Am 6. Mai jährte sich der Todestag einer der größten globalen Ikonen, die Deutschland je hervorgebracht hat: Marlene Dietrich. Dreißig Jahre sind vergangen, seit die Schauspielerin und Sängerin in Paris verstarb, doch in ihrer Geburtsstadt Berlin ist sie präsenter denn je. Ihre Geschichte ist die einer Frau, die den Aufstieg zum Weltstar schaffte und in dunklen Zeiten unerschrocken Haltung bewies. Begleiten Sie uns auf einer Reise durch Berlin, um die Spuren dieser faszinierenden Persönlichkeit zu entdecken.

Kindheit und erste Adressen in Schöneberg
Marie Magdalene Dietrich erblickte am 27. Dezember 1901 in der Sedanstraße 53 in Schöneberg das Licht der Welt. Schöneberg war damals noch eine eigenständige Stadt, die später zu Berlin eingemeindet wurde. Das Geburtshaus, heute Leberstraße 65, ist ein zentraler Gedenkort. Hier finden Besucher gleich mehrere Ehrungen für den Weltstar: eine Informationstafel, eine kunstvolle Bronzetafel sowie eine offizielle Berliner Gedenktafel. Es ist ein wichtiger Ort, um die Anfänge einer außergewöhnlichen Karriere nachzuvollziehen.
Die Familie Dietrich wohnte im ersten Stock des Vorderhauses; Marlenes Vater, ein Polizeileutnant, arbeitete im Erdgeschoss im Polizeirevier. Doch nur wenige Jahre verbrachten sie in diesem Haus. Bereits 1904 zog die Familie in die Kolonnenstraße 48/49 in Schöneberg. Nach dem frühen Tod des Vaters im Jahr 1907 folgten weitere Umzüge, vermutlich bedingt durch finanzielle Engpässe. Die Familie zog erst in den Stadtteil Tiergarten und nur ein Jahr später weiter nach Westend. Neben ihrem Geburtshaus erinnert auch eine Gedenktafel in der Potsdamer Straße 116 an die berühmte Bewohnerin. Man könnte fast meinen, die Erinnerungsorte an ihre frühen Wohnungen in der Stadt hätten etwas besser verteilt werden können, um ihre verschiedenen Lebensstationen breiter abzubilden.
Der Weg zum Filmstar im Berlin der 20er Jahre
Marlenes frühe Leidenschaft galt der Stummfilmdiva Henny Porten. Diese Begeisterung ging weit über normale Fans hinaus: Sie sah sich Portens Filme angeblich bis zu sechs Mal im Kino an, sammelte Starpostkarten und schickte Geschenke an ihr Idol. Die junge Marlene war so besessen, dass sie sogar vor Portens Villa ausharrte, um ihr ein Bild zu überreichen und ihr ein Ständchen auf der Geige zu ihrem Geburtstag zu spielen. Diese Hartnäckigkeit zahlte sich aus, als sie von ihrem Schwarm auf Kuchen und Kakao eingeladen wurde. Später, als sie in einem bekannten Stummfilm-Begleitorchester Geige spielte, verlangte sie einen Platz in der ersten Reihe bei Henny-Porten-Filmen – ein Engagement, das sie allerdings schnell wieder verlor, da sie ihre männlichen Kollegen zu sehr ablenkte.
Ihr Wunsch, zum Film zu gehen, blieb bestehen. Über ihren Onkel Willi Felsing erhielt sie 1922 erste Kontakte. Acht Jahre lang kämpfte sie sich durch unzählige Stummfilme, Kabaretts, Musicals und Revuen, oft nur in Neben- oder Statistenrollen. Ein wichtiger Schritt war 1926 ihre Teilnahme an der Revue „Von Mund zu Mund“ an der Seite von Claire Waldoff. Die berühmte Chansonnière nahm Marlene unter ihre Fittiche, gab ihr Gesangsunterricht und führte sie in die lebhafte queere Szene Berlins ein, die in den 20er Jahren eine wichtige Rolle im kulturellen Leben der Stadt spielte. Diese Zeit prägte Marlene, ihre Auftritte und ihr Image maßgeblich.
Ihr großer Durchbruch kam 1930 mit dem Film „Der blaue Engel“. Wer sie letztendlich für die Rolle der Lola Lola entdeckte, ist nicht eindeutig geklärt. Eine bekannte Version besagt, dass der Hotelerbe Louis Adlon seinen Stammgast Emil Jannings in eine ihrer Revuen schickte, der sie daraufhin dem Regisseur Josef von Sternberg empfahl. Unabhängig davon wurde der Film zum Wendepunkt ihrer Karriere – ebenso wie für ihren Co-Star Hans Albers. Kurz darauf verließ Marlene Dietrich mit Sternberg Berlin und ging nach Hollywood, wo sie zu einem der größten Weltstars ihrer Ära aufstieg.
Haltung in dunklen Zeiten: Marlene und der Widerstand
Marlene Dietrichs Haltung während der Zeit des Nationalsozialismus ist ein entscheidender Teil ihres Vermächtnisses und macht sie zu einer Ikone des Widerstands. Joseph Goebbels persönlich soll mehrfach versucht haben, sie zur Rückkehr nach Deutschland zu bewegen. Die UFA lockte mit zahlreichen Filmangeboten, doch Marlene lehnte sie alle konsequent ab. Dies war aus der Ferne, aus Hollywood, sicherlich einfacher als für Künstler, die in Deutschland blieben, aber sie beließ es nicht nur bei Absagen. Sie bezog klar und deutlich politische Stellung.
Sie nahm 1939 nicht nur die amerikanische Staatsbürgerschaft an, sondern ging während des Zweiten Weltkriegs ein großes persönliches Risiko ein, indem sie 1944 und 1945 in Europa und Afrika vor amerikanischen Soldaten auftrat, um diese zu unterhalten und zu unterstützen. Ihre Auftritte waren ein klares Statement gegen das NS-Regime. Sie stellte klar, dass sie nicht die Deutschen hasse, sondern die Nazis. Ihre Entscheidungen und ihr Engagement für die Alliierten führten dazu, dass sie in der Nachkriegszeit von vielen in ihrer alten Heimat als Vaterlandsverräterin betrachtet wurde. Was ihr damals Verachtung einbrachte, macht sie heute umso bewundernswerter und zu einer Figur, die für Courage und moralische Integrität steht. Mehr über diese Zeit und ihre Haltung erfahren Besucher in der Gedenkstätte Deutscher Widerstand in Berlin.
Rückkehr und späte Versöhnung
Erst viele Jahre nach Kriegsende kam es zu einer ersten Annäherung zwischen Marlene Dietrich und Deutschland. Im Mai 1960 trat sie zum ersten Mal wieder in Berlin auf. Dieses Ereignis war von großer Spannung begleitet, da die Erinnerung an ihre Haltung im Krieg und die damit verbundene Kontroverse noch frisch waren. Doch nach dem Konzert soll der damalige Regierende Bürgermeister Willy Brandt sie mit Standing Ovations gewürdigt und damit symbolisch das Eis gebrochen haben. Dieser Auftritt war ein wichtiger Schritt zur Versöhnung, auch wenn alte Vorbehalte nicht sofort vollständig verschwanden.
Ein weiteres Friedensangebot machte Marlene Dietrich 1987 mit dem Titel ihrer Autobiografie: „Ich bin, Gott sei Dank, Berlinerin“. Dieser Satz drückte ihre tiefe, wenn auch oft komplizierte Verbundenheit mit ihrer Geburtsstadt aus und wurde zu einem sprichwörtlichen Ausdruck ihrer Identität. Es war eine späte, aber klare Bekundung der Zugehörigkeit zu der Stadt, die sie geprägt hatte und der sie trotz allem verbunden blieb.
Auf den Spuren der Diva: Gedenkorte in der Hauptstadt
Berlin ehrt seine berühmte Tochter an zahlreichen Orten. Die bereits erwähnte Gedenktafel an ihrem Geburtshaus in der Leberstraße 65 in Schöneberg ist ein Muss für jeden, der mehr über ihre Anfänge erfahren möchte. Auch die Gedenktafel in der Potsdamer Straße 116 erinnert an eine weitere frühe Wohnstätte.
Ein zentraler Ort des Gedenkens und der Auseinandersetzung mit ihrem Werk ist die Deutsche Kinemathek am Potsdamer Platz. Sie beherbergt die weltweit einzigartige Marlene-Dietrich-Sammlung, die das Herzstück des Filmmuseums bildet. Hier können Besucher in die Welt der Diva eintauchen und unzählige Exponate bestaunen. Mehr dazu im nächsten Abschnitt.

Direkt vor dem Museum befindet sich der Boulevard der Stars, wo Marlene Dietrich ein Stern gewidmet wurde. Auch wenn der Zustand des Boulevards oft kritisiert wird und er etwas heruntergekommen wirkt, ist der Stern ein symbolischer Ort der Ehrung ihrer Karriere.
Nur wenige Schritte entfernt liegt der Marlene-Dietrich-Platz. Obwohl der Platz selbst von vielen als wenig glamourös empfunden wird und das Potenzial des Namens nicht ganz ausschöpft, ist er ein offizieller Gedenkort, der an die Diva erinnert. Eine Gedenktafel am Platz liefert weitere Informationen über ihre Verbindung zu diesem Ort und zur Stadt.
Für Fans, die ein sehr direktes Zusammentreffen suchen, bietet Madame Tussauds in Berlin eine Wachsfigur von Marlene Dietrich im neuen 20er-Jahre-Bereich. Hier kann man sich mit der Legende fotografieren lassen, auch wenn es natürlich nur eine Nachbildung ist.
Weitere Orte, die mit wichtigen Ereignissen in ihrem Leben verbunden sind, sind die Gedächtniskirche, in der sie am 17. Mai 1923 heiratete, und der Kurfürstendamm, wo 1930 „Der blaue Engel“ seine Uraufführung feierte und wo sie in Revuen auftrat. Diese Orte zeugen von ihrer Zeit im Berlin der Goldenen Zwanziger.
Die Deutsche Kinemathek: Das Herzstück der Sammlung
Die Deutsche Kinemathek – Museum für Film und Fernsehen am Potsdamer Platz ist der wichtigste Ort, um Marlene Dietrichs Erbe in Berlin zu erleben. Die Stadt Berlin übernahm 1993 den Nachlass der Künstlerin von ihrer Tochter Maria Riva. Dieser Nachlass ist eine weltweit einzigartige Sammlung von unschätzbarem Wert.
Die Sammlung umfasst rund 16.500 Fotos aus den Jahren 1904 bis 1992, die ihre Karriere und ihr Leben dokumentieren. Hinzu kommen Schriftdokumente im Umfang von beeindruckenden 300.000 Blatt, darunter persönliche Dokumente, Drehbücher und Korrespondenz mit zahlreichen Berühmtheiten ihrer Zeit. Ein besonderes Highlight ist die umfangreiche Sammlung textiler Objekte: rund 3.000 Stücke, darunter 50 Filmkostüme, 400 Hüte und 430 Paar Schuhe, die ihren legendären Stil dokumentieren. Ein kleiner, aber sorgfältig ausgewählter Teil dieser Sammlung ist in der ständigen Ausstellung des Museums zu sehen.
Die Sammlung wird kontinuierlich erweitert, unter anderem durch Nachlieferungen von der Familie. Objekte werden auch regelmäßig an andere Museen für Ausstellungen ausgeliehen, was die internationale Bedeutung ihres Nachlasses unterstreicht. Die Deutsche Kinemathek bietet zudem Einblicke in die Produktion von „Der blaue Engel“ und stellt die Sammlung zu Henny Porten sowie anderen Stummfilmgrößen wie Fern Andra und Asta Nielsen aus, was den historischen Kontext von Marlenes Aufstieg verdeutlicht. Ein Besuch ist nicht nur für Dietrich-Fans, sondern für jeden, der sich für die Frühzeit des Kinos und die Kultur der 20er Jahre interessiert, sehr empfehlenswert.
Ihr letzter Wunsch: Ein Grab in Berlin
Marlene Dietrich starb am 6. Mai 1992 in Paris. Ihr letzter Wille war es, in Berlin beerdigt zu werden, an der Seite ihrer Mutter. Dieser Wunsch war bedeutsam, da sie die letzten über 30 Jahre ihres Lebens nicht mehr in der Stadt gewesen war und ihr Verhältnis zu Deutschland nach dem Krieg komplex blieb. Ihre Beerdigung fand auf dem III. Städtischen Friedhof Stubenrauchstraße in Berlin-Friedenau statt. Ihr Grab ist heute ein Berliner Ehrengrab und wird von Fans aus aller Welt besucht und oft mit Blumen geschmückt, auf dem Vergissmeinnicht blühen. Die Beerdigung selbst war nicht ohne Kontroversen. Berichten zufolge waren die Repräsentanten der Stadt sichtlich überfordert, eine würdige Trauerfeier auszurichten, und der Sarg musste von Sicherheitsleuten geschützt werden, was die immer noch vorhandenen Spannungen spiegelte.
Ihr Wunsch, direkt neben ihrer Mutter begraben zu werden, konnte nicht exakt erfüllt werden, da die nächste freie Grabstelle erst rund 30 Meter von der letzten Ruhestätte ihrer Mutter entfernt gefunden wurde. Dennoch liegt sie nun in der Nähe ihrer Familie begraben, in der Stadt, in der ihre Wurzeln liegen. Ihre Entscheidung, nach all den Jahren und Kontroversen ihre letzte Ruhe in Berlin zu finden, wird heute oft als ein Zeichen der tiefen, unzerstörbaren Verbindung zu ihrer Heimat interpretiert.
Häufig gestellte Fragen zu Marlene Dietrich und Berlin
Warum wurde Marlene Dietrich in Berlin beerdigt?
Marlene Dietrich äußerte den ausdrücklichen Wunsch, in ihrer Geburtsstadt Berlin beerdigt zu werden, um an der Seite ihrer geliebten Mutter ihre letzte Ruhe zu finden. Obwohl sie über 30 Jahre nicht in Berlin gelebt hatte und ihr Verhältnis zur Stadt nach dem Krieg zeitweise angespannt war, blieb ihre Verbundenheit tief. Ihre Beerdigung in Berlin war ein symbolischer Akt und die Erfüllung ihres persönlichen Wunsches, auch wenn die genaue Grabstelle nicht direkt neben der ihrer Mutter lag.
Es gäbe noch unendlich viel mehr über Marlene Dietrich und ihre Verbindung zu Berlin zu erzählen. Von ihren Rollen in Filmen, die in der Stadt spielen, wie „A Foreign Affair“ oder ihrem letzten Film „Schöner Gigolo, armer Gigolo“ von 1978 mit David Bowie. Es gibt eine Fülle von Literatur über ihr Leben und ihr Werk, und Filmbücher über Berlin widmen ihr oft eigene Kapitel. Wer tiefer eintauchen möchte, findet zahlreiche Biografien und Analysen. Auch Stadtführungen, die speziell auf Marlene Dietrich zugeschnitten sind, bieten die Möglichkeit, ihre Spuren in Berlin ganz konkret zu erleben. Marlene Dietrich bleibt eine der faszinierendsten Persönlichkeiten des 20. Jahrhunderts, und Berlin ist stolz darauf, ihre Heimatstadt zu sein und ihr Erbe lebendig zu halten.
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