Wo ist Kaiser Wilhelm?

Das Kaiser-Wilhelm-Denkmal in Kiel

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Mitten im Herzen von Kiel, im malerischen Schlossgarten gelegen, steht ein monumentales Zeugnis der Geschichte: das Reiterstandbild von Kaiser Wilhelm I. Dieses beeindruckende Denkmal ist weit mehr als nur eine Bronzestatue auf einem Sockel. Es erzählt die Geschichte einer Region, die sich nach Identität sehnte, die Geschichte der Beziehung zwischen Schleswig-Holstein und Preußen und die Geschichte eines Landes, das seinen Platz im Deutschen Reich suchte. Seine Einweihung war ein gesellschaftliches Großereignis, das die Stadt Kiel und die gesamte Provinz Schleswig-Holstein bewegte und bis heute ein wichtiger Orientierungspunkt ist, auch wenn seine Geschichte von Verlusten geprägt ist.

Wann wurde Kaiser Wilhelm gebaut?
November 1896. Einweihung des Kaiser-Wilhelm-Denkmals im Schlossgarten. Am 24. November 1896 kündigte sich in Kiel ein gesellschaftliches Großereignis an: Der Kaiser selbst würde kommen und ein Denkmal zu Ehren seines Großvaters, Kaiser Wilhelm I., einweihen.

Am 24. November 1896 herrschte in Kiel festliche Aufregung. Der Anlass war von höchster Bedeutung: Kaiser Wilhelm II. selbst hatte sich angekündigt, um ein Denkmal zu enthüllen, das seinem verehrten Großvater, Kaiser Wilhelm I., gewidmet war. Der Schlossgarten verwandelte sich in eine Bühne für dieses historische Ereignis. Fahnen und üppige Tannengirlanden schmückten das Gelände, und Tribünen waren aufgebaut, um den zahlreichen Zuschauern Platz zu bieten. Ein besonders prächtiger Kaiserpavillon, geschmückt mit goldenen Adlern und der Kaiserkrone, erwartete die hohen Gäste auf der Südseite.

Schon lange vor Beginn der Feierlichkeiten füllte sich der Platz. Ein buntes und repräsentatives Bild bot sich den Anwesenden. Zuerst marschierten die Ehrenkompanien mit Fahnen und Musik ein, gefolgt von einer breiten Palette der Kieler Gesellschaft. Deputationen der Werftarbeiter zeigten die Bedeutung der aufstrebenden Industrie Kiels. Auch Vertreter verschiedenster Vereine waren präsent: der Gaardener Kommunalverein, die Kieler Innungen, die Liedertafel, Gesangsvereine, der katholische Gesellenverein, der Erste Kieler Ruder-Club und zahlreiche Turnvereine. Vor dem Portal der Universität bezogen Studenten in vollem Wichs Stellung, ein Zeichen der akademischen Welt Kiels. In unmittelbarer Nähe des Kaiserpavillons versammelte sich die politische und militärische Elite: die Admiralität, die Spitzen der Provinzialbehörde, Vertreter der Stadtverwaltung und die Mitglieder des Denkmal-Komitees, die maßgeblich an der Realisierung beteiligt waren. Sogar die Kaiserliche Marine beteiligte sich an der Zeremonie; ihre Schiffe lagen auf der Förde bis zur Seebadeanstalt und bildeten eine eindrucksvolle Kulisse. Tausende Schaulustige säumten die Wasserallee (Düsternbrooker Weg) und die Dänische Straße bis ins Stadtzentrum, um einen Blick auf das Geschehen zu erhaschen.

Mit Fanfarenstößen wurde schließlich die Ankunft des Kaiserpaares und Prinz Heinrichs angekündigt. Nachdem der Kaiser im Pavillon Platz genommen hatte, ergriff Graf Reventlou, der Vorsitzende des Denkmal-Komitees, das Wort. Seine Rede betonte die historische Bedeutung des Monuments. Er hob hervor, dass dies das erste Denkmal sei, das Schleswig-Holstein einem Landesherrn errichte. Dies sei ein Ausdruck des Dankes an Kaiser Wilhelm I. „für die Befreiung von der Fremdherrschaft“ – eine klare Anspielung auf die Konflikte mit Dänemark. Am Ende seiner Ansprache bat Graf Reventlou um die Erlaubnis, das Denkmal enthüllen zu dürfen. Als Wilhelm II. diese erteilt hatte, ertönte der Bläserchor mit „Nun danket alle Gott“. Gleichzeitig läuteten die Glocken von den Türmen der Stadt, und die Schiffe auf der Förde schossen Salut. Ein feierlicher Moment, der die Bedeutung des Anlasses unterstrich.

Im Anschluss traten Vertreter der Stadt, darunter Oberbürgermeister Paul Fuß und der Geheime Kommerzienrat Sartori, vor das Kaiserpaar. Das Denkmal wurde offiziell der Stadt Kiel übergeben. Kaiser und Kaiserin besichtigten daraufhin das Denkmal, geführt vom Künstler selbst, Adolf Brütt. Die Feierlichkeiten fanden ihren Abschluss in einem beeindruckenden Parademarsch der Ehrenkompanie.

Das Reiterstandbild, geschaffen von dem renommierten Bildhauer Adolf Brütt (1855-1939), ist ein national-monarchisches Denkmal. Brütt hatte sich durch seine Arbeiten bereits einen bedeutenden Ruf erworben. Die Bronzefigur zeigt Kaiser Wilhelm I. in überlebensgroßer Darstellung, stolz und erhaben auf seinem Pferd sitzend. Der hohe Granitsockel, auf dem das Standbild thront, ist ebenfalls mit kunstvollen Darstellungen versehen. Zwei wichtige Ereignisse für Schleswig-Holstein sind in Reliefs festgehalten.

Auf der einen Seite ist die „Schlacht bei Eckernförde 1849“ dargestellt. Dieses Relief erinnert an den Kampf der Schleswig-Holsteiner gegen die Dänen im Ringen um Freiheit und Unabhängigkeit – ein Kampf, der hier siegreich geführt wurde. Es ist ein starkes Symbol für den Eigenständigkeitswunsch der Region.

Auf der anderen Seite des Sockels findet sich die Darstellung der „Grundsteinlegung des Nord-Ostsee-Kanals 1887“. Dieses Ereignis steht für den wirtschaftlichen Aufschwung und die strategische Bedeutung, die Schleswig-Holstein und insbesondere Kiel im neuen Kaiserreich erlangten. Der Kanal war ein Jahrhundertprojekt, das die Region grundlegend veränderte.

An den Frontseiten des Sockels waren ursprünglich drei allegorische Figuren angebracht. Zwei Frauengestalten, eine stehend, die andere sitzend, symbolisierten Schleswig-Holstein. Eine der Frauen trug ein Netzwerk, ein Sinnbild für die Fischerei, während die andere eine Sichel in der Hand hielt, als Symbol für die Landwirtschaft. Zu Füßen dieser Gruppe lag das schleswig-holsteinische Doppelwappen, umgeben von den Erträgen der Landwirtschaft und der Fischerei. Auf der Rückseite des Sockels befand sich eine männliche Figur, die die Schifffahrt darstellte. Unter den Reliefs waren Granitplatten mit Inschriften eingelassen: „Wilhelm dem Ersten. Das befreite Schleswig-Holstein“ und „Errichtet im Jahre 1896“. Diese Inschriften fassten die Bedeutung des Denkmals aus Sicht der Errichter zusammen.

Die Symbolik des Denkmals war vielschichtig. Es diente „der Verherrlichung der hohenzollernschen Geschichte und des neuen Kaisertums“, wie Kai Detlev Sievers es formulierte. Gleichzeitig betonte es aber auch den Einheits- und Nationalgedanken Schleswig-Holsteins. Peter Wulf fasste die Bildaussage treffend zusammen: „Im Schutze der preußische Monarchie finden Schleswig und Holstein zu ihrer eigentlichen friedlichen Bestimmung.“ Das Denkmal war somit Ausdruck der Integration Schleswig-Holsteins in das Deutsche Kaiserreich unter preußischer Führung, ohne die regionale Identität gänzlich zu negieren.

Ein weiterer wichtiger Aspekt der Bedeutung des Denkmals war seine Rolle als Zeichen der Versöhnung mit Preußen. Nach der Erhebung von 1848-1852, in der Schleswig-Holstein vergeblich um Eigenständigkeit gegen Dänemark gekämpft hatte, stand ein großer Teil der Bevölkerung der Annexion der Herzogtümer durch Preußen im Jahr 1867 ablehnend und misstrauisch gegenüber. Viele Liberale hatten stattdessen eine staatliche Selbständigkeit unter den Augustenburgern angestrebt. Als am 12. Januar 1867 die feierliche Einverleibung Schleswig-Holsteins in Preußen im Kieler Schloss begangen wurde, blieben einige Vertreter der Kieler Bürgerschaft aus Protest fern. Die Wunden der Vergangenheit saßen tief.

Mit den militärischen Erfolgen Preußens im Jahr 1871, die zur Gründung des Deutschen Kaiserreichs führten, und dem darauf folgenden wirtschaftlichen Aufschwung begann sich die ablehnende Haltung gegenüber Preußen allmählich zu wandeln. Der Erfolg des Reiches und die Integration in eine größere, prosperierende Einheit schienen die anfänglichen Bedenken zu überwinden. Das Kaiser-Wilhelm-Denkmal kann in diesem Kontext als ein Symbol dieser fortschreitenden Integration und Akzeptanz gesehen werden.

Unmittelbar nach dem Tod Kaiser Wilhelms I. im Jahr 1888 erschien in der Nord-Ostsee Zeitung ein Leitartikel, der die Verdienste Wilhelms I. um Schleswig-Holstein hervorhob und die Errichtung eines Denkmals forderte. Gleichzeitig wurde zu Spenden aufgerufen. Kommerzienrat Sartori ergriff die Initiative. Am 25. Juni 1888 wurde in Neumünster beschlossen, ein Provinzialdenkmal für Wilhelm I. zu schaffen, das seinen Platz im Kieler Schlossgarten finden sollte.

Die Gestaltung des Denkmals löste eine lebhafte Debatte in Leserbriefen aus. Es gab durchaus kritische Stimmen. Einige forderten: „Wir Schleswig-Holsteiner wollen einen Menschen sehen. Fort mit den Gaul“. Diese Aussage machte deutlich, dass nicht jeder ein Reiterstandbild wünschte; manche hätten vielleicht eine einfachere, volksnähere Darstellung bevorzugt. Trotz dieser Einwände wurde das Reiterdenkmal, wie es heute im Wesentlichen noch steht, gebaut. Die Finanzierung erfolgte ausschließlich durch Spenden, was die breite Unterstützung des Projekts unterstrich, trotz der Design-Diskussionen. Die Provinz steuerte 50.000 Mark bei, Kieler Privatleute ebenfalls 50.000 Mark, die Stadt Kiel 30.000 Mark, die Gesellschaft freiwilliger Armenfreunde 10.000 Mark und der Provinziallandtag beachtliche 125.000 Mark. Die Höhe der gesammelten Spenden und die große Beteiligung an der Einweihung zeigten, dass der Kaiser und Preußen inzwischen in Schleswig-Holstein weitgehend akzeptiert waren.

Das Denkmal sollte jedoch nicht unbeschadet die Zeit überdauern. Der Zweite Weltkrieg brachte auch für dieses historische Monument Veränderungen und Verluste. Die drei Bronzefiguren am Sockel – der Seemann und die beiden Frauengestalten, die im Volksmund Trina und Stina genannt wurden – wurden im Jahr 1942 eingeschmolzen. Dies geschah im Zuge der Metallspenden für Kriegszwecke. Das Denkmal an sich, das Reiterstandbild Wilhelms I., konnte jedoch durch das beherzte Eingreifen des damaligen Oberbürgermeisters gerettet werden.

Wo ist Kaiser Wilhelm?
Der "Willem" thront als zweithöchstes Denkmal Deutschlands 268 Meter hoch auf dem Wittekindsberg in Porta Westfalica. Das Kaiser-Wilhelm-Denkmal ist ein Monument mit Fernwirkung und zugleich das Wahrzeichen einer gesamten Region. Es bietet ein einzigartiges Panorama sowie ein vielseitiges kulturelles Umfeld.

Ein Schreiben des Reichs- und Preußischen Ministers für Wissenschaft, Erziehung und Volksbildung vom 18. Juni 1942 dokumentiert dies. Darin heißt es, dass unter Berücksichtigung des Antrags des Oberbürgermeisters in Kiel das Denkmal Kaiser Wilhelm I. von der Ablieferung ausgenommen werde, nicht nur zurückgestellt. Allerdings konnte nicht darauf verzichtet werden, dass die allegorischen Figuren des Sockels abgeliefert wurden, da sie künstlerisch als von wesentlich geringerem Wert als das Standbild selbst eingestuft wurden. Das Kulturamt der Stadt Kiel vermerkte am 1. Oktober 1942, dass die Ablieferung der Originale an die Reichsstelle für Metalle durch das städtische Maschinenamt veranlasst wurde. So wurden die symbolträchtigen Figuren, die Landwirtschaft, Fischerei und Schifffahrt darstellten, ein Opfer des Krieges.

Trotz des Verlusts der allegorischen Figuren überstand das Kaiser-Wilhelm-Denkmal selbst mit den beiden Bronzereliefs den Zweiten Weltkrieg unbeschadet. Es wurde in der Nachkriegszeit renoviert und steht bis heute am Rande des Schlossgartens in Kiel. Es ist ein unvollständiges Denkmal, dessen Sockel die Lücke der fehlenden Figuren zeigt, aber gerade diese Lücke erzählt auch einen Teil seiner bewegten Geschichte.

Das Denkmal erinnert an eine Zeit des Umbruchs und der Neuordnung, an die Integration Schleswig-Holsteins in das Deutsche Kaiserreich und an die Bemühungen, regionale Identität und nationale Einheit zu verbinden. Es ist ein Ort der Geschichte, der zum Nachdenken über die Vergangenheit einlädt. Die feierliche Einweihung, die Debatten um seine Gestaltung, die Finanzierung durch die Bürger und das tragische Schicksal der allegorischen Figuren – all dies macht das Kaiser-Wilhelm-Denkmal zu einem faszinierenden Geschichtsobjekt im öffentlichen Raum Kiels.

Häufig gestellte Fragen zum Kaiser-Wilhelm-Denkmal

Besucher und Interessierte haben oft Fragen zu diesem historischen Bauwerk. Hier sind einige Antworten basierend auf den verfügbaren Informationen:

Wer ist auf dem Denkmal dargestellt?
Das Denkmal zeigt Kaiser Wilhelm I., den Großvater des Kaisers Wilhelm II., der das Denkmal einweihte.

Wo genau steht das Denkmal?
Es befindet sich im Schlossgarten in Kiel.

Wann wurde das Denkmal errichtet bzw. eingeweiht?
Die feierliche Einweihung durch Kaiser Wilhelm II. fand am 24. November 1896 statt.

Wer hat das Denkmal geschaffen?
Der Bildhauer Adolf Brütt war der Künstler hinter dem Reiterstandbild.

Was zeigen die Reliefs am Sockel?
Die Reliefs stellen die „Schlacht bei Eckernförde 1849“ und die „Grundsteinlegung des Nord-Ostsee-Kanals 1887“ dar.

Fehlen Teile des Denkmals?
Ja, die ursprünglich am Sockel angebrachten allegorischen Bronzefiguren (Trina, Stina und der Seemann), die Landwirtschaft, Fischerei und Schifffahrt symbolisierten, wurden 1942 eingeschmolzen.

Warum wurden die Figuren eingeschmolzen?
Die Figuren wurden während des Zweiten Weltkriegs als Metallspende für Kriegszwecke eingeschmolzen. Das Hauptstandbild wurde auf Antrag des Oberbürgermeisters verschont.

Was war die Bedeutung des Denkmals für Schleswig-Holstein?
Es symbolisierte den Dank für die 'Befreiung von der Fremdherrschaft' (Dänemark) und war ein Zeichen der Versöhnung mit Preußen sowie der Integration Schleswig-Holsteins in das Deutsche Kaiserreich.

Wie wurde das Denkmal finanziert?
Es wurde vollständig durch Spenden finanziert, die von der Provinz, der Stadt Kiel, Privatleuten und verschiedenen Organisationen gesammelt wurden.

Ist das Denkmal heute noch zugänglich?
Ja, das Denkmal steht im öffentlich zugänglichen Schlossgarten in Kiel.

Das Kaiser-Wilhelm-Denkmal im Kieler Schlossgarten ist somit nicht nur ein Kunstwerk, sondern ein Geschichtsbuch aus Stein und Bronze, das von bedeutenden Epochen und Ereignissen in der Geschichte Schleswig-Holsteins und Deutschlands erzählt.

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Bruno Auerei Leimen

Ich heiße Bruno Auerei Leimen und wurde 1979 in Heidelberg geboren. Seit über zwanzig Jahren widme ich mich leidenschaftlich der Entdeckung der kulinarischen Vielfalt Deutschlands. Nach meinem Studium der Literatur und des Journalismus an der Universität München habe ich es mir zur Aufgabe gemacht, meine Liebe zum Schreiben mit meiner Neugier für authentische regionale Küche zu verbinden. Heute arbeite ich als Gastronomiekritiker, habe drei Bücher über kulinarische Reisen veröffentlicht und schreibe regelmäßig für renommierte Magazine. Besonders schlägt mein Herz für traditionelle Gerichte und handwerklich gebrautes Bier.

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