Was isst man in Halle-Saale?

Halle-Neustadt: Von der Planstadt zur Gegenwart

Rating: 4.94 (2660 votes)

Halle-Neustadt, oft nur als „Neustadt“ bezeichnet, ist mehr als nur ein Stadtteil von Halle (Saale). Sie ist das Ergebnis einer ambitionierten Planung, eine Stadt, die einst als eigenständige Einheit konzipiert und gebaut wurde, um Tausenden von Menschen ein neues Zuhause zu geben. Ihre Geschichte ist eng verknüpft mit der Industriegeschichte der DDR und spiegelt die gesellschaftlichen und städtebaulichen Visionen und Herausforderungen dieser Zeit wider. Von den Anfängen als „Chemiearbeiterstadt“ bis zur heutigen Eingemeindung und dem stetigen Wandel hat Halle-Neustadt eine bemerkenswerte Entwicklung durchlaufen, die ihren Charakter bis heute prägt.

Wie hoch ist der Ausländeranteil in Halle-Neustadt?
Der Ausländeranteil von 20,1 % war sowohl im halleschen als auch im bundesdeutschen Vergleich überdurchschnittlich. Auch die Arbeitslosenquote in der Südlichen Neustadt 2015 lag mit 17,4 % auf einem für deutsche und hallesche Verhältnisse vergleichsweise hohen Niveau.

Eine Stadt entsteht: Planung und frühe Jahre

Die Notwendigkeit neuen Wohnraums für die wachsende Bevölkerung Halles bestand schon lange, doch schwierige geologische und hydrologische Bedingungen westlich der Altstadt verzögerten Pläne. Die eigentliche Geburtsstunde von Halle-Neustadt schlug 1958 mit dem „Chemieprogramm der DDR“. Um Arbeitskräfte für die nahegelegenen Buna- und Leunawerke anzusiedeln, wurde 1963 der Aufbau einer „Chemiearbeiterstadt“ beschlossen. Chefarchitekt Richard Paulick und sein Team planten die neue Stadt abseits der Chemieanlagen am Rande der Saaleaue, teilweise auf dem Gelände der abgerissenen Ortschaft Passendorf.

Am 1. Februar 1964 nahm ein Plattenwerk die Produktion auf, das die notwendigen Betonfertigteile lieferte. Nur wenige Monate später, am 15. Juli 1964, wurde der Grundstein für die neue sozialistische Wohnstadt gelegt. Bereits am 9. August 1965 zogen die ersten Mieter ein. Die rasante Entwicklung führte dazu, dass die neue Siedlung, ursprünglich als Stadtteil Halle-West geplant, am 12. Mai 1967 zur eigenständigen und kreisfreien Stadt Halle-Neustadt erklärt wurde. Sie war zunächst in drei Richtungen von Halle umschlossen und grenzte in einer Richtung an Gemeinden des damaligen Saalkreises. Von 1970 bis 1990 stand Liane Lang an der Spitze der Stadtverwaltung. Für die Stadt wurde ein eigener Friedhof angelegt. Die Stadt trug fortan den Beinamen „Sozialistische Stadt der Chemiearbeiter“. Auch sowjetische Soldaten und ihre Familien wohnten in zahlreichen Blöcken im nördlichen Stadtgebiet.

Ein charakteristisches Merkmal der frühen Jahre war der Verzicht auf Straßennamen. Stattdessen wurden Wohnblöcke und Eingänge nach einem komplexen Nummerierungssystem bezeichnet, das sich am Kreuz „Magistrale/S-Bahn“ orientierte. Dieses System wurde erst nach der Wende zugunsten traditioneller Straßennamen abgeschafft. Die Einwohnerzahl stieg schnell an und erreichte Ende 1980 mit 93.578 Einwohnern ihren Höchstwert.

Architektur und Struktur

Das Stadtbild von Halle-Neustadt wird maßgeblich von der industriellen Plattenbauweise geprägt. Das Wohngebiet gliedert sich in acht Wohnkomplexe. Jeder dieser Komplexe war ursprünglich als weitgehend autarke Einheit konzipiert und verfügte über Infrastruktureinrichtungen wie Schulen (oft als Kinderkombinationen mit Kindergarten und Kinderkrippe), Jugendklubs, Buchhandlungen, Bibliotheken, Kaufhallen und Arztpraxen. Heute findet sich in jedem Komplex mindestens ein Supermarkt.

Im Zentrum der Stadt, unmittelbar nördlich der Magistrale, erheben sich die wohl bekanntesten Bauwerke: die fünf, ab 1970 errichteten Scheiben A, B, C, D und E. Diese 18-geschossigen Hochhäuser wurden in Hallescher Monolithbauweise mit einem industriellen Schalungssystem gebaut und dienten ursprünglich als Studenten- und Arbeiterwohnheime. Nach der Wende standen einige der Scheiben lange leer. Die Scheibe A wurde saniert und wird seit 2021 von der Stadtverwaltung genutzt. Die Scheibe C wird ebenfalls saniert, während die Scheiben B und E (oberhalb des Erdgeschosses) sowie Teile der Scheibe D (abgesehen vom Jobcenter im Erdgeschoss) derzeit leer stehen oder nur gewerblich genutzt werden.

Ein weiteres architektonisches Highlight und das größte Wohnhaus, das je in der DDR gebaut wurde, ist der 380 Meter lange, elfgeschossige Wohnblock „Block 10“ im ersten Wohnkomplex. Um diesen massiven Riegel für Fußgänger passierbar zu machen, wurden drei Durchgänge integriert. Einst lebten hier bis zu 2500 Menschen.

Trotz der ambitionierten Planung blieben wesentliche zentrale Infrastruktureinrichtungen wie ein Hotel oder ein großes Warenhaus in der DDR-Zeit unvollendet. Dies trug dazu bei, dass Halle-Neustadt von vielen als reine Schlafstadt wahrgenommen wurde, deren Bewohner hauptsächlich im Schichtrhythmus der Chemiewerke lebten. Ein geplantes, architektonisch herausragendes Kulturzentrum im Stadtzentrum wurde aus Kostengründen nie verwirklicht. Stattdessen wurde 1982 das Kino Prisma eröffnet, das allerdings 1999 einem Einkaufszentrum weichen musste.

Wie hoch ist der Ausländeranteil in Halle-Neustadt?
Der Ausländeranteil von 20,1 % war sowohl im halleschen als auch im bundesdeutschen Vergleich überdurchschnittlich. Auch die Arbeitslosenquote in der Südlichen Neustadt 2015 lag mit 17,4 % auf einem für deutsche und hallesche Verhältnisse vergleichsweise hohen Niveau.

Verkehr und Erschließung

Die verkehrstechnische Hauptschlagader von Halle-Neustadt ist die Magistrale, eine große, vierspurige Allee, die in Ost-West-Richtung verläuft. In der Mitte der Magistrale verläuft eine moderne Straßenbahntrasse der HAVAG, die den Stadtteil mit der Altstadt von Halle verbindet. Diese Strecke wurde nach der Wende neu gebaut, da eine geplante zentrale Straßenbahnlinie entlang der Magistrale zu DDR-Zeiten nicht realisiert wurde.

Neben der Magistrale gibt es eine weitere Straßenbahnverbindung am Nordostrand von Halle-Neustadt, die den Stadtteil mit Heide-Süd und Kröllwitz verbindet. Der öffentliche Personennahverkehr wurde und wird maßgeblich durch Busse und die S-Bahn getragen. Eine Strecke der S-Bahn Mitteldeutschland verläuft in einem Tunnel von Nord nach Süd durch Halle-Neustadt. Hier befinden sich der Tunnelbahnhof Halle-Neustadt und der S-Bahnhof Zscherbener Straße, die eine direkte Verbindung, insbesondere für Pendler zu den ehemaligen Chemiekombinaten, boten.

Von der Magistrale zweigen kleinere Erschließungsstraßen in die Wohnkomplexe ab, von denen wiederum noch kleinere Straßen zu den einzelnen Wohnblöcken führen. Ein weitläufiges Netz aus Fuß- und Radwegen durchzieht das gesamte Gebiet. Die Bundesstraße 80 umfährt Halle-Neustadt im Süden als kreuzungsfreie Schnellstraße und stellt am westlichen Rand die Verbindung zur Bundesautobahn 143 her.

Grünflächen und Erholung

Trotz der dichten Bebauung mit Plattenbauten wurde bei der Planung von Halle-Neustadt Wert auf Grünflächen gelegt. Die Wohnblöcke sind fast durchgängig in Grünflächen eingebettet. Zusätzlich gibt es größere Parkanlagen wie den Südpark, der sich entlang eines Altwassers der Saale erstreckt. Südöstlich des Südparks liegt die Saaleaue mit einem alten Schifffahrtskanal und einer renaturierten Kiesgrube. Ein langgestreckter Landschaftspark bildet einen Großteil des Nordrandes von Halle-Neustadt. Nördlich des Zentrums lädt der Bruchsee in einem alten Muschelkalk-Steinbruch zur Erholung ein.

Für sportliche Aktivitäten stehen im Winter eine Schwimmhalle und im Sommer drei Freibäder in der näheren Umgebung zur Verfügung. Verschiedene Sportvereine nutzen Sportplätze und Sportstätten. Des Weiteren gibt es eine provisorische Eissporthalle (nach Zerstörung der alten Halle durch Hochwasser neu gebaut) und eine Pferderennbahn.

Wirtschaft und Gewerbe

Im Südwesten von Halle-Neustadt liegt das Gewerbegebiet Neustadt. Hier haben sich Unternehmen angesiedelt, darunter die Coca-Cola Company mit einer Flaschenfabrik und Abfüllstation. Die Automatenfabrik Gollmann Kommissioniersysteme GmbH beschäftigt hier 400 Mitarbeiter (Stand 2024). Nördlich von Halle-Neustadt, getrennt durch einen Landschaftspark, befindet sich der Weinberg Campus, ein wichtiger Wissenschafts-, Forschungs- und Wirtschaftsstandort mit Instituten der Martin-Luther-Universität und anderen Forschungseinrichtungen.

Wendezeit und Transformation

Die bedeutendste Zäsur in der Geschichte von Halle-Neustadt war die Eingemeindung in die Stadt Halle (Saale) am 6. Mai 1990, beschlossen im Zuge der Kommunalwahl. Seither bilden die ehemaligen Stadtgebiete die Stadtteile Nördliche, Südliche und Westliche Neustadt sowie das Gewerbegebiet Neustadt im Stadtbezirk West von Halle. Mit der politischen Wende begann ein tiefgreifender Wandel.

Wie hoch sind die Hochhäuser in Halle-Neustadt?
MetadatenHerstellerCanonHöhe108,5 Meter über dem MeeresspiegelBezeichnungKameraausrichtungNormalHorizontale Auflösung240 dpi

Die Einwohnerzahl, die zu DDR-Zeiten stark gestiegen war, halbierte sich in den folgenden Jahrzehnten nahezu. Ende März 2024 lag die Einwohnerzahl bei 47.270. Der zunehmende Wohnungsleerstand, insbesondere in den größeren Elfgeschossern, führte zur Einleitung des Programms „Stadtumbau Ost“. Im Rahmen dieses Programms werden einige Wohnblöcke abgerissen, während andere saniert werden, um die Wohnqualität zu verbessern. Die Generation der Erstmieter, viele von ihnen heute Rentner, wohnt oft noch gerne in diesem Stadtteil, auch wenn er sich mancherorts zu einem sozialen Brennpunkt entwickelt hat.

Parallel zum Rückbau wurde die Infrastruktur verbessert. Die Straßenbahnstrecke auf der Magistrale wurde neu gebaut, und mehrere Supermärkte und Einkaufszentren entstanden, darunter das Neustadt-Centrum im Jahr 2000. Fußgängertunnel wurden teilweise durch oberirdische Querungen mit Ampeln ersetzt, um den Fahrzeugverkehr zu beruhigen.

Die Region um Halle-Neustadt ist auch geologisch aktiv. Am 11. September 1996 erschütterte ein Erdbeben mit einer Stärke von 5,6 die Stadt, verursacht durch einen Gebirgsschlag im Bergwerk Teutschenthal. Auch Naturereignisse beeinflussten das Stadtbild: Beim Saalehochwasser im Juni 2013 waren östliche Teile Halle-Neustadts von Überflutung bedroht, und der Deich am Gimritzer Damm stand kurz vor dem Bruch. Die alte Eissporthalle, beschädigt durch das Hochwasser, musste abgerissen und 2014 durch einen Neubau ersetzt werden.

Ein markantes Beispiel für den Wandel ist die Sanierung der Scheibe A im Stadtzentrum, die nach jahrelangem Leerstand als Verwaltungsstandort für die Stadt Halle hergerichtet wurde, ein Projekt, das nach einem Volksentscheid realisiert wurde und 2021 abgeschlossen war.

Kunst im Stadtraum

Im Gegensatz zu späteren Großwohnsiedlungen der DDR wurde Halle-Neustadt großzügig mit Kunst am Bau versehen. Zahlreiche Skulpturen, Brunnen und Wandgemälde wurden von bekannten Künstlern wie Josep Renau, Willi Sitte und Gerhard Lichtenfeld geschaffen. Für die einzelnen Wohnkomplexe und das Zentrum wurden spezifische Themen vorgegeben, die sich in den Kunstwerken spiegeln sollten, wie „Freundschaft der Völker“, „Die Rolle der Chemischen Industrie“ oder „Sieg der Arbeiterklasse“. Ab 1969 wurde ein Kunstpreis der Stadt Halle-Neustadt vergeben.

Hallesche Küche - Ein Blick über den Tellerrand

Auch wenn Halle-Neustadt selbst primär eine Wohnstadt war, lohnt sich ein Blick auf die kulinarische Tradition der Gesamtstadt Halle (Saale). Historisch war die hallesche Küche deftig, geprägt von der Salzgewinnung, dem Brauwesen und der Schweinezucht. Flusskrebse, Muscheln und Fische aus der Saale ergänzten den Speiseplan. Berühmte historische Gerichte sind die halleschen Lerchengerichte, der Hallorenkuchen, die Schlackwurst und die Soleier. Die hallesche Küche unterlag zudem Einflüssen durch Einwanderungswellen. Heute ist es nicht immer einfach, authentische hallesche Gerichte zu finden, da das gastronomische Angebot international geprägt ist. Einige Restaurants in der Altstadt, wie das Dorint-Hotel oder das Hallesche Brauhaus, bemühen sich jedoch, traditionelle oder neu interpretierte hallesche Speisen anzubieten, wie den Salzbraten oder den Bierbratwursttaler.

Bevölkerungsentwicklung im Überblick

JahrEinwohnerzahlAnmerkung
Ende 1972ca. 51.600
Ende 198093.578Höchstwert
März 202447.270Nach Eingemeindung in Halle

Häufig gestellte Fragen zu Halle-Neustadt

Wann wurde Halle-Neustadt gegründet?
Die Siedlung wurde am 12. Mai 1967 zur eigenständigen Stadt erklärt. Der Grundstein für den Bau wurde bereits am 15. Juli 1964 gelegt.

Was wird in Halle-Neustadt gebaut?
Am Zollrain in Halle-Neustadt hat der Bau für ein neues Seniorenheim begonnen. Insgesamt 124 Bewohner sollen hier betreut werden. Dazu kommen 34 betreute Wohnungen. In der dazugehörigen Tiefgarage sind 22 Stellplätze vorgesehen.

Warum wurde Halle-Neustadt gebaut?
Halle-Neustadt wurde als „Sozialistische Stadt der Chemiearbeiter“ geplant und errichtet, um Wohnraum für die Arbeitskräfte der nahegelegenen Buna- und Leunawerke zu schaffen.

Was sind die „Scheiben“?
Die „Scheiben“ sind fünf markante, 18-geschossige Hochhäuser im Zentrum von Halle-Neustadt, die ab 1970 in Plattenbauweise errichtet wurden und ursprünglich als Wohnheime dienten.

Was ist die Magistrale?
Die Magistrale ist eine große, vierspurige Allee, die in Ost-West-Richtung durch Halle-Neustadt verläuft und als Hauptverkehrsader dient, inklusive einer modernen Straßenbahntrasse.

Wie hat sich die Einwohnerzahl seit der Wende entwickelt?
Seit der Eingemeindung nach Halle im Jahr 1990 hat sich die Einwohnerzahl von Halle-Neustadt etwa halbiert, von einem Höchstwert von über 93.000 auf aktuell rund 47.000.

Was bedeutet „Stadtumbau Ost“ für Halle-Neustadt?
Im Rahmen des Programms „Stadtumbau Ost“ erfolgen in Halle-Neustadt sowohl der Rückbau (Abriss) von Wohnblöcken mit hohem Leerstand als auch die Sanierung des bestehenden Wohnungsbestandes, um die Wohnqualität zu verbessern.

Was ist der „Block 10“?
Der „Block 10“ im ersten Wohnkomplex ist ein 380 Meter langer, elfgeschossiger Wohnblock und war das größte Wohnhaus, das je in der DDR gebaut wurde.

Halle-Neustadt bleibt ein faszinierendes Beispiel für die Planstädte der DDR und steht heute symbolisch für den Wandel und die Herausforderungen, denen sich viele ostdeutsche Städte nach 1990 gegenübersahen. Ihre Geschichte, ihre einzigartige Architektur und die laufenden Bemühungen um Sanierung und Belebung machen sie zu einem spannenden Stadtteil, der seine Vergangenheit nicht verleugnet, aber stetig versucht, sich neu zu erfinden.

Hat dich der Artikel Halle-Neustadt: Von der Planstadt zur Gegenwart interessiert? Schau auch in die Kategorie Gastronomie rein – dort findest du mehr ähnliche Inhalte!

Avatar-Foto

Bruno Auerei Leimen

Ich heiße Bruno Auerei Leimen und wurde 1979 in Heidelberg geboren. Seit über zwanzig Jahren widme ich mich leidenschaftlich der Entdeckung der kulinarischen Vielfalt Deutschlands. Nach meinem Studium der Literatur und des Journalismus an der Universität München habe ich es mir zur Aufgabe gemacht, meine Liebe zum Schreiben mit meiner Neugier für authentische regionale Küche zu verbinden. Heute arbeite ich als Gastronomiekritiker, habe drei Bücher über kulinarische Reisen veröffentlicht und schreibe regelmäßig für renommierte Magazine. Besonders schlägt mein Herz für traditionelle Gerichte und handwerklich gebrautes Bier.

Go up