Wie alt ist das Marburger Schloss?

Das Landgrafenschloss Marburg: Geschichte und Bewohner

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Das Landgrafenschloss Marburg thront majestätisch auf einer nach Norden, Osten und Süden steil abfallenden Kuppe über der Stadt Marburg. Als eines der prägnantesten Bauwerke der Region blickt es auf eine lange und wechselvolle Geschichte zurück, die eng mit den Geschicken bedeutender Herrscherhäuser verbunden ist. Von bescheidenen Anfängen als Burganlage entwickelte es sich im Laufe der Jahrhunderte zu einer repräsentativen Residenz und einem Zeugnis mittelalterlicher und frühneuzeitlicher Architektur. Seine strategisch günstige Lage über einer Lahnfurt und zwischen wichtigen Fernhandelsstraßen wie der Weinstraße und der Köln-Leipziger-Straße machte es zu einem zentralen Punkt in der Region.

Wer wohnte im Schloss Marburg?
Nachdem die Marburg an die Landgrafen Thüringen gefallen waren, bauten diese die Anlage sukzessive aus. Seit 1267 war die Marburg mit Unterbrechungen schließlich Residenz der Landgrafen von Hessen, die die Burg im Verlauf des Spätmittelalters und der Frühen Neuzeit zur repräsentativen Schlossanlage umbauten.

Die Geschichte des Marburger Schlosses ist eine Chronik von Machtwechseln, Kriegen und ständiger Anpassung. Die erste urkundliche Erwähnung stammt aus den Jahren 1138/1139, als bereits ein Ministeriale mit Bezug zu Marburg genannt wurde. Vermutlich existierte aber schon im 10. Jahrhundert eine frühe Burganlage in Holzbauweise, vielleicht durch die Konradiner errichtet. Diese wurde wohl von den Grafen von Gleiberg in steinerner Form weiter ausgebaut. Nachdem die Marburg an die Landgrafen von Thüringen gefallen war, bauten diese die Anlage sukzessive aus.

Wer wohnte im Schloss Marburg?

Über die Jahrhunderte hinweg beherbergte das Marburger Schloss eine Vielzahl von Bewohnern und Nutzern, was seine wechselvolle Geschichte widerspiegelt. Ursprünglich könnte es eine Anlage der Konradiner oder später der Grafen von Gleiberg oder Gisonen gewesen sein, auch wenn die Quellenlage hier nicht immer eindeutig ist. Seine Blütezeit als Wohnsitz begann jedoch mit den Landgrafen von Thüringen, die das Schloss im 12. und 13. Jahrhundert als bedeutenden Stützpunkt nutzten, insbesondere im Konflikt mit dem Erzbistum Mainz.

Seit 1267 war die Marburg mit Unterbrechungen schließlich Residenz der Landgrafen von Hessen. Diese Ära begann mit Sophie von Brabant und ihrem Sohn Heinrich I., dem Begründer des hessischen Landgrafenhauses, die das Schloss im Verlauf des Spätmittelalters und der Frühen Neuzeit zur repräsentativen Schlossanlage umbauten. Persönlichkeiten wie Landgraf Philipp der Großmütige, unter dessen Ägide 1529 das berühmte Marburger Religionsgespräch stattfand, und Landgraf Ludwig IV., der Marburg zu seiner Hauptresidenz erhob, prägten das Leben auf dem Schloss.

Nachdem Marburg 1604 an Landgraf Moritz von Hessen-Kassel fiel, verlor das Schloss den Status einer Hauptresidenz und diente fortan als Nebenresidenz. Im späten 17. Jahrhundert beherbergte es eine Garnison. Ein tiefgreifender Wandel erfolgte ab 1809 mit der Umwandlung in eine Strafanstalt oder ein Zuchthaus, die bis 1867/69 bestand. Insassen waren Schwerverbrecher, teilweise zu lebenslänglicher Eisenstrafe verurteilt.

Nach dem Ende der Gefängnisnutzung zog 1869/70 das Preußische Staatsarchiv in das Schloss ein und war bis 1938 der Hauptnutzer. Danach diente es ab 1938 als Universitätsarchiv. Seit dem Jahr 1974 wird das Landgrafenschloss als Universitätsmuseum der Philipps-Universität Marburg genutzt. Teile der Nebengebäude wie Marstall und Zeughaus beherbergen seit 1946 das Collegium Philippinum der Hessischen Stipendiatenanstalt.

Die Geschichte des Marburger Schlosses im Überblick

Die lange Geschichte des Schlosses ist gekennzeichnet durch stetige Entwicklung und Nutzungsänderungen.

  • 10. Jahrhundert: Vermutete frühe Burganlage in Holzbauweise.
  • 11. Jahrhundert: Wahrscheinlicher Beginn von Steinbauten, eventuell durch Gisonen oder Grafen von Gleiberg.
  • 1138/1139: Erste indirekte urkundliche Erwähnung der Burg.
  • 12. und 13. Jahrhundert: Bedeutender Stützpunkt der Landgrafen von Thüringen.
  • Ab 1267: Residenz der Landgrafen von Hessen, Beginn des Ausbaus zur repräsentativen Schlossanlage.
  • 1529:Marburger Religionsgespräch auf Veranlassung Landgraf Philipps des Großmütigen.
  • 1645/46 & 1647: Belagerungen und Einnahmen im Hessenkrieg.
  • 1700-1740: Umfangreicher Ausbau der Festungsanlagen.
  • 1756-63: Mehrfache Eroberungen im Siebenjährigen Krieg, Festung erweist sich als veraltet.
  • Ab 1770: Beginn der Schleifung der Festungsanlagen.
  • 1807: Endgültige Aufgabe und Sprengung der letzten Festungswerke.
  • 1809-1867/69: Nutzung als Strafanstalt/Zuchthaus.
  • 1869/70-1938: Preußisches Staatsarchiv.
  • Ab 1938: Universitätsarchiv.
  • Ab 1974:Universitätsmuseum der Philipps-Universität Marburg.

Ein Meisterwerk der Architektur: Die Bauphasen

Die beeindruckende Architektur des Marburger Schlosses ist das Ergebnis einer langen und komplexen Baugeschichte, die sich über nahezu tausend Jahre erstreckt und in mehreren Hauptphasen verlief, die eng mit politischen Ereignissen verbunden sind.

Phase 1: Die frühe Burg des Hohen Mittelalters

Die Ursprünge der Anlage sind noch Gegenstand der Forschung. Vermutlich gab es bereits im 10. Jahrhundert eine Holzburg. Archäologische Funde von 1989/90 unter dem heutigen Westflügel legten die Reste eines rechteckigen Steinbaus frei (16 x 9,5 Meter), der als 'Festes Haus' interpretiert wird. Seine Datierung ist umstritten, liegt aber wohl im Bereich des 11. oder frühen 12. Jahrhunderts. Ein großer Teil der Westwand ist bis in eine Höhe von vier Metern erhalten. Die Frage, wer die Gründer dieser ersten Steinburg vor den Ludowingern waren – ob Gisonen, Grafen von Gleiberg oder andere – ist derzeit nicht eindeutig geklärt. Eindeutige Nachweise für eine Besiedlung bereits in karolingischer Zeit oder eine Holzburg im 9./10. Jahrhundert stehen noch aus.

Phase 2: Ausbau unter den Thüringer Landgrafen um 1140

Unter den Landgrafen von Thüringen, die 1122 das gisonische Erbe in Oberhessen antraten, erfuhr die Anlage um 1140 einen ersten bedeutenden Umbau. Der Nordteil des frühen Steinbaus wurde zu einem quadratischen Wohnturm mit 9,50 Meter Seitenlänge umgestaltet. Die Südwestecke mit sorgfältiger Eckquaderung und die Westwand des Turms sind im Inneren des Westflügels bis zu acht Meter hoch erhalten. Eine mächtige polygonale Umfassungsmauer oder Ringmauer wurde errichtet, die den Turm insbesondere an den Hauptangriffsseiten im Westen, Süden und Norden schützte. Der Bereich zwischen Mauer und Turm wurde mit mächtigen Lagen aus rotem Sand aufgefüllt, wohl um die hinterfüllte Ringmauer vor Belagerungsgerät zu schützen. Diese Phase markiert die Entstehung einer Burg mit Wohnturm und Einzelbauten in Randhauslage. Die Datierung um 1140 lässt sich gut mit der Übernahme der Burg durch die Ludowinger und dem Ausbau zu einem Herrschaftsmittelpunkt verbinden. In der zweiten Hälfte des 12. Jahrhunderts (um 1180/90) wurde die Umfassungsmauer mit der entstehenden Stadtmauer verbunden.

Phase 3: Erweiterungen im 13. Jahrhundert

In der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts kamen weitere wichtige Bauteile hinzu. Um 1220 entstand im nordöstlichen Bereich der Burganlage ein schlanker Turm, der als Bergfried genutzt wurde, zur Sicherung des östlichen Teils und des Torbereichs. Der quadratische Wohnturm im Westen wurde umgebaut. Etwa im Jahr 1220 erfolgte auch die Erweiterung oder Erneuerung der Bebauung des Burgbergs in östlicher Richtung, bis auf die Höhe des heutigen Wilhelmsbaus. Um 1250 wurde auf dem südlichen Abschnitt der Umfassungsmauer ein zweigeschossiger Saalbau errichtet. Um 1230/1240 wurde die städtische Siedlung unterhalb der Burg nach Westen ausgeweitet und die Stadtmauer abermals an den westlichen Bereich der Burganlage angeschlossen. Ein Tor mit der Außenseite im Norden, das vermutlich zu einer Vorburg gehörte, ist erhalten. Der Hauptzugang zum Schloss muss von Westen kommend an der Südseite entlanggeführt haben, um dann durch das Osttor die Hauptburg zu erreichen.

Phase 4: Die hessische Residenz im späten 13. Jahrhundert

Die heutige Erscheinung des Schlosses wird maßgeblich durch den aufwändigen Umbau zur Residenz der hessischen Landgrafen im letzten Drittel des 13. Jahrhunderts geprägt. Dies begann nach dem Friedensschluss mit Mainz 1263 und der Ansiedlung von Sophie von Brabant und Heinrich I., dem Begründer des hessischen Landgrafenhauses. Mit der Errichtung großartiger Einzelbauten sollte auch der 1292 errungene Reichsfürstenstand des Bauherrn unterstrichen werden. Zunächst wurde der Südflügel nach Westen erweitert und mit einem Saal aufgestockt. Fenster mit frühgotischen Motiven wurden eingebaut. Der westliche Neubau im Südflügel erhielt eine Warmluftheizung im leicht erhöhten Erdgeschoss. Als künstlerischer Höhepunkt entstand am östlichen Abschluss des Südflügels die Schlosskapelle, geweiht 1288. Ihre Stilistik zeigt sehr enge Beziehungen zu den Westteilen der Elisabethkirche in Marburg. Im Norden der Kernburg, auf der Schauseite, wurde parallel ein rechteckiger, sehr großer Saalbau, der sogenannte Nordflügel, errichtet und um 1292/1300 fertiggestellt. Sein Obergeschoss beherbergt den Fürstensaal, oft fälschlich noch Rittersaal genannt. Mit einer Fläche von 482 m² ist er zweifellos der bedeutendste und wichtigste Raum des gesamten Schlosses und gehört zu den größten und qualitätvollsten profanen gotischen Sälen in Mitteleuropa. Er wurde vom Hof aus durch einen äußeren Treppenvorbau erschlossen. Die Nische im mittleren Risalit an der Nordseite kam bei herrschaftlichen Banketten eine zentrale Position zu. Das Tor zum Hochschloss liegt zwischen Schlosskapelle und Leutehaus; die darüber befindliche Sakristei aus dem späten 13. Jahrhundert fungierte als Brücke. Mit den Baumaßnahmen in der Kernburg gingen auch die Anlage eines Zwingers und der Bau/Ausbau der westlichen Vorburg einher. Im Süden wurde eine aufwändige Stützmauer aus Bogensegmenten errichtet und das Schloss auf einen Sockel gestellt, der es erhöht und zugleich die monumentale und repräsentative Wirkung der Schlossbauten steigert.

Phase 5: Ausbau unter Heinrich III. und Wilhelm III. im Spätmittelalter

Zu beträchtlichen Umbauten kam es, nachdem Landgraf Heinrich III. 1471 die Regierung beider Teile von Hessen übernommen hatte und mit Hans Jakob von Ettlingen einen eigenen Hofarchitekten eingestellt hatte. Zunächst wurde für den Landgrafen und seine Gemahlin als Zwischenlösung ein Wohnhaus in der Vorburg westlich des Kernschlosses errichtet. Der Westflügel des Kernschlosses wurde von 1471 bis 1486 zum sogenannten Frauenbau ausgebaut und erhielt sein heutiges Aussehen; er diente als Wohntrakt der Landgräfin Anna. 1477/78 wurde der Küchenbau im Nordosten des inneren Schlosshofes als Bau mit einem steinernen Erdgeschoss und ursprünglich zwei Fachwerkobergeschossen neu gebaut. Weitere Umbauten betrafen den Südflügel 1481 bzw. 1486 (dort Einbau eines Saales im zweiten Obergeschoss), die Kapelle sowie den Ausbau der westlichen Vorburg. Im Norden der Anlage wurde der Marstall errichtet. Die Erfahrungen der Kölner Stiftsfehde 1473/74 mit ihrem massiven Einsatz von Artillerie führten zur Entscheidung zur Modernisierung auch der Befestigungen des Marburger Schlosses. Sowohl das Westtor als auch das Südtor wurden erweitert. Ab 1478 errichtete Hans Jakob von Ettlingen einen dreigeschossigen Artillerieturm nordwestlich des Schlosses am Halsgraben, den sogenannten Hexenturm oder Weißen Turm. Nach dem Tode Heinrichs III. im Jahr 1483 wurde der zivile Ausbau für seinen Sohn Wilhelm III. weitergeführt. Die wichtigste Baumaßnahme dieser Zeit ist die Errichtung des Wilhelmsbaus 1493–97. Als Erweiterung der Burg nach Osten entstand ein moderner, dreigeschossiger Saal- und Wohnbau, der die bogenförmige Stützmauer teilweise überlagert. Auch die Umbauten dieser Phase wurden im Wesentlichen durch Hans Jakob von Ettlingen konzipiert.

Phase 6: Renaissance-Bauten unter Ludwig IV.

In der Renaissancezeit erfuhr das Schloss unter dem politisch bedeutenden Landgraf Philipp dem Großmütigen kleinere Veränderungen. An der Südwestecke der Vorburg war 1521–23 ein großer Batterieturm (Rondell) errichtet worden, der aber bereits am Ende des 16. Jahrhunderts bis auf geringe Reste wieder beseitigt wurde. 1567 richtete Philipps Sohn Landgraf Ludwig IV. seine Hauptresidenz in Marburg ein, sodass das Schloss aufwändig an die neuen Aufgaben der Hofhaltung, Repräsentation und Verwaltung angepasst werden musste. Als Architekt fungierte bis zu seinem Tod 1593 der Mechaniker und Instrumentenbauer Ebert Baldewein. Dabei erfuhr zuerst der alte Südflügel im Inneren eine umfassende Neuordnung der Grundrisse und eine Überarbeitung des Treppenturms. Im Erdgeschoss erbaute Baldewein ein Archivgewölbe und im dritten Obergeschoss wurde der Fachwerkaufbau mit den Wohnräumen des Landgrafen erneuert und mit einem geschweiften Giebel versehen. 1568 errichtete Baldewein einen neuen Dachreiter mit begehbarer Plattform und welscher Haube auf dem Dach der gotischen Schlosskapelle, in dem sich eine zweigeschossige Türmerwohnung befand. 1572 fügte Baldewein südlich vor der Kapelle die Rentkammer an, die das Wappen Landgraf Ludwigs IV. trägt. Es entstanden nun verschiedene Verbindungsgänge, so vor dem Westflügel und 1578 hin zum Wilhelmsbau, die heute in später rekonstruierter Form erhalten sind. 1573 schuf der Hofschreiner Nikolaus Hagenmüller eine neue Innenausstattung des Fürstensaals, von der noch hölzerne Portale erhalten sind. Im folgenden Jahr wurde im Saal eine zweigeschossige „Buttelei“ von dem aus der Schweiz stammenden Schreiner Karl Kaufmann aufgestellt, die heute noch im Museum erhalten ist. Über dem Küchenbau in der Nordostecke entstand 1576/77 ein neues Fachwerkobergeschoss, wo der Leibarzt Johann Wolff und die Apotheke untergebracht wurden. Auch außerhalb des Kernschlosses wurde intensiv gebaut. Baldewein erneuerte 1575 das Zeughaus und den Marstall in der Vorburg. Wohl um 1580 erfolgten Umgestaltungen des Südtores. Auf der Nordterrasse wurde 1588–1590 unter der Leitung des Werkmeisters Valentin Krafft das große dreiteilige Wirtschaftsgebäude errichtet, von dem heute nur noch die Kellergewölbe erhalten sind. Es bestand aus dem Brauhaus im Osten, der Münze in der Mitte dem Schlachthaus im Westen.

Wer wohnte im Schloss Marburg?
Nachdem die Marburg an die Landgrafen Thüringen gefallen waren, bauten diese die Anlage sukzessive aus. Seit 1267 war die Marburg mit Unterbrechungen schließlich Residenz der Landgrafen von Hessen, die die Burg im Verlauf des Spätmittelalters und der Frühen Neuzeit zur repräsentativen Schlossanlage umbauten.

Phase 7: 17. und 18. Jahrhundert und Festungsbau

Auch im 17. und 18. Jahrhundert waren kleinere Umbauten im Oberschloss, besonders am Frauen- und Küchenbau, notwendig. Ansonsten beschränkten sich die Baumaßnahmen im Schloss weitgehend auf die Wirtschaftsbauten, wie den Umbau der ehemaligen Schmiede 1605/06 zu einem Kommandantenhaus und des kleinen Marstalls 1631. Die Verblendung der beiden Obergeschosse des Marstalls mit Sandsteinfassaden erfolgte 1628–30 im Zusammenhang mit der Beseitigung von Kriegsschäden im Dreißigjährigen Krieg. Wesentliche Veränderungen der Gesamtanlage erbrachte die Errichtung der Festungsanlagen, die besonders zwischen 1700 und 1740 erfolgte. Erhalten sind unter anderem Reste der 1701 erbauten großen Bastion. Das Südtor wurde noch im 17. Jahrhundert nach Westen erweitert und davor bergseitig eine kleine Bastion angelegt. Diese modernen Festungswerke erwiesen sich jedoch im Siebenjährigen Krieg als nicht mehr zeitgemäß und wurden ab Ende des 18. Jahrhunderts auf Geheiß Landgraf Friedrichs II. von Hessen-Kassel wieder beseitigt.

Phase 8: 19. und 20. Jahrhundert und neue Nutzungen

Bereits kurz vor 1800 setzte schon wieder die Schleifung der Festungsbauten ein. Einige Umbauten wie die mehrfache Veränderung der Geschosshöhen stehen mit der Nutzung des Schlosses als Gefängnis ab 1809 in Verbindung. Insbesondere im Wilhelmsbau und im Frauenbau wurden neue, feuersichere Raumdecken mit preußischen Kappengewölben eingezogen. 1890 wechselte man sämtliche Dachwerke und Dächer aus und setzte Stahldächer auf. Neben dem Hochschloss erfuhren auch die Vorburgbereiche kleinere Veränderungen. Zu erneuten Umbauten kam es in den Jahren 1924–32 und infolge des Einbaus des Marburger Universitätsmuseums ab 1976. Damit in Verbindung standen umfangreiche Bauuntersuchungen und archäologische Ausgrabungen, die zahlreiche neue Ergebnisse zur Baugeschichte der Anlage erbrachten. Jedoch sind auch in dieser Zeit noch beträchtliche Verluste mittelalterlicher Bausubstanz zu verzeichnen wie etwa die Beseitigung einer spätmittelalterlichen Küche. Umfangreiche Erneuerungsarbeiten fanden auch in den Zeiträumen 1866–1884 und 1980–2000 statt.

Architektur und Baubeschreibung

Die Architektur des Marburger Schlosses ist ein komplexes Ensemble aus Bauten verschiedenster Epochen, das seine Entwicklung über die Jahrhunderte widerspiegelt. Der Hauptzugang zum Schloss führt vermutlich von Westen kommend an der Südseite des eigentlichen Schlossbergs entlang, um dann durch das Osttor die Hauptburg zu erreichen. In die Vorburg gelangt man durch ein tunnelartiges Burgtor, das ehemals Bestandteil eines Torhauses vom Ende des 15. Jahrhunderts gewesen ist und sich in die südlich unterhalb des Schlosses befindliche stattliche Stützmauer vom Ende des 13. Jahrhunderts einfügt. Westlich der eigentlichen Schlossanlage befinden sich in der Vorburg mit dem Marstall und dem Zeughaus ehemalige landgräfliche Wirtschaftsbauten sowie das im 17. Jahrhundert erbaute sogennante Kommandantenhaus.

Im östlichen Bereich des Schlossberges steht der dreigeschossige sog. Wilhelmsbau (1492/98) unter Krüppelwalmdach, der bereits seit 1625/1626 über eine Galerie mit dem Kernschloss verbunden war. Der südliche Teil des Kernschlosses setzt sich aus dem viergeschossigen Südflügel und der Schlosskapelle zusammen. Teilweise besteht der Südflügel aus dem ehemaligen landgräflichen Wohnbau und aus Resten des zweigeschossigen Palas (Mitte des 13. Jahrhunderts) und ist mit einem Erker über Konsole sowie einem großen dreiteiligen Maßwerkfenster versehen. Der Schlosskapelle nach Süden vorgelagert ist die 1572 nach Plänen von Ebert Baldewein erbaute Rentkammer, ein zweigeschossiger Quaderbau in Traufenstellung mit Giebelgeschoss im Renaissance-Stil.

Hauptbestandteil des Westflügels ist der in den Jahren 1486 und 1487 errichtete zweistöckige Frauenbau mit hohen Geschossen. Nördlich des Burghofes steht auf älteren Fundamenten der große, um 1300 durch Landgraf Heinrich I. von Hessen errichtete Saalbau (sog. Nordflügel), bestehend aus aus zwei Hauptgeschossen über hohem Keller. Durch ihre Lage an einem Steilhang des Schlossberges sind die Nord-und Westfassade des Saalbaus mit starken Wandpfeilern verstärkt, die ab Höhe des Dachgesims mit achteckigen Türmchen samt welschen Hauben abschließen. Im Innern des Nordflügels liegen im mit Lanzettfenstern versehenen ersten Geschoss der sog. kleine Fürstensaal in der westlichen und der sog. Waldecker Saal in der östlichen Hälfte. Das gesamte Obergeschoss des nördlichen Saalbaus nimmt der große Saal, heute vor allem als Fürstensaal bezeichnet, ein, der aus künstlerischer bzw. kunsthistorischer Sicht einen der bedeutendsten Räumlichkeiten des Landgrafenschlosses darstellt und mit 482m² zu den größten profanen Innenräumen gotischen Stils zählt. Unmittelbar in östlicher Richtung lehnt sich an den Nordflügel der dreigeschossige, in Massivbauweise gefertigte ehemalige Küchenbau, das sogenannte Leutehaus, an, das möglicherweise auf Mauerresten des 11. Jahrhunderts gründet und über einen Keller des 14. Jahrhunderts verfügt.

Der Erhaltungszustand variiert je nach Bauteil. Ein Tor aus der Mitte des 13. Jahrhunderts ist an der Rückseite des Renaissancetors zur Nordterrasse erhalten. Bis in die heutige Zeit bewahrt blieb vor allem die Kernburg hoch- und spätmittelalterlicher Zeitstellung im Nordwesten der Schlossanlage sowie die Schlosskapelle nahe dem Torbau im Südosten. Erhalten sind darüber hinaus unter anderem Reste der 1701 erbauten großen Bastion sowie Teile eines Flankenturms, Kasematten und Mauern des 16. bis 18. Jahrhunderts im westlichen Vorfeld.

Das Schloss heute: Museum und mehr

Heute ist das Landgrafenschloss Marburg ein lebendiger Ort der Kultur und Bildung. Es beherbergt das Universitätsmuseum für Kulturgeschichte, das Teile der langen Geschichte der Region und des Schlosses präsentiert. Das Museum, das in Teilen des Wilhelmsbaus untergebracht ist, wurde 1981 eröffnet. Der imposante Fürstensaal wird für kulturelle Veranstaltungen genutzt, darunter Aufführungen des Hessischen Landestheaters. Teile der Nebengebäude, wie Marstall und Zeughaus, dienen seit 1946 dem Collegium Philippinum der Hessischen Stipendiatenanstalt. Die Anlage ist für Besucher geöffnet und bietet Führungen, bei denen unter anderem die Kasematten beim Schloss sowie der Hexenturm besichtigt werden können. Das Schloss ist nicht nur ein historisches Denkmal, sondern auch ein wichtiger Teil des städtischen Lebens und der Universität Marburg.

Häufig gestellte Fragen zum Marburger Schloss

Wer wohnte hauptsächlich im Schloss Marburg?

Die bedeutendsten Bewohner und Herren des Schlosses waren die Landgrafen von Hessen, die ab 1267 mit Unterbrechungen dort residierten. Zuvor diente es den Landgrafen von Thüringen als Stützpunkt. Später wurde es unter anderem als Garnison, Gefängnis, Staatsarchiv und Universitätsarchiv genutzt. Heute beherbergt es das Universitätsmuseum und Teile der Universität.

Wie alt ist das Marburger Schloss?

Das Schloss hat sehr alte Wurzeln. Eine frühe Burganlage wird bereits im 10. Jahrhundert vermutet. Die erste urkundliche Erwähnung datiert auf 1138/1139. Erste Steinbauten stammen wohl aus dem frühen 11. Jahrhundert. Die heute sichtbaren prägnanten Teile der Kernburg entstanden maßgeblich im 13. Jahrhundert während des Ausbaus zur hessischen Residenz.

Kann man das Marburger Schloss besichtigen?

Ja, das Schloss ist für Besucher geöffnet. Es beherbergt das Universitätsmuseum und dient als Veranstaltungsort. Es werden auch Führungen angeboten, bei denen man spezielle Bereiche wie die Kasematten oder den Hexenturm erkunden kann.

Welche bedeutenden historischen Ereignisse fanden im Schloss statt?

Das wohl bekannteste Ereignis ist das Marburger Religionsgespräch im Jahr 1529, bei dem führende Reformatoren wie Martin Luther und Ulrich Zwingli zusammenkamen, um über Glaubensfragen zu diskutieren.

Welche architektonischen Highlights gibt es im Schloss?

Zu den herausragenden architektonischen Elementen gehören die spätgotische Schlosskapelle, der beeindruckende Fürstensaal im Nordflügel, einer der größten seiner Art in Mitteleuropa, sowie der Renaissance-Bau der Rentkammer und der spätmittelalterliche Frauenbau.

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Bruno Auerei Leimen

Ich heiße Bruno Auerei Leimen und wurde 1979 in Heidelberg geboren. Seit über zwanzig Jahren widme ich mich leidenschaftlich der Entdeckung der kulinarischen Vielfalt Deutschlands. Nach meinem Studium der Literatur und des Journalismus an der Universität München habe ich es mir zur Aufgabe gemacht, meine Liebe zum Schreiben mit meiner Neugier für authentische regionale Küche zu verbinden. Heute arbeite ich als Gastronomiekritiker, habe drei Bücher über kulinarische Reisen veröffentlicht und schreibe regelmäßig für renommierte Magazine. Besonders schlägt mein Herz für traditionelle Gerichte und handwerklich gebrautes Bier.

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