Der Wasserturm in Heide ist weit mehr als nur ein funktionales Bauwerk; er gilt als unverkennbares Wahrzeichen der Stadt. Mit seiner markanten Silhouette prägt er das Stadtbild und erzählt eine Geschichte, die eng mit der Entwicklung der Wasserversorgung in Heide verbunden ist. Seine Reise begann aus einer Notwendigkeit heraus und führte ihn über Jahrzehnte des Dienstes und eine umfassende Sanierung zu seiner heutigen Rolle als denkmalgeschütztes Bauwerk mit vielfältiger Nutzung.

Die Geschichte des Wasserturms ist untrennbar mit der Notwendigkeit einer zuverlässigen und hygienischen Wasserversorgung für die wachsende Bevölkerung Heides verknüpft. Vor dem Bau eines zentralen Systems bezogen die Einwohner der Stadt ihr Wasser aus zahlreichen über das Stadtgebiet verteilten Brunnen. Diese dezentrale Versorgung barg jedoch erhebliche Risiken für die öffentliche Gesundheit. Das Wasser aus den Brunnen war teilweise stark verunreinigt, was zu ernsthaften hygienischen Problemen führte.
Die Geschichte der Wasserversorgung in Heide: Brunnen, Epidemie und die Notwendigkeit des Wandels
Die prekäre Situation der Wasserversorgung in Heide verschärfte sich Anfang des 20. Jahrhunderts dramatisch. Die mangelhafte Wasserqualität gipfelte im Ausbruch einer verheerenden Typhus-Epidemie. Dieses Ereignis machte schmerzlich deutlich, dass eine grundlegende Veränderung und Modernisierung der Wasserinfrastruktur unumgänglich war. Die Stadtväter erkannten die dringende Notwendigkeit, die Bevölkerung mit sauberem und gesundem Trinkwasser zu versorgen, um weitere Epidemien zu verhindern.
Als direkte Reaktion auf die Typhus-Epidemie und die unzureichende Brunnenversorgung wurde im Jahr 1902 der Bau eines modernen Wasserwerks in Heide-Süderholm beschlossen und umgesetzt. Dieses Wasserwerk sollte die Grundlage für eine zentrale und hygienisch einwandfreie Wasserversorgung der gesamten Stadt bilden. Als integraler und notwendiger Bestandteil dieses neuen Systems wurde der Wasserturm konzipiert und geplant.
Ein architektonisches Meisterwerk: Bau und ursprüngliche Funktion des Wasserturms
Der Bau des Wasserturms in Heide wurde nach den Plänen des renommierten Kieler Architekten Wilhelm Voigt realisiert. Der Standort für das imposante Bauwerk wurde sorgfältig gewählt: Er wurde in der Anlage der Österweide errichtet, einem Bereich, der eine parkartige Umgebung bot. Diese städtebauliche Lage, ergänzt durch ein vorgelagertes Wasserbecken, das die Wirkung des technischen Bauwerks in besonderer Weise steigert, zeichnete den Turm von Anfang an aus.
Die Fertigstellung des Wasserturms erfolgte im Jahr 1903. Das Bauwerk ist ein herausragendes Beispiel für die Industriearchitektur seiner Zeit, kombiniert mit anspruchsvollen gestalterischen Elementen. Der untere, 28,50 Meter hohe Turmschaft ist aus rotem Ziegelstein gemauert und verjüngt sich konisch von unten nach oben. Die Sockelzone des Turms ist mit Granit verkleidet, was dem Bauwerk eine solide und repräsentative Basis verleiht. Rundbogige Türen, Fenster und Nischen im Sockelgeschoss sind kunstvoll mit im Steinschnitt gefertigten Granitwerksteinen eingefasst. Ein kräftiges Werksteingesims bildet den oberen Abschluss des Sockels, darüber folgt eine umlaufende Blendbogenzone mit hell abgesetzten Putzflächen. Vier kurze, balkonartige Austritte öffnen sich oberhalb des Sockelgeschosses.
Die Höhe und Struktur im Detail
Mit seiner Gesamthöhe von 48,70 Metern (eine andere Quelle nennt 46 Meter) war der Wasserturm schon bei seiner Errichtung ein weithin sichtbares und landschaftsprägendes Bauwerk. Die architektonische Struktur des Turms ist durchdacht und auf seine Funktion abgestimmt. Der Schaft ist gemäß der inneren Aufteilung durchfenstert, was auf die verschiedenen Ebenen im Inneren hinweist. Eine ebenso durchfensterte Blendbogenarkade, die durch den Treppenerker durchbrochen ist, bildet den oberen Abschluss des Schafts.
Den oberen Abschluss des Turms bildet der korbartig ausladende, kupferbekleidete Behälteraufsatz. Dieser Aufsatz, der aus einer sogenannten "wasserdichten Monierkonstruktion" besteht, beherbergte den eigentlichen Wasserspeicher. Der innere Stützbodenbehälter ist direkt mit der äußeren Konstruktion verbunden und bildet eine konstruktive Einheit. Das abschließende Kegeldach, gekrönt von einer Laterne, wird von einem stählernen Raumtragwerk gebildet, das unmittelbar auf der Wandung des Wasserbehälters lastet. Der gesamte Bau ruht auf einem dreistufig abgetreppten Ringfundament aus Beton, das als Flachgründung ausgeführt ist.
Wie der Turm die Stadt versorgte
Die primäre Funktion des Wasserturms war die eines Hochbehälters und Druckgebers für das neue Wasserversorgungssystem. Sauberes Quellwasser, das am Geestrand gewonnen wurde, wurde vom Wasserwerk in Heide-Süderholm mittels Pumpen durch eine lange Rohrleitung zum Wasserturm transportiert. Das Wasser wurde dann in den großen Stahlbehälter in der Kuppel des Turms gepumpt. Dieser Hochbehälter hatte ein beachtliches Fassungsvermögen von 225 Kubikmetern Wasser. Die Höhe des Turms ermöglichte es, das gespeicherte Wasser allein durch die Schwerkraft mit ausreichendem Druck in das städtische Leitungsnetz einzuspeisen.
Von diesem zentralen Punkt aus strömte das Wasser dann durch das neu verlegte Leitungssystem in die Häuser der Stadt Heide. Die ersten Haushalte konnten bereits ab dem 30. Oktober 1903 an das moderne Leitungssystem angeschlossen werden und profitierten fortan von sauberem und zuverlässig geliefertem Trinkwasser. Der Wasserturm spielte somit über Jahrzehnte eine entscheidende Rolle für die Gesundheit und Lebensqualität der Bevölkerung in Heide.
Das Ende einer Ära: Außerbetriebnahme und der Weg zum Denkmal
Mit dem technologischen Fortschritt und der Weiterentwicklung der Wasserversorgungssysteme wurde die ursprüngliche Funktion des Wasserturms als Druckgeber durch Schwerkraft nach und nach obsolet. Moderne Pumpensysteme im Leitungsnetz übernahmen die Aufgabe, das Wasser mit dem notwendigen Druck zu den Verbrauchern zu transportieren. Der Wasserturm verlor dadurch seine technische Notwendigkeit im laufenden Betrieb.
Im Jahr 1989 wurde der Wasserturm schließlich vom aktiven Versorgungsnetz genommen und außer Betrieb gesetzt. Die Wasserwerke, die den Turm ursprünglich betrieben hatten, verkauften das historische Bauwerk an die Stadt Heide. Bereits seit dem Jahr 1978 stand der Wasserturm aufgrund seiner historischen und architektonischen Bedeutung unter Denkmalschutz. Obwohl er seine technische Funktion verloren hatte, blieb er ein wichtiges Wahrzeichen der Stadt und ein Zeugnis ihrer Geschichte.
Die Herausforderung der Sanierung: Erhalt eines Wahrzeichens
Nachdem der Turm außer Betrieb genommen worden war und einige Jahre leer stand, zeigten sich die Spuren der Zeit und der Witterung. Die Bausubstanz des über ein Jahrhundert alten Bauwerks war in Teilen stark angegriffen. Anfang der 2000er-Jahre wurde deutlich, dass eine umfassende Sanierung dringend notwendig war, um das denkmalgeschützte Bauwerk zu erhalten und vor weiterem Verfall zu schützen.
Schäden und die Entscheidung zur Restaurierung
Die Hauptprobleme, die eine Sanierung erforderten, waren Feuchtigkeit und Korrosion. Feuchtigkeit war ins Innere des Bauwerks eingedrungen und hatte die Bausubstanz geschädigt. Ein weiteres schwerwiegendes Problem war die Korrosion tragender Stahlteile. Diese Korrosion war entstanden, weil sich Kondenswasser unter der kupfernen Außenverkleidung des Behälteraufsatzes gebildet hatte und das Metall angreifen konnte. Der Zustand des Turms machte eine grundlegende Instandsetzung unumgänglich, um seine Standsicherheit und seinen historischen Wert zu bewahren.
Umfangreiche Arbeiten und Beteiligung der Denkmalpflege
Die Entscheidung zur Sanierung wurde getroffen, und die Arbeiten begannen. Es handelte sich um ein komplexes Projekt, das sowohl die Wiederherstellung der äußeren Erscheinung als auch strukturelle Verbesserungen im Inneren umfasste. Die Deutsche Stiftung Denkmalschutz beteiligte sich maßgeblich an der Sanierung, insbesondere an der Wiederherstellung der Außenhülle des Wasserturms. Dies unterstreicht die überregionale Bedeutung des Bauwerks für den Denkmalschutz.
Während der Sanierungsarbeiten wurden umfangreiche Eingriffe vorgenommen. Ein Großteil des alten Wasserbehälters in der Kuppel wurde entfernt, da er für die neue Nutzung nicht mehr benötigt wurde. Die beschädigte kupferne Ummantelung des Behälteraufsatzes wurde komplett erneuert. Auch die Fenster des Turms wurden erneuert, wobei darauf geachtet wurde, dass sie dem historischen Original entsprachen. Um das Bauwerk für neue Zwecke nutzbar und zugänglich zu machen, wurde im Inneren ein neues Treppenhaus eingebaut. Eine wesentliche Neuerung war auch der Einbau eines Fahrstuhls, der den Zugang zu den verschiedenen Etagen erleichtert.

Kosten und feierliche Wiedereinweihung
Die Sanierung des Wasserturms war ein aufwendiges und kostspieliges Unterfangen. Die Gesamtkosten für die Restaurierung beliefen sich auf mehr als zwei Millionen Euro. Dies war eine beträchtliche Summe und zeigte den Umfang der notwendigen Arbeiten. Interessanterweise lagen die tatsächlichen Kosten fast doppelt so hoch wie die ursprünglich veranschlagten Mittel, was bei komplexen Sanierungsprojekten an historischen Bauwerken nicht ungewöhnlich ist.
Nachdem die umfangreichen Sanierungsarbeiten abgeschlossen waren, wurde das Baugerüst, das den Turm lange Zeit verhüllt hatte, im Januar 2005 abgebaut. Dies markierte das sichtbare Ende der Restaurierung. Die feierliche Neueinweihung des wiederhergestellten Wahrzeichens der Stadt Heide fand am 11. März 2005 statt, genau 100 Jahre nach seiner ursprünglichen Fertigstellung.
Neues Leben im alten Turm: Heutige Nutzung und Bedeutung
Mit seiner erfolgreichen Sanierung hat der Wasserturm in Heide nicht nur seine historische Substanz zurückgewonnen, sondern auch eine neue Bestimmung erhalten. Er wurde für vielfältige Nutzungen erschlossen, die ihn wieder zu einem belebten Ort im Herzen der Stadt machen.
Vom Wasserreservoir zum Trauzimmer
Eine der bemerkenswertesten neuen Nutzungen findet in der ehemaligen Kuppel des Turms statt. Wo einst der große Wasserbehälter das kostbare Nass speicherte, wurde ein einzigartiger Raum geschaffen: ein Trauzimmer. Heute können sich Brautpaare in diesem besonderen historischen Ambiente das Ja-Wort geben. Das Trauzimmer bietet Platz für bis zu 25 Personen und ist ein beliebter Ort für standesamtliche Trauungen in Heide geworden. Diese Nutzung verleiht dem technischen Bauwerk eine emotionale und gesellschaftliche Bedeutung.
Büros und mehr auf acht Etagen
Durch den Einzug von Zwischendecken im Turmschaft konnte die nutzbare Fläche im Inneren deutlich erweitert werden. Die Geschosszahl des Turms erhöhte sich dadurch. Heute beherbergt der Wasserturm auf insgesamt acht Etagen verschiedene Räumlichkeiten. Unter anderem sind hier Büros untergebracht. Diese Mischnutzung sorgt dafür, dass das historische Gebäude dauerhaft belebt und unterhalten wird.
Die neue Nutzung stellt sicher, dass der Wasserturm nicht nur als passives Denkmal existiert, sondern weiterhin eine aktive Rolle im städtischen Leben spielt. Er ist ein beeindruckendes Beispiel dafür, wie historische Industriearchitektur durch sorgfältige Sanierung und kreative Umnutzung erhalten und für die Zukunft nutzbar gemacht werden kann. Als prägendes Wahrzeichen bleibt der Wasserturm Heide ein stummer Zeuge seiner eigenen bewegten Geschichte und ein lebendiger Teil der Gegenwart.
Merkmal | Details |
---|---|
Baujahr | 1903 |
Architekt | Wilhelm Voigt |
Gesamthöhe (laut einer Quelle) | 48,70 Meter |
Gesamthöhe (laut anderer Quelle) | 46 Meter |
Höhe Turmschaft | 28,50 Meter |
Fassungsvermögen Hochbehälter (ursprünglich) | 225 Kubikmeter |
Außerbetriebnahme | 1989 |
Denkmalschutz seit | 1978 |
Entscheidung zur Sanierung | Anfang der 2000er-Jahre |
Beteiligung an Außensanierung | Deutsche Stiftung Denkmalschutz (im Jahr 2002 erwähnt) |
Abschluss der Sanierung | Anfang 2005 (Baugerüst abgebaut im Januar 2005) |
Feierliche Neueinweihung | 11. März 2005 |
Kosten der Sanierung | > 2 Millionen Euro (fast doppelt so viel wie veranschlagt) |
Heutige Nutzung (Kuppel) | Trauzimmer (Platz für 25 Personen) |
Heutige Nutzung (andere Etagen) | Büros etc. |
Anzahl Geschosse (nach Sanierung) | 8 |
Häufig gestellte Fragen zum Wasserturm Heide
Wie hoch ist der Wasserturm in Heide?
Der Wasserturm in Heide hat laut einer Quelle eine Gesamthöhe von 48,70 Metern. Eine andere Quelle nennt eine Höhe von 46 Metern. Unabhängig von der exakten Angabe ist er ein weithin sichtbares und prägnantes Bauwerk in der Stadt.
Wann wurde der Wasserturm in Heide gebaut?
Der Bau des Wasserturms in Heide wurde im Jahr 1903 abgeschlossen. Er wurde nach Plänen des Kieler Architekten Wilhelm Voigt errichtet und war Teil des neuen zentralen Wasserversorgungssystems der Stadt.
Warum wurde der Wasserturm in Heide gebaut?
Der Wasserturm wurde gebaut, um die Stadt Heide nach einer Typhus-Epidemie, die durch verunreinigtes Brunnenwasser verursacht wurde, mit sauberem Trinkwasser zu versorgen. Er diente als Zwischenspeicher und Druckgeber, um das Wasser durch Schwerkraft in die Haushalte zu leiten.
Wann wurde der Wasserturm außer Betrieb genommen?
Der Wasserturm wurde im Jahr 1989 vom Versorgungsnetz genommen und außer Betrieb gesetzt. Seine Funktion als Druckgeber durch Schwerkraft wurde durch moderne Pumpensysteme im Leitungsnetz ersetzt.
Wann wurde der Wasserturm saniert?
Der denkmalgeschützte Wasserturm wurde Anfang der 2000er-Jahre umfassend saniert. Die Arbeiten wurden im Januar 2005 abgeschlossen, und die feierliche Neueinweihung fand am 11. März 2005 statt.
Was kostet die Sanierung des Wasserturms Heide?
Die Kosten für die umfassende Sanierung des Wasserturms beliefen sich auf mehr als zwei Millionen Euro. Dies war fast doppelt so viel wie ursprünglich veranschlagt.
Wofür wird der Wasserturm heute genutzt?
Heute beherbergt der Wasserturm in seiner Kuppel ein Trauzimmer für standesamtliche Hochzeiten. Auf den unteren acht Etagen sind nach dem Einzug von Zwischendecken unter anderem Büros und andere Räumlichkeiten untergebracht.
Der Wasserturm in Heide hat eine bemerkenswerte Entwicklung durchlaufen – von einem lebensnotwendigen Infrastrukturbauwerk, das die Gesundheit der Bevölkerung sicherte, über eine Phase des Stillstands bis hin zu seiner heutigen Rolle als restauriertes Denkmal und Ort besonderer Anlässe. Seine Geschichte spiegelt technologischen Wandel und das Engagement für den Erhalt historischer Bausubstanz wider. Als prägendes Wahrzeichen der Stadt Heide bleibt er ein stummer Zeuge der Vergangenheit und ein lebendiger Bestandteil der Gegenwart.
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