Volksdorf, oft als Inbegriff ländlichen Lebens in Hamburg beschrieben, liegt malerisch eingebettet zwischen Wäldern und Naturschutzgebieten im Nordosten der Hansestadt. Wer sich von den belebten Stadtteilen Hamburgs nähert, findet sich schnell auf kurvigen Straßen wieder, die an dichten Wäldern vorbeiführen. Es ist eine Gegend, die auf den ersten Blick eher an einen Kurort erinnert als an einen Teil einer Millionenstadt. Die Hektik des Großstadtdschungels scheint hier weit entfernt. Trotz seiner Größe – es ist das größte der Hamburger Walddörfer – hat sich Volksdorf einen ausgeprägten Dorfcharakter bewahrt. Es ist keine Seltenheit, dass sich die Bewohner auf der Straße grüßen und einen 'Schnack' halten. Diese Mischung aus städtischer Anbindung und dörflicher Gemeinschaft macht Volksdorf zu einem besonderen Wohnort. Doch birgt diese Idylle auch eine Kehrseite? Gilt Volksdorf tatsächlich als einer der wohlhabendsten Stadtteile Hamburgs?
Die Geschichte Volksdorfs reicht weit zurück. Funde von Feuersteinbeilen, Schabern und Pfeilspitzen belegen, dass die Gegend bereits in der Steinzeit besiedelt war. Auch aus der Bronzezeit gab es bedeutende Funde, darunter einer der größten Schatzfunde Hamburgs. Die erste urkundliche Erwähnung unter dem Namen „Volcwardesdorpe“, zurückgeführt auf den mutmaßlichen Dorfgründer Volkward, erfolgte im Jahr 1296. Ursprünglich zu Stormarn gehörend, gelangten die Einnahmen des Dorfes an das Kloster Harvestehude. 1437 wurde Volksdorf zusammen mit anderen Dörfern an Hamburg verpfändet, ein Pfand, das nie eingelöst wurde. So wurde Volksdorf zu einem der Hamburger Walddörfer. Einem als Verwalter eingesetzten Waldherren waren die Bauern zu Hand- und Spanndiensten verpflichtet. Im 16. Jahrhundert wuchs Volksdorf durch die Eingliederung benachbarter Fluren und Felder. Eine tiefgreifende Verwaltungsreform im Jahr 1830 gliederte Volksdorf in die neu geschaffene Landherrenschaft der Geestlande ein. Zu dieser Zeit zählte der Ort rund 400 Einwohner.

Ein entscheidender Impuls für die Entwicklung Volksdorfs zum attraktiven Wohnort kam von dem Hamburger Kaufmann Heinrich Ohlendorff. Ab 1867 pachtete er die Jagdrechte und erwarb später mehrere Hufen, errichtete ein Landhaus und führte einen modernen landwirtschaftlichen Großbetrieb. Er erkannte das Potenzial des Ortes und trieb dessen verkehrstechnische Erschließung voran. 1904 wurde die Kleinbahn von Altrahlstedt nach Volksdorf in Betrieb genommen. Ab 1912 erfolgte die Anbindung an die Walddörferbahn, die 1920 fertiggestellt wurde und Volksdorf direkt mit dem Hamburger U-Bahn-Netz verband. Diese verbesserte Anbindung machte Volksdorf als Wohnort für Hamburger attraktiv, die dem städtischen Trubel entfliehen wollten. Vermögende Hamburger begannen ab etwa 1900, Villen im Landhausstil zu bauen. Die Bevölkerung wuchs rasant: von knapp 1.000 im Jahr 1910 auf fast 3.500 im Jahr 1929 und über 6.500 im Jahr 1939. Nach dem Zweiten Weltkrieg und dem Hamburger Feuersturm verdoppelte sich die Einwohnerzahl durch Flüchtlinge fast. Ab 1948 entstanden neue Baugebiete. Während anfangs vor allem Einzel- und Doppelhäuser dominierten, wurden später vermehrt Reihenhaussiedlungen und ab den 1970er Jahren auch höhere Wohnblocks gebaut. 1993 lag die Einwohnerzahl bereits bei über 17.000.
Das Leben in Volksdorf: Idyllische Gemeinschaft und 'Altes Geld'
Volksdorf wird oft als ländlich-idyllisch beschrieben und gilt für viele als ein besonders lebenswerter Stadtteil. Die rund 20.700 Einwohner (Stand Ende 2023) verteilen sich auf einer Fläche von 11,6 km², was zu einer vergleichsweise geringen Bevölkerungsdichte führt. Der ausgeprägte Dorfcharakter, die freundliche Atmosphäre und die Nähe zur Natur tragen maßgeblich zur hohen Lebensqualität bei. Der zweimal wöchentlich stattfindende Volksdorfer Wochenmarkt ist ein zentraler Treffpunkt und gilt als einer der größten und schönsten Märkte Hamburgs. Er zieht nicht nur Einheimische an, sondern auch zahlreiche Besucher aus den umliegenden Stadtteilen und dem Umland. Schätzungen zufolge besuchen allein samstags über 10.000 Kunden den Markt am U-Bahnhof.
Die demografische Struktur Volksdorfs zeigt eine Mischung: Rund ein Viertel der Haushalte sind Familien mit Kindern, was auf eine gute Versorgung mit Kindergärten und Schulen hinweist. Fast ebenso groß ist der Anteil der über 65-Jährigen. Der Stadtteil ist bekannt dafür, dass hier viel altes Geld sitzt. Dieser Ruf speist sich unter anderem aus der Bebauung: Insbesondere südlich der Eulenkrugstraße finden sich seit etwa 1900 auf parkähnlichen Grundstücken villenartige Einfamilienhäuser im englischen Cottagestil und Backsteinvillen. Die durchschnittliche Wohnungsgröße liegt in Volksdorf bei beeindruckenden 112,5 Quadratmetern, weit über dem Hamburger Durchschnitt von etwa 75,9 Quadratmetern. Dies deutet auf großzügiges Wohnen und entsprechend höhere Immobilienpreise hin, was den Ruf Volksdorfs als wohlhabenden Stadtteil untermauert.
Natur und Freizeit: Grüne Lungen und Aktive Erholung
Die hohe Lebensqualität in Volksdorf ist untrennbar mit seiner reizvollen natürlichen Umgebung verbunden. Der Stadtteil ist umgeben von weitläufigen Wald- und Wiesenflächen, die zu ausgedehnten Spaziergängen und Erkundungen einladen. Im Norden erstreckt sich der Staatsforst, im Westen das Naturschutzgebiet Volksdorfer Teichwiesen. Dieses Gebiet ist ein besonderer Naturraum, der nach der Weichsel-Eiszeit entstand und sich durch ein seltenes, kurzes Tunneltal auszeichnet. Die Teichwiesen beherbergen eine einzigartige Flora und Fauna; besonders im Juni sind Tausende blühende Orchideen zu bestaunen. Die vielen Wasserflächen, Überreste der eiszeitlichen Schmelzwässer, sind heute noch sichtbar und tragen zum besonderen Charakter des Gebiets bei.
Südlich der Teichwiesen lädt der Volksdorfer Wald mit seinen mächtigen Buchen zum Wandern ein. Hier befindet sich auch ein Wald-Hochseilgarten für Abenteuerlustige. Für Kinder gibt es den Abenteuerspielplatz Schemmannstraße, einer der größten in Hamburg, der auf 14.400 Quadratmetern viel Platz zum Toben bietet. Ein weiteres wichtiges grünes Refugium ist der denkmalgeschützte Ohlendorffs Park. Er wurde von Heinrich Ohlendorff nach englischem Vorbild angelegt und beherbergt heute noch alte Bäume wie Blutbuchen und Eichen sowie zahlreiche in den letzten Jahrzehnten gepflanzte, teils exotische Gehölze. Der Park ist heute ein beliebter Treffpunkt, auch für die Volksdorfer Jugend.
Auch sportliche Betätigung ist in Volksdorf vielfältig möglich. Das Parkbad Volksdorf bietet nicht nur Schwimmvergnügen mit Rutschen und Wasserspielplatz, sondern auch einen Saunagarten für Entspannung. Für ein außergewöhnliches Hobby gibt es die Bogenschule Stellmoor, die an einem archäologisch bedeutsamen Ort, wo steinzeitliche Pfeile und Bögen gefunden wurden, Kurse anbietet.
Kultur und Sehenswürdigkeiten: Vom Museumsdorf zum Bürgerkino
Volksdorf bietet neben seiner Natur auch interessante kulturelle Einblicke und Sehenswürdigkeiten. Ein Höhepunkt ist das Museumsdorf Volksdorf. An der Stelle der ersten Besiedlung gelegen, vermittelt es einen lebendigen Eindruck vom bäuerlichen Leben vergangener Jahrhunderte. Historische, reetgedeckte Fachwerkhäuser, Ackergeräte und Tiere, die typisch für das 19. Jahrhundert waren, lassen die Vergangenheit greifbar werden. Bei sogenannten „Gewerketagen“ kann man traditionellen Handwerkern wie Bäckern oder Schmieden bei der Arbeit zusehen. Das älteste Gebäude, das Spikerhus, stammt aus dem Jahr 1624.
Im Ortszentrum, rund um den Platz „Weiße Rose“ und in der Fußgängerzone, finden sich Fachgeschäfte, Cafés und ein Supermarkt. Die Fußgängerzone ist nach der Widerstandsgruppe „Weiße Rose“ benannt, und ein Mahnmal erinnert an die Geschwister Scholl und ihre Mitstreiter. Architektonisch wird das Zentrum von Zweckbauten aus den 1970er Jahren geprägt, auch wenn neuere Entwicklungen wie das Geschäftshaus „Unser Viertel“ versuchen, das Bild zu modernisieren. In diesem Haus, das eine große Tiefgarage bietet, sind neben einem Supermarkt auch Büros und Arztpraxen untergebracht. Zudem beherbergt es eine große Zweigstelle der Hamburger Öffentlichen Bücherhallen, die auch einen mobilen Bürgerservice des Bezirks anbietet.

Eine besondere Geschichte erzählt das Koralle Kino. Als es Ende der 1990er Jahre geschlossen werden sollte, setzten sich die Volksdorfer Bürger mit einer Unterschriftenaktion und Spendensammlung vehement für seinen Erhalt ein. Dank dieses außergewöhnlichen Bürgerengagements konnte nicht nur das Programmkino gerettet, sondern auch ein modernes Bürgerhaus direkt am Marktplatz errichtet werden, das neben dem Kino auch eine Musikkneipe und ein Internetcafé beherbergt. Dieses Beispiel zeigt den ausgeprägten Bürgersinn in Volksdorf – es heißt, hier würden die meisten Bürgerinitiativen Hamburgs gegründet.
Zu den weiteren Sehenswürdigkeiten zählen die Kirchen: die lutherische Kirche am Rockenhof und St. Gabriel sowie die katholische Kirche Heilig Kreuz mit ihrem zeltähnlichen Dach und den in die Wände eingelassenen Steinen, die die Gemeindegeschichte symbolisieren. Auch historische Gebäude von bekannten Architekten wie das Landhaus am Saseler Weg von Fritz Höger oder das von Fritz Schumacher entworfene Walddörfer Gymnasium sind in Volksdorf zu finden.
Wirtschaft und Infrastruktur: Versorgung und Anbindung
Die Wirtschaft Volksdorfs ist maßgeblich von Wohngebieten und Dienstleistungsbetrieben geprägt. Neben den Geschäften im Zentrum gibt es zahlreiche Arztpraxen, physiotherapeutische Praxen, Steuerberater, Rechtsanwälte und eine Reihe von Handwerksbetrieben. Das Amalie-Sieveking-Krankenhaus sichert die medizinische Versorgung der Walddörfer. Auch eine polizeiliche Außenstelle des Polizeikommissariats 35 ist in Volksdorf ansässig.
Die Verkehrsanbindung ist gut. Der Stadtteil ist durch die U-Bahn-Linie U1 der Hamburger Hochbahn an das Hamburger Zentrum angebunden. Neben der zentralen Haltestelle Volksdorf gibt es drei weitere Stationen im Stadtteil: Buckhorn im Norden, Buchenkamp im Osten und Meiendorfer Weg im Süden. Drei Buslinien ergänzen das öffentliche Verkehrsnetz. Für den Individualverkehr verbinden die ehemalige Bundesstraße 75 (Meiendorfer Straße) und die Farmsener Landstraße Volksdorf mit der Hamburger Innenstadt und Ahrensburg.
Die Bildungsinfrastruktur ist ebenfalls gut ausgebaut. Volksdorf verfügt über vier Grundschulen (Schule an den Teichwiesen, Grundschule Ahrensburger Weg, Grundschule Eulenkrugstraße, Grundschule Buckhorn) und drei weiterführende Schulen (Stadtteilschule Walddörfer, Gymnasium Buckhorn, Walddörfer-Gymnasium). Dies trägt zur Attraktivität des Stadtteils für Familien bei.
Einkaufen und Genießen: Mehr als nur der Wochenmarkt
Neben den großen Einkaufsbereichen im Zentrum bietet Volksdorf eine Vielzahl kleinerer Geschäfte und gastronomischer Angebote, die den dörflichen Charakter unterstreichen. Der Wochenmarkt ist, wie erwähnt, ein Highlight, aber es gibt auch andere interessante Adressen.
Zum Beispiel das Café „Das Leben isst schön“, das mit seiner gemütlichen Einrichtung und einer vielfältigen Speisekarte, inklusive veganer und vegetarischer Optionen sowie hausgemachtem Kuchen und Flammkuchen, zum Verweilen einlädt. Für Liebhaber einzigartiger Fundstücke gibt es den Concept Store „Florian Viole“, der Vintage-Möbel, Schmuck und biologische Pflegeprodukte anbietet. Süße Versuchungen findet man in der „Volksdorfer Eismanufaktur“, die handgemachtes Eis ohne Zusatzstoffe herstellt, auch mit veganen Optionen. Wer es süß und klassisch mag, sollte „Die Villa“ besuchen, ein Wiener Caféhaus, das köstliche Torten kreiert, die man entweder vor Ort genießen oder für ein Picknick im Ohlendorffs Park mitnehmen kann.
Ein besonderes Geschäft ist „Ohne Gedöns“, das sich auf nachhaltige und faire Produkte spezialisiert hat, oft unverpackt oder von lokalen Designern. Für Schnäppchenjäger mit höherem Anspruch lohnt sich ein Blick in den Vintage-Laden „Just nichts Neues“. Hier findet man keine Standard-Secondhand-Ware, sondern Vintagemode von hochpreisigen Marken wie Chanel oder Saint Laurent sowie Retro-Geschirr und Lampen. Der Ruf Volksdorfs als wohlhabender Stadtteil spiegelt sich auch hier wider.

Bürgersinn und Engagement: Volksdorf packt an
Der starke Bürgersinn ist ein prägendes Merkmal Volksdorfs. Das Engagement der Einwohner zeigt sich in vielen Bereichen, sei es bei der Rettung des Kinos oder in zahlreichen Bürgerinitiativen. Dieses Gemeinschaftsgefühl trägt maßgeblich zur Lebensqualität bei und stärkt den Zusammenhalt im Stadtteil. Die Tatsache, dass das Museumsdorf maßgeblich von Ehrenamtlichen, den „Spiekerlüüd“, betrieben wird, unterstreicht diesen Aspekt. Sie bewahren die Traditionen und machen das historische Erbe lebendig.
Häufig gestellte Fragen zu Volksdorf
Ist Volksdorf ein reicher Stadtteil?
Basierend auf den Informationen zur Bebauung (zahlreiche Villen auf großen Grundstücken), der durchschnittlichen Wohnungsgröße, dem Ruf, dass hier viel 'altes Geld' sitzt, und dem Angebot an hochpreisigen Vintage-Läden wie 'Just nichts Neues', kann man sagen, dass Volksdorf definitiv zu den wohlhabenderen Stadtteilen Hamburgs gehört. Es ist vielleicht nicht ausschließlich ein Ort für Reiche, aber der Wohlstand ist sichtbar und prägt das Bild des Stadtteils.
Ist Volksdorf ein guter Stadtteil zum Wohnen?
Ja, Volksdorf gilt als sehr guter Stadtteil zum Wohnen, insbesondere für Familien und Menschen, die eine ruhige, naturnahe Umgebung schätzen, aber dennoch gut an die Stadt angebunden sein möchten. Die hohe Lebensqualität resultiert aus der Kombination von ländlicher Idylle, viel Grün, guter Infrastruktur (Schulen, Einkaufsmöglichkeiten, Gesundheitsversorgung), guter Verkehrsanbindung und einem ausgeprägten Gemeinschaftssinn.
Was kann man in Volksdorf unternehmen?
In Volksdorf gibt es viel zu tun. Man kann das Museumsdorf besuchen und in die Vergangenheit eintauchen, im Naturschutzgebiet Volksdorfer Teichwiesen spazieren gehen und seltene Pflanzen entdecken, auf dem Wochenmarkt einkaufen und Leute treffen, im Ohlendorffs Park entspannen, im Koralle Kino Filme schauen, im Parkbad schwimmen oder saunieren, im Wald-Hochseilgarten klettern, Bogenschießen lernen, in den verschiedenen Cafés und Restaurants einkehren oder in den Geschäften stöbern.
Wie ist Volksdorf an den Nahverkehr angebunden?
Volksdorf ist sehr gut an den Hamburger Nahverkehr angebunden. Die U-Bahn-Linie U1 durchquert den Stadtteil und hat vier Haltestellen (Volksdorf, Buckhorn, Buchenkamp, Meiendorfer Weg). Zusätzlich verkehren drei Buslinien, die den Stadtteil erschließen und Verbindungen in benachbarte Gebiete herstellen.
Gibt es gute Schulen in Volksdorf?
Ja, Volksdorf verfügt über ein gutes Bildungsangebot mit vier Grundschulen und drei weiterführenden Schulen, darunter zwei Gymnasien und eine Stadtteilschule. Dies macht den Stadtteil attraktiv für Familien mit Kindern.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Volksdorf weit mehr ist als nur ein wohlhabender Stadtteil. Es ist eine lebendige Gemeinschaft mit tiefer Geschichte, umgeben von beeindruckender Natur und geprägt von einem starken Bürgersinn. Die Mischung aus ländlicher Ruhe und städtischer Anbindung macht es zu einem einzigartigen Ort in Hamburg.
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