Wer nach Spanien reist, sei es als Naturfreund oder einfach nur, um das Land und seine Kultur kennenzulernen, wird schnell feststellen: Der Tag und insbesondere die Essenszeiten ticken hier anders. Vergessen Sie die mitteleuropäische Frühstückskultur oder das frühe Abendessen. In Spanien, besonders in den ländlicheren Gegenden und im Norden, bestimmt ein ganz eigener Rhythmus das kulinarische Leben. Essen ist hier mehr als nur Nahrungsaufnahme; es ist ein gesellschaftliches Ereignis, eine familiäre Zusammenkunft, ein Moment des Austauschs und der Gemütlichkeit, oft begleitet von lebhaften Diskussionen und dem Fernseher im Hintergrund. Dieser einzigartige Ansatz prägt auch die Art der Lokale, die man findet, von kleinen, intimen Bars bis hin zu traditionellen Gasthäusern.

Der spanische Essensrhythmus
Der spanische Tag beginnt kulinarisch eher verhalten. Ein ausgiebiges Frühstück, wie wir es kennen, ist selten. Stattdessen beschränkt man sich oft auf einen Kaffee und vielleicht ein kleines Gebäck oder Toast. Das eigentliche Hauptessen ist das Mittagessen, das typischerweise erst zwischen 14:00 und 16:00 Uhr eingenommen wird. Das Abendessen folgt spät, selten vor 21:00 Uhr, und es ist absolut üblich, dass Familien auch erst um 22:00 Uhr gemeinsam zu Tisch gehen. Besonders in Nordspanien nimmt man sich viel Zeit für diese Mahlzeiten. Es geht nicht um Eile, sondern um das gemeinsame Erlebnis.
Wo isst man in Spanien? Typische Lokale
Die Frage, wie kleine Restaurants in Spanien heißen, lässt sich nicht mit einem einzigen Begriff beantworten, da es verschiedene Arten von Lokalen gibt, die in ihrer Größe und Ausrichtung variieren. Neben den klassischen Restaurants, die man überall auf der Welt findet, gibt es eine Vielzahl weiterer, oft kleinerer und traditionellerer Orte, um einzukehren und zu essen:
- Bars: Dies sind oft die ersten Anlaufstellen für den kleinen Hunger zwischendurch. Hier findet man Tapas und Pinchos, kleine Gerichte, die häufig an einer Theke präsentiert werden. Bars sind zentral für die spanische Kultur des ungezwungenen Essens und Trinkens.
- Mesones: Vergleichbar mit traditionellen Gasthäusern. Sie bieten oft eine rustikalere Küche und sind eine gute Option für ein bodenständiges Mittag- oder Abendessen. Mesones können variieren in der Größe, aber viele sind kleiner und familiärer als große Restaurants.
- Bodegas: Ursprünglich Weinlager, sind viele Bodegas heute zu Weinschenken geworden, die neben einer großen Auswahl an Weinen auch einfache, traditionelle Speisen oder Tapas anbieten. Sie haben oft eine gemütliche, authentische Atmosphäre.
- Ventas: Dies sind Traditionsgaststätten, die man oft an Landstraßen findet. Sie waren früher Raststätten für Reisende und Fuhrleute und bieten auch heute noch oft rustikale, lokale Küche in ungezwungener Atmosphäre. Viele Ventas sind eher klein und fokussieren sich auf regionale Spezialitäten.
- Cafeterias: Bieten neben Kaffee auch oft kleine Snacks, Sandwiches oder einfache Mahlzeiten an. Sie sind eine Mischung aus Café und Bistro.
- Restaurante Asador: Spezialisiert auf gegrilltes Fleisch oder Fisch.
Wenn man also nach kleinen, authentischen Essensmöglichkeiten abseits der großen Restaurants sucht, sind Bars, Mesones, Bodegas und Ventas die Orte, die man im Auge behalten sollte.
Frühstück – Ein bescheidener Beginn
Wie erwähnt, ist das spanische Frühstück eher schlicht. Typisch sind Toast oder Baguette, oft nur mit etwas Olivenöl oder pürierter Tomate bestrichen. Dazu ein Croissant oder ein süßes Brötchen sind ebenfalls beliebt. Der Kaffee spielt eine sehr wichtige Rolle. Varianten wie der Milchkaffee (cafe con leche), der kleine starke Milchkaffee (cortado), Espresso (cafe solo) oder großer schwarzer Kaffee (cafe americano) sind Standard. Tee ist nicht überall selbstverständlich. Während Käse oder Wurst zum Frühstück in traditionellen spanischen Haushalten unüblich sind, findet man diese Optionen zunehmend in Hotels oder Lokalen, die sich an ein internationales Publikum richten. Die Verwendung von Olivenöl anstelle von Butter ist eine Eigenheit, die für manche ungewohnt sein mag.
Tapas und Pinchos – Kleine Genüsse
Die Kultur der Tapas und Pinchos ist untrennbar mit spanischen Bars verbunden. Diese kleinen Häppchen sind perfekt für den Hunger zwischendurch oder als Appetitanreger vor dem späten Mittag- oder Abendessen. Oft werden sie zu einem Glas Wein (Tinto) oder einem kleinen Bier (caña) genossen. In vielen Gegenden Nordspaniens ist es sogar üblich, dass zu jedem Getränk eine kleine Tapa kostenlos gereicht wird. Die Vielfalt ist enorm. Beliebte Beispiele aus dem Text sind Rindfleischbällchen (albondigas), gebratene grüne Paprikaschoten mit Salz (pimientos de padrón), Sardellenfilets auf Toast, Serrano-Schinken auf Toast, die allgegenwärtigen Croquetas (oft lohnt die Frage, ob sie hausgemacht – casera – sind) oder die Torta Española, ein dicker Kartoffel-Zwiebel-Speck-Eierkuchen. Auch der russische Salat (Ensalada Rusa), der nach dem Krieg in der Ukraine oft in Ensalada Ucraina umbenannt wurde, ist eine gängige Tapa.
Menu del Dia und Raciones – Optionen für Mittag und mehr
Eine ausgezeichnete und preiswerte Option, besonders an Wochentagen zur Mittagszeit, ist das Menu del Dia. Für oft um die zehn Euro erhält man typischerweise eine Vorspeise, ein Hauptgericht, ein Dessert und ein Getränk (oft Wein oder Bier). Die Qualität kann variieren, aber es bietet ein solides, lokales Esserlebnis zu einem attraktiven Preis. Am Abend und an Wochenenden wird das Menu del Dia meist nicht angeboten.
Eine weitere beliebte Bestellform, besonders in Bars und informellen Lokalen, sind Raciones. Dies sind größere Portionen eines Gerichts, die oft als kleiner Teller serviert werden (z.B. Tintenfischringe, Pommes Frites, Bratkartoffeln, Croquetas). Sie kommen meist ohne große Beilagen, aber mit Brot. Man kann auch halbe Portionen bestellen (media racion). Sehr verbreitet, insbesondere wenn man mit mehreren Personen unterwegs ist, ist es, verschiedene Raciones zu bestellen und dann zu teilen (para compartir). Die Lokale stellen dafür gerne extra Teller bereit. Es ist hier wie in weiten Teilen Nordspaniens: Man liebt Olivenöl, aber Soßen und aufwendige Beilagen sind eher unüblich.
Vegetarisch und Vegan in Spanien
Für Vegetarier und insbesondere Veganer kann das Essen in Spanien, besonders auf dem Land, eine Herausforderung darstellen. Die vegetarische Küche ist noch nicht so weit verbreitet wie in anderen Ländern. Oft wird bei einem fleischhaltigen Gericht einfach das Fleisch weggelassen, oder es wird nur Salat als Option angeboten. Es ist ratsam, bei der Bestellung explizit nach „sin carne“ (ohne Fleisch) und „sin jamon“ (ohne Schinken) zu fragen, da Schinken oft als separate Kategorie behandelt wird. In größeren Städten und gehobeneren Restaurants findet man eher spezielle vegetarische oder vegane Gerichte. Das ländliche Spanien, wo sich Naturreisende oft aufhalten, ist hier noch in der Entwicklung.
Regionale Spezialitäten in Nordspanien
Nordspanien bietet eine reiche Vielfalt an regionalen Gerichten, die oft von der Nähe zum Meer oder den Bergen geprägt sind:
- Baskenland: Bekannt für Chipirones (Tintenfische in eigener Tinte), Bacalao (Stockfisch, oft in einer Sauce aus Olivenöl, Tomaten, Paprika und Knoblauch), Angulas (weiße Glasaale, zubereitet mit Öl und Knoblauch oder im Salat), Kartoffel- und Lauchsuppen, sowie Pisto (Eintopf aus Paprika, Tomaten und Zucchini).
- Navarra: Forelle ist hier sehr populär und wird oft mit einer Scheibe Serrano-Schinken serviert. Weitere Spezialitäten sind Spargel (espárrago), mit Meeresfrüchten gefüllte Paprika (pimiento relleno), Gemüseeintöpfe, Schweinefilet mit Roquefort-Käse (solomillo roquefort), rustikales Lammfleisch (cordero) in pikanter Sauce, Stierschmorbraten (estofado), Blutwurst (morcilla) und Migas (ein sättigendes Gericht aus gerösteten Brotwürfeln mit Schmalz, Gewürzen und Fleischstücken).
- Galizien, Kantabrien und Asturien: Hier dominieren Meeresfrüchte und Fisch. Miesmuscheln (mejillones) und Jakobsmuscheln (vieiras) gibt es in vielen Varianten. Meeraal (congrio) und Seehecht (merluza) sind beliebte Fische (oft aus Aquakultur). Regionale Besonderheiten sind Lacon con Grelos (gekochter Schinken mit Rübenblättern) in Galizien und Fabada (Bohneneintopf, oft mit Speck und Blutwurst) in Asturien. Auch Wildgerichte wie Kaninchen, Rebhuhn, Wildente und Wildschwein stehen oft auf den Speisekarten.
Getränke – Wein und Bier
Spanien ist ein Land des Weins und Bieres. Als größtes Weinanbaugebiet der Welt dominiert Rotwein (Tinto). Der Ausdruck „Tomar una copa“ bedeutet „Einen trinken gehen“. In Galizien ist auch Weißwein (vino blanco) beliebt, während in Asturien Sidra (Apfelwein) getrunken wird.
In Restaurants kann man einfach „einen Tinto“ bestellen und erhält meist einen passablen Hauswein im Glas oder in der Karaffe. Flaschenweine sind im Vergleich zu Mitteleuropa oft sehr günstig. Spanische Rotweine sind oft Cuvées, wobei Tempranillo eine dominante Rebsorte ist. Die Rioja ist die bekannteste Anbauregion. Die Qualität wird durch Bezeichnungen wie Vino (Tafelwein), IGP (Landwein) und DOP (Qualitätswein) klassifiziert, wobei D.O. (Denominación de Origen) die Herkunft aus bestimmten Gebieten kennzeichnet. Für Weinliebhaber sind auch die Reifegrade interessant:
Bezeichnung | Reifung |
---|---|
Joven | Jung, oft im Erntejahr getrunken |
Crianza | Mindestens 24 Monate, davon 6 im Fass |
Reserva | Mindestens 36 Monate, davon 12 im Fass |
Gran Reserva | Mindestens 60 Monate, davon 18 im Fass |
Spanien hat auch gutes Bier. „Cerveza“ bedeutet Flaschenbier. Gezapftes Bier bestellt man als caña (klein), caña doble (doppelt), cañita oder copa. Besonders bei Hitze trinken die Nordspanier oft mehr Bier als Wein. Bekannte Marken sind Estrella Galicia, Estrella Damm, El Águila, San Miguel, Cruzcampo und Mahou.
Leitungswasser ist in Spanien generell trinkbar, wenn auch oft stärker gechlort als bei uns. In Restaurants ist es üblich, neben Wein auch eine Flasche Wasser zu bestellen. Mineralwasser mit Kohlensäure bestellt man als „Aqua con gas“; stilles Wasser ist üblicher.
Nachtisch – Süßer Abschluss
Die Auswahl an typisch spanischen Desserts ist überschaubar. Flan (Karamellpudding) ist wohl am bekanntesten, auch wenn er Ähnlichkeiten mit der französischen Crème Caramel hat. Ansonsten findet man häufig Eis (helado), Schafsjogurt (cuajada) oder Milchreis (arroz con leche). Eine Käseplatte mit Schafskäse (queso de oveja), Ziegenkäse (queso de cabra) oder Blauschimmelkäse (queso de cabrales) ist ebenfalls eine beliebte Option.
Restaurant-Etikette
In spanischen Restaurants ist es üblich, vom Kellner zum Platz geführt zu werden. Dieser kann sich auch in einem abgetrennten Bereich, dem sogenannten Comedor, befinden. Die Bezahlung erfolgt pro Tisch, nicht einzeln. Der Kellner bringt die Rechnung, nimmt das Geld mit der Quittung zur Theke und bringt das Wechselgeld auf einem kleinen Teller zurück zum Tisch. Ein Trinkgeld (etwa 5-10%, wenn der Service gut war) lässt man anschließend einfach auf dem Teller liegen.
Häufig gestellte Fragen
Sind Tapas in Spanien kostenlos? In vielen Bars, besonders in bestimmten Regionen Nordspaniens, ist es üblich, zu jedem Getränk eine kleine, kostenlose Tapa zu reichen. Dies ist aber keine Garantie überall in Spanien.
Wann essen die Spanier zu Mittag und zu Abend? Das Mittagessen ist die Hauptmahlzeit und findet typischerweise zwischen 14:00 und 16:00 Uhr statt. Das Abendessen ist spät, selten vor 21:00 Uhr.
Gibt es viele vegetarische Optionen? Außerhalb großer Städte und spezialisierter Restaurants kann es schwierig sein, rein vegetarische oder vegane Gerichte zu finden. Man muss oft explizit nach Gerichten „sin carne“ (ohne Fleisch) und „sin jamon“ (ohne Schinken) fragen.
Was ist der Unterschied zwischen Tapas und Raciones?Tapas sind kleine Häppchen, oft als Snack zum Getränk. Raciones sind größere Portionen eines Gerichts, die oft als Mahlzeit oder zum Teilen bestellt werden.
Wie bestelle ich Wein im Restaurant? Man kann einfach „un Tinto“ (einen Rotwein) bestellen, um den Hauswein zu erhalten. Für spezifische Weine gibt es eine Weinkarte.
Wie viel Trinkgeld gibt man? Ein Trinkgeld von 5% bis maximal 10% ist üblich, wenn man mit dem Service zufrieden war. Man lässt es nach Erhalt des Wechselgeldes auf dem Teller liegen.
Hat dich der Artikel Essen in Spanien: Kleine Lokale & Mehr interessiert? Schau auch in die Kategorie Gastronomie rein – dort findest du mehr ähnliche Inhalte!