Mitten in der Weite der Nordsee, eingebettet in das UNESCO-Weltnaturerbe Wattenmeer, liegt eine kleine, aber faszinierende Insel, die offiziell zu Hamburg gehört: Neuwerk. Sie ist ein Ort der Ruhe, der Natur und der Geschichte und zieht jedes Jahr Tausende von Besuchern an, die dem Trubel des Festlandes entfliehen möchten. Doch was macht den Reiz dieses abgelegenen Eilands aus und welche Abenteuer erwarten Sie dort?
Anreise: Der Weg ist das Erlebnis
Die besondere Lage von Neuwerk, etwa 10 Kilometer nordwestlich von Cuxhaven, macht die Anreise zu einem unvergesslichen Teil des Besuchs. Es gibt mehrere traditionelle und einzigartige Wege, die Insel zu erreichen:
Mit dem Wattwagen
Eine der beliebtesten und romantischsten Arten, nach Neuwerk zu gelangen, ist die Fahrt mit einer Pferdekutsche durch das Watt. Von Cuxhaven-Duhnen oder Sahlenburg aus steigen Sie in die gelben Droschken und lassen sich von stämmigen Pferden etwa eine Stunde lang durch die einzigartige Landschaft des Wattenmeeres ziehen. Diese Fahrt über den Meeresboden, vorbei an Prielen und Schlickflächen, ist ein Erlebnis für sich und vermittelt ein Gefühl von Entschleunigung und Abenteuer.

Zu Fuß durchs Watt
Für Abenteuerlustige und Naturfreunde bietet sich die Wattwanderung als Alternative an. Die Strecke von Sahlenburg nach Neuwerk beträgt etwa elf Kilometer und dauert circa zweieinhalb Stunden. Es ist ein beeindruckendes Gefühl, barfuß oder mit Wattwanderschuhen über den festen Sandschlick zu stapfen und das Watt unter den Füßen zu spüren. Der Weg ist durch Pricken, in den Boden gesteckte Reisigbündel, markiert, sodass man sich nicht verlaufen kann. Es ist jedoch unerlässlich, sich vorher über die Gezeiten zu informieren oder sich einem erfahrenen Wattführer anzuschließen, da die Flut schnell zurückkehren kann. Für Notfälle gibt es entlang des Weges Rettungsbaken, die Schutz bieten.
Mit dem Schiff
Die komfortabelste Anreisemöglichkeit, insbesondere für diejenigen, die nicht gut zu Fuß sind oder das Watt scheuen, ist die Fahrt mit dem Fahrgastschiff „MS Flipper“. Sie verkehrt regelmäßig von April bis Oktober von Cuxhaven nach Neuwerk und stellt die einzige regelmäßige Schiffsverbindung dar. Die Überfahrt dauert etwa 90 Minuten. Außerhalb dieser Saison, insbesondere im Winter, wird die Inselversorgung hauptsächlich über Trecker oder bei dringenden Notfällen per Hubschrauber gewährleistet.
Ein Vergleich der Anreisemöglichkeiten:
Anreisemöglichkeit | Dauer (ca.) | Besonderheit | Verfügbarkeit | Hinweis |
---|---|---|---|---|
Wattwagen | 1 Stunde | Traditionell, komfortabel über Watt | Saisonal (abhängig von Gezeiten) | Buchung empfohlen |
Wattwandern | 2,5 Stunden | Intensives Naturerlebnis | Saisonal (abhängig von Gezeiten) | Gezeiten beachten, ggf. Führer |
Schiff (MS Flipper) | 1,5 Stunden | Bequemste Option | April bis Oktober (regelmäßig) | Fahrplan prüfen |
Der Neuwerker Leuchtturm: Hamburgs ältestes Bauwerk
Unbestrittenes Herzstück und Wahrzeichen der Insel ist der imposante Neuwerker Leuchtturm. Mit seinem Baujahr 1310 ist er nicht nur der markanteste Punkt der Insel, sondern auch das älteste erhaltene Gebäude Hamburgs. Ursprünglich diente der Turm als Bollwerk gegen Angriffe von Seeräubern und sicherte so die wichtige Elbmündung für die Hansestadt. Erst ab 1814 wurde er zu einem Seezeichen mit Leuchtfeuer umgerüstet, um vorbeifahrende Schiffe sicher durch die Elbmündung zu lotsen. Bei schweren Sturmfluten bot der Turm den Inselbewohnern Schutz, da er erhöht auf einer Wurt stand und den Naturgewalten besser standhielt als die einfacheren Häuser. Obwohl das Leuchtfeuer seit 2014 nicht mehr als offizielles Seezeichen für die Elbschifffahrt dient, wird es weiterhin als „privates Feuer“ betrieben.
Wer die 138 Stufen bis zur Aussichtsplattform erklimmt, wird mit einem atemberaubenden Panoramablick belohnt. Von hier oben überblicken Sie die gesamte grüne Insel mit ihren Prielen und Salzwiesen, die Nachbarinsel Scharhörn und den regen Schiffsverkehr auf der Außenelbe und -weser. Bei klarer Sicht reicht der Blick sogar bis nach Cuxhaven, Bremerhaven und Wilhelmshaven. Ein Fernglas oder ein Teleobjektiv für die Kamera sind hier unbedingt empfehlenswert!
Interessanterweise beherbergt der Leuchtturm heute auch eine Pension. Es ist ein ganz besonderes Erlebnis, hinter meterdicken Mauern in diesem historischen Bauwerk zu übernachten und die besondere Atmosphäre zu genießen.
Entdeckungstour auf der Insel: Mehr als nur Watt
Auch auf der Insel selbst gibt es viel zu entdecken und zu erleben, um einen Tagesausflug oder einen längeren Aufenthalt abwechslungsreich zu gestalten:
Die Inselumrundung
Ein Spaziergang auf dem Deich rund um die Insel ist eine wunderbare Möglichkeit, sich einen Überblick zu verschaffen und die Ruhe der Natur zu genießen. Die Umrundung dauert etwa eine Stunde und führt vorbei an weiten Wiesen mit Kühen und Pferden, wenigen Häusern und immer entlang des Ufersaums. Mit etwas Glück kann man hier nach Bernstein Ausschau halten oder einfach die frische Seeluft tief einatmen und den Blick über die Salzwiesen und das Meer schweifen lassen.
Friedhof der Namenlosen
Nahe dem Leuchtturm befindet sich der Friedhof der Namenlosen, ein bewegendes Zeugnis der gefährlichen Seefahrt vergangener Zeiten. Seit 1319 wurden hier die Leichen von Seeleuten bestattet, die an den Ufern Neuwerks angespült wurden – Opfer von Schiffbrüchen oder Piratenüberfällen, deren Identität unbekannt blieb. Es ist einer der ältesten Friedhöfe dieser Art und ein Ort der Stille und Besinnung.

Sonnenuntergänge
Ohne störende Lichter und Gebäude, die den Horizont verdecken, bietet Neuwerk oft spektakuläre Sonnenuntergänge. Viele Besucher nutzen die Abendstunden für einen ausgedehnten Spaziergang und genießen das farbenprächtige Schauspiel am Himmel über dem Meer.
Vogelparadies im Wattenmeer
Neuwerk und das umliegende Wattenmeer sind ein bedeutender Rast- und Brutplatz für Zugvögel. Insbesondere im Frühjahr (März bis Mai) und Herbst legen Millionen von Vögeln, darunter Tausende von Ringel- und Weißwangengänsen, auf den Salzwiesen Neuwerks eine Pause ein. In dieser Zeit finden auf der Insel oft „Gänsewochen“ mit speziellen Veranstaltungen für Vogelfreunde statt. Mit etwas Geduld und einem Fernglas lassen sich auch brütende Austernfischer, Säbelschnäbler und Seeschwalben beobachten. Das Nationalparkhaus im alten Leuchtturmwärterhaus bietet interessante Informationen zur Ökologie des Wattenmeeres und vogelkundliche Führungen an.
Die Ostbake
Die Ostbake diente früher als wichtige Landmarke für die Schifffahrt. Obwohl sie mehrmals durch Stürme zerstört und wieder aufgebaut wurde (zuletzt nach Orkan „Kyrill“ 2007), ist sie heute ein beliebtes Fotomotiv und Orientierungspunkt für Fischer und Bernsteinsucher.
Baden im Meer
Während der Sommermonate gibt es auf Neuwerk auch gute Möglichkeiten zum Baden im Meer und zur Erfrischung nach einer Wattwanderung oder Inselumrundung. Die Badestellen sind meist am Deich zu finden.
Leben auf Neuwerk: Eine kleine Gemeinschaft
Auf Neuwerk lebt eine sehr kleine Gemeinschaft von nur etwa 21 bis 40 Menschen (Stand 2023/2024). Das Leben auf der Insel ist eng mit den Gezeiten und dem Tourismus verbunden. Die meisten Bewohner leben direkt oder indirekt vom Fremdenverkehr. Die Insel verfügt über eine grundlegende Infrastruktur wie eine Feuerwehr für Notfälle, einen Briefkasten, eine Kläranlage und einen kleinen Laden zur Versorgung. Es gibt auch mehrere Lokale und einen Sportplatz. Die Inselschule, die schulpflichtige Kinder bis zur 6. Klasse besuchen konnten, ist jedoch seit dem Schuljahr 2019/2020 geschlossen, da es nicht genügend Kinder für den Schulbetrieb gab.
Die kleine Einwohnerzahl und die Abhängigkeit vom Tourismus stellen die Insel vor Herausforderungen. Die Suche nach Familien, die bereit sind, auf Neuwerk zu leben und zu arbeiten, ist ein wichtiges Thema für die Zukunft der Gemeinschaft.

Die Nachbarinseln: Scharhörn und Nigehörn
Die Inseln Nigehörn und Scharhörn sind Nachbarinseln von Neuwerk und liegen ebenfalls mitten im Nationalpark Hamburgisches Wattenmeer. Sie gehören zur sogenannten „Wildniszone“ des Nationalparks und sind besonders geschützt. Nigehörn ist eine künstlich aufgespülte Insel und darf nicht betreten werden. Scharhörn ist eine wichtige Vogelschutzinsel und kann nur nach vorheriger Anmeldung und oft nur im Rahmen geführter Touren betreten werden, meist nach einem längeren Marsch durch das Watt unter Aufsicht eines Vogelwarts.
Geschichte der Insel Neuwerk
Neuwerk blickt auf eine lange Geschichte zurück, die eng mit der Hansestadt Hamburg verbunden ist. Die Insel wurde erstmals um das Jahr 900 als „Nige Ooge“ (friesisch für „neue Insel“) erwähnt. Mit dem Bau des Turms, der 1310 abgeschlossen wurde, erhielt die Insel ihren heutigen Namen „Nige Wark“ (friesisch für „neues Werk“). Über 700 Jahre lang diente Neuwerk Hamburg als strategisch wichtiger Vorposten zur Kontrolle und Sicherung der Elbmündung, einer der meistbefahrenen Schifffahrtszonen der Welt.
Obwohl die Insel seit über sieben Jahrhunderten zu Hamburg gehört, gab es kurze Unterbrechungen. Im Jahr 1937 wurde Neuwerk im Rahmen des Groß-Hamburg-Gesetzes an Preußen (und damit an Cuxhaven) abgetreten, während Hamburg unter anderem Altona und Wilhelmsburg erhielt. Nach dem Zweiten Weltkrieg gehörte Neuwerk vorübergehend zu Niedersachsen, wurde aber 1969 durch einen Staatsvertrag wieder der Freien und Hansestadt Hamburg zugeordnet.
UNESCO Weltnaturerbe Wattenmeer
Das Hamburgische Wattenmeer, zu dem Neuwerk gehört, ist seit 1990 ein Nationalpark und seit 2009 Teil des UNESCO-Weltnaturerbes Wattenmeer. Es ist das kleinste Biosphärenreservat Deutschlands, aber von enormer ökologischer Bedeutung. Das Wattenmeer ist ein einzigartiger Lebensraum, der sich ständig durch Ebbe und Flut verändert und eine unglaubliche Artenvielfalt beherbergt, von Wattwürmern und Muscheln bis hin zu Millionen von Zugvögeln, die hier rasten.
Häufig gestellte Fragen zu Neuwerk
Wie viele Menschen leben auf Neuwerk?
Die Einwohnerzahl von Neuwerk ist sehr klein und schwankt leicht. Aktuelle Zahlen (Stand Ende 2023) sprechen von etwa 21 Einwohnern. Die Inselgemeinschaft zählt insgesamt knapp 40 Menschen.
Gehört Neuwerk wirklich zu Hamburg?
Ja, korrekt. Neuwerk ist ein Stadtteil des Bezirks Hamburg-Mitte der Freien und Hansestadt Hamburg, obwohl es geografisch näher an Cuxhaven liegt.

Kann man auf Neuwerk baden?
Ja, in den Sommermonaten gibt es auf Neuwerk gute Möglichkeiten, im Meer zu baden. Die Badestellen befinden sich typischerweise am Deich.
Wie kommt man im Winter nach Neuwerk?
Die regelmäßige Schiffsverbindung mit der MS Flipper pausiert von November bis März. Während dieser Zeit ist die Insel schwieriger zu erreichen. Die Versorgung der Bewohner erfolgt dann hauptsächlich mit Treckern durchs Watt oder bei Notfällen per Hubschrauber. Touristische Besuche sind im Winter stark eingeschränkt und erfordern individuelle Absprachen.
Ist der Leuchtturm noch in Betrieb?
Das Leuchtfeuer des Neuwerker Leuchtturms wurde 2014 als offizielles Seezeichen für die Elbschifffahrt außer Betrieb genommen. Es wird aber weiterhin von der Hamburg Port Authority als sogenanntes „privates Feuer“ betrieben.
Kann man im Leuchtturm übernachten?
Ja, im Neuwerker Leuchtturm ist eine Pension untergebracht, die Übernachtungen in historischen Zimmern ermöglicht.
Wie lange dauert eine Wattwanderung nach Neuwerk?
Die Wattwanderung von Sahlenburg nach Neuwerk dauert in der Regel etwa zweieinhalb Stunden für die elf Kilometer lange Strecke.
Ein Besuch auf Neuwerk ist eine Reise in eine andere Welt – eine Welt der Ruhe, der Weite und der unberührten Natur. Egal, ob Sie die Insel zu Fuß, per Kutsche oder mit dem Schiff erreichen, das Erlebnis des Wattenmeeres und die einzigartige Atmosphäre dieser kleinen Hamburger Insel werden Sie nicht so schnell vergessen.
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