Was isst man in Paderborn?

Kulinarische Reise durch Westfalen

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Wenn man sich fragt: „Was isst man in Paderborn?“, dann taucht man unweigerlich in die Welt der westfälischen Küche ein. Paderborn liegt mitten in dieser traditionsreichen Region Deutschlands, deren Speisen Ausdruck ihrer landschaftlichen und geschichtlichen Besonderheiten sind. Die westfälische Küche mag im weiteren Sinne Teil der norddeutschen Kochtraditionen sein, doch sie besitzt ihren ganz eigenen Charakter, der sie von anderen Regionen unterscheidet.

Was isst man in Paderborn?
TYPISCHE TRADITIONELLE GERICHTEApfel im Schlafrock.Blindhuhn.Blutgemüse.Brotpfannekuchen.Errötendes Mädchen.Graupensuppe.Graute Bohnen mit Speck – Eintopfgericht mit Ackerbohnen, Schweinefleisch und Kartoffeln.Hasenpfeffer.

Anders als in manch anderen norddeutschen Gebieten ist die westfälische Küche zwar auch für herzhafte und teils deftige Speisen bekannt, die Kombination aus fettig, süß und warm ist hier jedoch weniger extrem ausgeprägt als beispielsweise in Niedersachsen oder Schleswig-Holstein. Typisch für die Region sind unter anderem die Verwendung von Rotkohl statt Blaukohl, ein eher sparsamer Umgang mit Schmalz und Knoblauch. Da Westfalen eine Binnenlandregion ist, spielt Fisch traditionell eine eher untergeordnete Rolle auf dem Speiseplan. Stattdessen prägen Fleisch, Kartoffeln, verschiedene Kohlsorten und natürlich herzhaftes Brot die Gerichte. Es gibt enge kulinarische Bezüge nicht nur zur niedersächsischen, sondern auch zur niederländischen und rheinischen Küche, was die Vielfalt der westfälischen Spezialitäten erklärt.

Deftige Klassiker: Fleischgerichte und Eintöpfe

Die westfälische Küche ist reich an traditionellen Fleischgerichten, die oft auf eine lange Geschichte zurückblicken. Eines der bekanntesten ist der Pfefferpotthast, ein Ragout aus Rindfleisch, das bereits im 14. Jahrhundert in einer Dortmunder Chronik erwähnt wurde. Es ist ein Gericht, das durch lange Schmorzeit seinen intensiven Geschmack entwickelt.

Ein weiterer Klassiker ist Panhas, eine Art Fleischpastete, die häufig mit Buchweizenmehl zubereitet wird. Töttchen ist ein gekochtes Kalbfleischgericht mit einer Zwiebel-Senf-Soße, das besonders im Münsterland beliebt ist. Im mittleren Westfalen, vom nördlichen Sauerland über die Hellwegbörden bis ins Osnabrücker und Tecklenburger Land, findet man Möppkenbrot, eine spezielle Blutwurst. Auch die Zubereitung von dicken Bohnen mit Speck ist typisch für Westfalen.

Das Sauerland steuert weitere Spezialitäten bei, wie Potthucke, eine Art Kartoffelauflauf oder -puffer, und Knochenwurst. Ein besonders anschaulich benanntes Gericht ist Blindhuhn, ein deftiger Eintopf, der seinen Namen der Überlieferung nach erhalten hat, weil selbst ein blindes Huhn in diesem reichhaltigen Gericht etwas Schmackhaftes finden muss. Zu jeder Tageszeit beliebt und in vielen westfälischen Bäckereien und Metzgereien zu finden sind Zwiebelmettbrötchen. Im westlichen Münsterland kennt man den Knockepott. Viele dieser Gerichte entstanden traditionell im Rahmen von sogenannten Schlachtfesten, bei denen die Reste der Hausschlachtung verwertet wurden und die oft ein geselliges Ereignis für die Hofgemeinschaft und Nachbarn waren.

Brotkultur und Gebäck

Wenn man über westfälische Spezialitäten spricht, darf man das Brot nicht vergessen. Das dunkle, malzige Vollkornbrot Pumpernickel hat seinen Ursprung in Westfalen und ist heute weit über die Region hinaus bekannt. Traditionell wird es aus Roggenschrot, Wasser und Salz gebacken, oft über sehr lange Zeit bei niedriger Temperatur, was ihm seine charakteristische Süße und Textur verleiht.

In der Adventszeit gehört der Stutenkerl zum westfälischen Brauchtum. Dieses Gebildbrot aus Hefeteig wird in Westfalen stets mit einer weißen Tonpfeife versehen. Ebenfalls verbreitet ist der Struwen, ein in Fett ausgebackener Hefeteig mit Rosinen, der auch im Rheinland bekannt ist. Über das Land Lippe ist zudem der Pickert, eine Art Kartoffelpuffer, eng mit der westfälischen Küche verbunden. Das Roggenmischbrot Paderborner Landbrot ist ebenfalls überregional bekannt und beliebt.

Flüssige Spezialitäten: Bier und Korn

Westfalen ist auch eine Region mit einer ausgeprägten Brautradition. Westfälisches Bier ist, heute meist als Pils, weit verbreitet. Neben großen, international bekannten Marken wie Warsteiner und Veltins (beide im Sauerland), Herforder (Ostwestfalen-Lippe) und Krombacher (Siegerland) gibt es zahlreiche eher regional ausgerichtete Brauereien. Dazu gehören das Detmolder (Ostwestfalen-Lippe), Barre in Lübbecke, Moritz Fiege in Bochum oder das Bio-Bier Pinkus aus dem Münsterland.

Dortmund war einst die Stadt mit dem höchsten Bierausstoß in Deutschland und Europa, begünstigt durch die Nachfrage aus dem Ruhrgebiet. Bekannte Dortmunder Marken sind unter anderem DAB, Dortmunder Kronen und Brinkhoff’s. Historisch wurde in Westfalen bis ins 19. Jahrhundert überwiegend obergäriges Altbier gebraut. Mit dem Aufkommen untergäriger Brauverfahren erschien ab 1843 das Dortmunder Helle auf dem Markt, ein Exportbier, das schnell sehr populär wurde.

Eine regionale Besonderheit ist das Biermischgetränk Flieger in der Gegend um Rheda-Wiedenbrück, eine Mischung aus Pils und Emsgold, einer regionalen Apfelsinenlimonade. Die Privat-Brauerei Hohenfelde bietet diese Mischung sogar fertig in Flaschen an.

Neben Bier spielen auch Spirituosen eine Rolle. Bedeutende westfälische Spirituosen sind der Steinhäger, ein Wacholderschnaps, sowie wie in ganz Norddeutschland der Weizen- und Roggenkorn (Kornbrand).

Weitere westfälische Genüsse

Ein weiteres Aushängeschild der Region ist der Westfälische Schinken. Er wird seit dem Frühmittelalter in verschiedenen Gebieten Westfalens, wie der Münsterländer Tieflandsbucht, dem Osnabrücker Land, dem Sauerland und der Grafschaft Bentheim, hergestellt. Es gibt ihn in geräucherter und luftgetrockneter Form. Charakteristisch ist, dass er nie so stark geräuchert oder dunkel ist wie beispielsweise der Schwarzwälder Schinken. In Meschede im Sauerland wird Sauerländer Schinken seit dem 18. Jahrhundert in Familientradition produziert. Darüber hinaus ist Versmold eines der Zentren der deutschen Wurstherstellung.

In den meisten örtlichen Metzgereien sind auch heute noch regionaltypische Zubereitungen erhältlich, selbst wenn nicht alle traditionellen Gerichte flächendeckend verbreitet sind. Dazu gehören Möpkenbrot, Rinderwurst, Kohlwürstchen (besonders im Winter), Panhas, Leber- oder Wurstebrot. Regional allgemein bekannt und geschätzt sind auch westfälische Mettendchen, kleine, geräucherte Mettwürste.

Historische Einblicke und heutige Verbreitung

Die lange Geschichte der westfälischen Küche wird eindrucksvoll im sogenannten „Westfälischen Abendmahl“ in der Wiesenkirche in Soest dargestellt. Auf diesem alten Glasfenster feiern Jesus und seine Jünger das Abendmahl nicht mit Brot und Wein im biblischen Sinne, sondern mit typisch westfälischen Produkten: Schinken, dunklem Brot, Schweinskopf, Schnaps und Bier – ein beredtes Zeugnis der regionalen Esskultur.

Eine berühmte Persönlichkeit, die die deutsche Kochkunst maßgeblich beeinflusste und aus Westfalen stammte, war Henriette Davidis aus Wetter-Wengern. Ihr Kochbuch enthielt zwar auch westfälische Gerichte wie Pfefferpotthast, war aber vor allem eine umfassende Sammlung von Rezepten aus vielen deutschen Regionen.

Von der traditionellen westfälischen Küche zu unterscheiden sind die eigenen Speisetraditionen im Ruhrgebiet, einem Teil Westfalens, der stark durch Zuwanderung geprägt wurde. Hier gesellten sich zu traditionellen Gerichten wie Panhas und Pfefferpotthast auch Spezialitäten der Zuwanderer, beispielsweise Königsberger Klopse aus Ostpreußen oder das Einbrennen dicker Bohnen aus der schlesischen Küche. Ein Klassiker im Ruhrgebiet, der mittlerweile weit über die Region hinaus bekannt ist (nicht zuletzt durch Herbert Grönemeyer), ist die Currywurst mit „Mantaplatte“ oder „Pommes-Schranke“.

Viele der einst weit verbreiteten traditionellen Gerichte sind heute nicht mehr überall leicht zu finden. Wo ländliche Traditionen weniger stark erhalten blieben, begegnet man der westfälischen Küche oft vor allem in der touristischen Gastronomie. Dabei handelt es sich manchmal um traditionelle Rezepte, manchmal aber auch um neuere Kreationen mit mehr oder weniger starkem regionalen Bezug. Dennoch, wie erwähnt, sind viele Fleisch- und Wurstwaren sowie das Brot (Pumpernickel, Paderborner Landbrot) und das Bier weiterhin feste Bestandteile der regionalen Identität und auch überregional oder international bekannt.

Die Vielfalt auf einen Blick

KategorieBeispiele typischer Gerichte/ProdukteKurzbeschreibung
Fleischgerichte & EintöpfePfefferpotthastDeftiges Rinderragout
PanhasFleischpastete mit Buchweizenmehl
TöttchenGekochtes Kalbfleisch mit Zwiebel-Senf-Soße (Münsterland)
MöpkenbrotBlutwurst-Spezialität (mittleres Westfalen)
BlindhuhnReichhaltiger Eintopf
Brot & GebäckPumpernickelDunkles Vollkornbrot aus Roggenschrot
Paderborner LandbrotRoggenmischbrot
StutenkerlHefeteig-Gebildbrot (Adventszeit)
PickertKartoffelpuffer (Land Lippe)
GetränkeWestfälisches BierVielfalt von Pils bis Export (z.B. Warsteiner, Veltins, Herforder, Krombacher, Detmolder)
SteinhägerWacholderschnaps
KornKornbrand (Weizen- oder Roggenkorn)
Weitere SpezialitätenWestfälischer SchinkenGeräucherter oder luftgetrockneter Schinken
MettendchenKleine, geräucherte Mettwürste

Häufig gestellte Fragen zur westfälischen Küche

Was ist das bekannteste westfälische Gericht?
Es gibt mehrere sehr bekannte Spezialitäten. Der Pfefferpotthast ist historisch bedeutsam und regional sehr bekannt. International ist jedoch Pumpernickel das wohl berühmteste Produkt aus Westfalen.

Ist Pumpernickel süß?
Ja, Pumpernickel hat eine natürliche Süße. Diese entsteht nicht durch die Zugabe von Zucker, sondern durch die lange Backzeit bei niedrigen Temperaturen, bei der die Stärke im Roggenschrot teilweise verzuckert.

Was ist der Unterschied zwischen westfälischem Schinken und Schwarzwälder Schinken?
Westfälischer Schinken ist in der Regel weniger stark geräuchert als Schwarzwälder Schinken oder wird sogar luftgetrocknet. Er ist oft heller in der Farbe und hat einen milderen Rauchgeschmack, falls geräuchert.

Trinkt man in Westfalen eher Bier oder Korn?
Beides hat Tradition. Bier ist als Alltagsgetränk und zu vielen Speisen sehr verbreitet, mit einer großen Vielfalt an regionalen Marken. Korn ist eher eine Spirituose, die oft als Digestif oder zu besonderen Anlässen getrunken wird.

Gibt es vegetarische Spezialitäten in der traditionellen westfälischen Küche?
Die traditionelle westfälische Küche ist sehr fleischlastig. Gerichte wie dicke Bohnen werden klassisch mit Speck zubereitet. Reine vegetarische Gerichte im modernen Sinne sind in den überlieferten Rezepten eher selten, abgesehen vielleicht von bestimmten Brotsorten oder einfachen Beilagen.

Die kulinarische Landschaft Westfalens, und damit auch Paderborns, ist geprägt von Herzhaftigkeit, Tradition und der cleveren Nutzung regionaler Produkte. Auch wenn einige alte Gerichte seltener geworden sind, leben viele Spezialitäten in Metzgereien, Bäckereien und in der Gastronomie weiter und erzählen die Geschichte dieser faszinierenden Region.

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Bruno Auerei Leimen

Ich heiße Bruno Auerei Leimen und wurde 1979 in Heidelberg geboren. Seit über zwanzig Jahren widme ich mich leidenschaftlich der Entdeckung der kulinarischen Vielfalt Deutschlands. Nach meinem Studium der Literatur und des Journalismus an der Universität München habe ich es mir zur Aufgabe gemacht, meine Liebe zum Schreiben mit meiner Neugier für authentische regionale Küche zu verbinden. Heute arbeite ich als Gastronomiekritiker, habe drei Bücher über kulinarische Reisen veröffentlicht und schreibe regelmäßig für renommierte Magazine. Besonders schlägt mein Herz für traditionelle Gerichte und handwerklich gebrautes Bier.

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