursprünglich als reines Jagdschloss konzipiert, wandelte sich die Nutzung des Gebäudes im Laufe der Jahrhunderte. Unter Friedrich I. wurde es zwar weiterhin für Jagdgesellschaften genutzt, diente aber durch die Umbauten auch als repräsentativerer Aufenthaltsort und zur Unterbringung von Gästen. Die genaue Häufigkeit und Art der Nutzung variierte sicher je nach den Vorlieben der jeweiligen Herrscher. Die Umbauten spiegeln den Wandel von einem spezialisierten Jagdhaus zu einem vielseitigeren Landsitz wider, der auch für andere Hofaktivitäten genutzt werden konnte.
Das Jagdschloss Grunewald ist heute ein lebendiges Zeugnis der brandenburgisch-preußischen Geschichte. Es beherbergt ein Museum, das Einblicke in seine Baugeschichte, die höfische Jagd und die Kunstsammlung der Hohenzollern gibt. Die Wiederherstellung der Großen Hofstube im Renaissancestil ermöglicht Besuchern, einen Eindruck von der ursprünglichen Pracht des Schlosses unter Joachim II. Hector zu gewinnen, während die übrigen Räume die Veränderungen unter Friedrich I. und die Wohnkultur späterer Epochen zeigen.
Häufig gestellte Fragen zum Jagdschloss Grunewald
Wer ließ das Jagdschloss Grunewald bauen?
Das Jagdschloss Grunewald wurde auf Veranlassung von Kurfürst Joachim II. Hector von Brandenburg erbaut.
Wann wurde das Schloss erbaut?
Der Bau des Schlosses begann Anfang des 16. Jahrhunderts im Rahmen einer Reihe von Jagdschlossbauten unter Joachim II. Hector.
Ist das Jagdschloss Grunewald das einzige erhaltene Jagdschloss aus der Zeit Joachims II.?
Ja, von den Jagdschlössern, die unter Kurfürst Joachim II. Hector in der Mark Brandenburg errichtet oder umgebaut wurden, ist nur noch das Jagdschloss Grunewald erhalten.
Wem gehörte das Jagdschloss Grunewald historisch?
Historisch gehörte das Jagdschloss Grunewald den Kurfürsten und später den Königen von Brandenburg bzw. Preußen und diente ihnen als Jagdresidenz und Landsitz.
Wurden am Schloss Umbauten vorgenommen?
Ja, das Schloss wurde mehrfach umgebaut und modernisiert, insbesondere unter Kurfürst Friedrich Wilhelm und sehr umfassend unter König Friedrich I. zu Beginn des 18. Jahrhunderts.
Gibt es im Schloss noch originale Räume aus der Renaissancezeit?
Die Große Hofstube im Erdgeschoss wurde in den 1970er Jahren in einen Zustand zurückversetzt, der annähernd dem Renaissancestil entspricht. Sie ist der einzige Raum, der einen Eindruck der ursprünglichen Gestaltung vermittelt.
Wofür wurden die Kastenöfen in der Renaissancezeit genutzt?
Die Kastenöfen dienten zur Beheizung der Räume. Es handelte sich um einen modernen und teuren Ofentypus der Zeit, der von einer Nebenkammer aus beheizt werden konnte (sogenannte Hinterlader).
Hat dich der Artikel Jagdschloss Grunewald: Berlins ältestes Schloss interessiert? Schau auch in die Kategorie Gastronomie rein – dort findest du mehr ähnliche Inhalte!