Wer schreibt Restaurantkritiken?

Die Welt der Restaurantkritiker: Mehr als nur Essen

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Wenn wir ein neues Restaurant ausprobieren möchten oder uns fragen, wo wir den perfekten Abend verbringen können, verlassen wir uns oft auf die Meinungen anderer. Doch wer sind diese Stimmen, die Restaurants bewerten, Speisen analysieren und uns durch die kulinarische Landschaft führen? Es sind die Menschen, die schreiben – oft bekannt als Restaurantkritiker oder Food Writer.

Wer schreibt Restaurantkritiken?
Ein Lebensmittelkritiker, Lebensmittelautor oder Restaurantkritiker ist ein Autor, der Lebensmittel oder Restaurants analysiert und die Ergebnisse seiner Erkenntnisse anschließend der Öffentlichkeit zugänglich macht.

Obwohl die Begriffe „Food Critic“ und „Restaurant Critic“ in der Praxis oft synonym verwendet werden, gibt es tatsächlich eine Unterscheidung, die die Entwicklung dieses Berufsfeldes widerspiegelt. Beide implizieren eine kritische, bewertende Haltung, die häufig ein Bewertungssystem einschließt. Der Unterschied, falls vorhanden, liegt im Spektrum der Untersuchung.

Die Entwicklung der Rollen: Vom Restaurantkritiker zum Food Critic

Der traditionelle Titel „Restaurant Critic“ (Restaurantkritiker) bezeichnete ursprünglich eine etwas eingeschränktere Sphäre der Tätigkeit. Man konzentrierte sich auf formelle, traditionelle Restaurants, vielleicht sogar mit einem besonderen Fokus auf Küchen wie die französische, die lange als Maßstab galten. Es ging um das Erlebnis in einem klassischen Restaurant-Setting.

Der Begriff „Food Critic“ (Food-Kritiker) hat eine zeitgemäßere Bedeutung erlangt. Er suggeriert, dass Restaurants, Bäckereien, Essensfestivals und sogar Straßenverkäufer legitime Ziele für eine kritische Begutachtung sind. Diese erweiterte Perspektive spiegelt eine Veränderung in der Wahrnehmung dessen wider, was als „feines Essen“ oder einfach nur als erwähnenswerte kulinarische Erfahrung gilt. Ein herausragendes Beispiel für diesen Trend war Jonathan Gold von L.A. Weekly und der Los Angeles Times, der als erster Food Critic den Pulitzer-Preis gewann. Seine Arbeit zeigte, dass bedeutende kulinarische Erlebnisse nicht auf teure, gehobene Lokale beschränkt sein müssen.

Diese Entwicklung in der Praxis, wenn nicht immer in der Terminologie, wird oft Ruth Reichls Ankunft bei der New York Times zugeschrieben, wo sie Bryan Miller ersetzte. In einer Reihe gut dokumentierter Vorfälle beschwerte sich Miller, dass Reichl „SoHo-Nudelläden 2 und 3 Sterne gab“ und damit das Bewertungssystem zerstörte, das von Persönlichkeiten wie Craig Claiborne, Mimi Sheraton und ihm selbst aufgebaut worden war. Diese Kontroverse verdeutlichte den Wandel: Die neue Generation von Kritikern war bereit, auch weniger formelle oder ethnische Lokale ernsthaft zu bewerten, was das Feld der Gastronomie-Kritik revolutionierte.

Der breitere Begriff: Der Food Writer

„Food Writer“ (Food-Schreiber) wird oft als umfassender Begriff verwendet, der jemanden beschreibt, der über Essen und Restaurants schreibt. Diese Bezeichnung ist breiter und kann verschiedene Schwerpunkte umfassen. Zum Beispiel wird Ruth Reichl oft als Food Writer/Herausgeberin beschrieben, die im Laufe ihrer Karriere auch als Restaurantkritikerin für die New York Times und die Los Angeles Times tätig war. Dies zeigt, dass die Rollen oft überlappen und ein Food Writer durchaus auch ein Kritiker sein kann.

Es gibt jedoch auch Food Writer, die sich weniger oder gar nicht auf Restaurantkritiken konzentrieren. R.W. „Johnny“ Apple wurde ebenfalls als Food Writer beschrieben, war aber nie ein ausgewiesener Restaurantkritiker. Dennoch schrieb er häufig über Restaurants, wenn er auf Reisen nach gutem Essen suchte. Für ihn war das Restaurant eher ein Teil einer größeren kulinarischen oder reisenden Erzählung.

Calvin Trillin schreibt viel über Essen (neben anderen Themen) und ist dafür bekannt, gelegentlich über bestimmte Restaurants zu schreiben, wie zum Beispiel Arthur Bryant’s oder Diedee’s. Aber Restaurants spielen in seinen Texten eine weniger prominente Rolle als bei Apple. Richard Olney schließlich war ebenfalls ein bekannter Food Writer, schrieb aber selten, wenn überhaupt, über Restaurants. Sein Fokus lag eher auf Kochen, Zutaten und kulinarischer Geschichte.

Sichtbarkeit und Medien der Kritik

Im Großteil des letzten Jahrhunderts waren die sichtbarsten Food Critics diejenigen, die für Tageszeitungen auf der ganzen Welt schrieben, sowie einige wenige, die Restaurantkritiker für einflussreiche Magazine waren, wie zum Beispiel Gourmet in den Vereinigten Staaten. Printmedien boten die notwendige Plattform für detaillierte Beschreibungen und fundierte Urteile. Die Flüchtigkeit von Radio und Fernsehen bedeutete, dass sehr wenige Food Critics diese Medien effektiv nutzten – im Gegensatz zu Köchen, die alle Medien mit großem Erfolg einsetzten.

Es gab Ausnahmen, wie zum Beispiel die BBC-Sendung „The Food Programme“, die sich kritisch mit Essen und Produktion auseinandersetzt. Hugh Fearnley-Whittingstall nutzte ebenfalls sowohl Rundfunk- als auch Printmedien, um sich auf die Lebensmittelproduktion und nicht auf die Präsentation zu konzentrieren. Dies unterstreicht, dass Medien zwar genutzt wurden, der klassische Restaurantkritiker jedoch lange Zeit in der Zeitung oder im Magazin zu Hause war.

Stile und Persönlichkeiten in der Gastronomie-Kritik

Restaurantkritiker unterscheiden sich stark in ihrem Schreibansatz. Die Stile reichen von scharfzüngig (acerbic) bis witzig und humorvoll. A.A. Gill aus London war bekannt für seine oft beißenden Kommentare. Morgan Murphy, bekannt als „America’s Funniest Food Critic“, oder Terry Durack von „The Independent on Sunday“ nutzten Humor, um ihre Einschätzungen zu vermitteln.

Andere Kritiker verfolgen einen erfahreneren, fundierten Ansatz, der zeigt: „Ich war schon da, ich habe das erlebt“ (been there done that), wie es Ruth Reichl von Gourmet und früher der New York Times tat. Ihre Texte zeugten oft von tiefer Kenntnis und persönlicher Erfahrung.

Weitere bemerkenswerte Kritiker sind Patricia Wells vom International Herald Tribune, die kenntnisreiche und scharfsinnige Artikel über Essen und Restaurants schrieb und gelegentlich eher das „Schwert“ als ihren üblichen geschmeidigen Stil einsetzte. R. W. Apple Jr. von der New York Times schrieb lange, nachdenkliche Artikel über seine Reisen durch die Welt auf der Suche nach großartigem Essen – seine Kritiken waren oft eingebettet in eine breitere Reiseerzählung.

Giles Coren ist bekannt für die Moderation der Sendung „Million Dollar Critic“, in der er Restaurants in Kanada und den Vereinigten Staaten bewertet, wobei er sich auf die Qualität des Services, den Geschmack des Essens und die Atmosphäre konzentriert. Er war auch Kolumnist für The Times, GQ, Tatler & The Independent, was seine Vielseitigkeit als Food Writer und Kritiker zeigt.

Auszeichnungen und Rekorde

Die Arbeit von Restaurantkritikern wird auch anerkannt und ausgezeichnet. Brad A. Johnson in Los Angeles ist der einzige amerikanische Restaurantkritiker, der sowohl den begehrten James Beard Award als auch den Le Cordon Bleu World Food Media Award für Restaurantkritik gewonnen hat. Diese Auszeichnungen würdigen Exzellenz im Bereich der kulinarischen Berichterstattung und Kritik.

Es gibt auch bemerkenswerte Rekorde in diesem Feld. Der Rekord für die meisten von einem Food Critic verzehrten Mahlzeiten liegt bei beeindruckenden 46.000. Dieser Rekord wurde von Fred E. Magel aus Chicago aufgestellt, der diese Mahlzeiten in 60 Ländern über eine 50-jährige Karriere hinweg aß. Eine solche Zahl verdeutlicht das immense Engagement, das einige Kritiker in ihre Arbeit investierten.

Regionale Stimmen

Neben den national und international bekannten Namen gibt es unzählige regionale Food Critics. Sie schreiben wöchentliche und monatliche Kritiken über die besten Lokale in ihren jeweiligen Städten. Beispiele sind Nancy Leson in Seattle, Pat Nourse in Sydney, Cooper Adams in Albany sowie Stephen Downes und John Lethlean in Melbourne. Diese regionalen Kritiker spielen eine entscheidende Rolle dabei, den Menschen vor Ort Orientierung in der Gastronomieszene ihrer Heimat zu bieten.

Vergleich der Rollen

RolleSchwerpunktSpektrumBeispiele (basierend auf Text)
RestaurantkritikerBewertung von RestaurantsTraditionell eher formelle RestaurantsBryan Miller, Mimi Sheraton, Craig Claiborne
Food CriticBewertung von Essen und LokalenBreiter: Restaurants, Food Trucks, Festivals, etc.Jonathan Gold, Ruth Reichl (auch Kritikerin), Brad A. Johnson
Food WriterSchreiben über EssenSehr breit: Kochen, Zutaten, Geschichte, Reisen, gelegentlich RestaurantsRuth Reichl (auch Kritikerin), R.W. Apple Jr., Calvin Trillin, Richard Olney, Giles Coren

Häufig gestellte Fragen (FAQs)

Was ist der Hauptunterschied zwischen einem Food Critic und einem Restaurantkritiker?
Traditionell konzentrierte sich der Restaurantkritiker auf formelle Restaurants, während der modernere Food Critic ein breiteres Spektrum abdeckt, einschließlich weniger formeller Lokale, Food Trucks und Festivals.

Ist jeder, der über Essen schreibt, ein Restaurantkritiker?
Nein. „Food Writer“ ist ein breiterer Begriff. Ein Food Writer kann über viele Aspekte des Essens schreiben (Kochen, Zutaten, Kultur) und muss sich nicht zwangsläufig auf Restaurantbewertungen konzentrieren, obwohl viele Kritiker auch Food Writer sind.

Welche Medien nutzen Restaurantkritiker am häufigsten?
Historisch gesehen waren Zeitungen und einflussreiche Magazine die wichtigsten Plattformen für Restaurantkritiker. Radio und Fernsehen wurden weniger effektiv genutzt als für Köche.

Gibt es verschiedene Schreibstile unter Kritikern?
Ja, der Text erwähnt verschiedene Stile wie scharfzüngig, witzig/humorvoll, erfahren und kenntnisreich.

Wie viele Mahlzeiten hat der Kritikerrekordhalter gegessen?
Fred E. Magel hält den Rekord mit 46.000 Mahlzeiten, die er in 60 Ländern über 50 Jahre hinweg aß.

Wer sind einige bekannte Restaurantkritiker oder Food Writer?
Bekannte Namen aus dem Text sind Ruth Reichl, Jonathan Gold, A.A. Gill, Patricia Wells, R.W. Apple Jr., Calvin Trillin, Brad A. Johnson und Giles Coren, um nur einige zu nennen.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Welt der Menschen, die über Essen und Restaurants schreiben, vielfältig und faszinierend ist. Von den traditionellen Restaurantkritikern, die sich auf formelle Lokale konzentrierten, bis zu den modernen Food Writern, die ein breiteres Spektrum abdecken und unterschiedliche Stile pflegen, spielt jeder eine Rolle dabei, uns zu informieren und zu inspirieren. Die Entwicklung dieses Berufsfeldes spiegelt den Wandel unserer eigenen Essgewohnheiten und Interessen wider, während bemerkenswerte Rekorde und Auszeichnungen die Hingabe und den Einfluss dieser Schreiberlinge unterstreichen.

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Bruno Auerei Leimen

Ich heiße Bruno Auerei Leimen und wurde 1979 in Heidelberg geboren. Seit über zwanzig Jahren widme ich mich leidenschaftlich der Entdeckung der kulinarischen Vielfalt Deutschlands. Nach meinem Studium der Literatur und des Journalismus an der Universität München habe ich es mir zur Aufgabe gemacht, meine Liebe zum Schreiben mit meiner Neugier für authentische regionale Küche zu verbinden. Heute arbeite ich als Gastronomiekritiker, habe drei Bücher über kulinarische Reisen veröffentlicht und schreibe regelmäßig für renommierte Magazine. Besonders schlägt mein Herz für traditionelle Gerichte und handwerklich gebrautes Bier.

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