Insekten als Nahrungsquelle mögen für viele in westlichen Kulturen ungewohnt klingen, doch weltweit sind sie für Milliarden von Menschen eine etablierte und wichtige Proteinquelle. Die Praxis des Insektenessens, auch Entomophagie genannt, ist tief in den Traditionen vieler Regionen verwurzelt und gewinnt angesichts globaler Herausforderungen wie Bevölkerungswachstum und Nachhaltigkeit zunehmend an Bedeutung. Weit über 2.200 Insektenarten werden heute in 128 Ländern der Erde konsumiert. Doch wo genau ist das Essen von Insekten besonders verbreitet und welche Arten landen dabei auf dem Teller?
Insekten als Nahrung: Eine globale Tradition
Die Geschichte der Menschheit ist eng mit der Nutzung von Insekten als Nahrung verbunden. Lange vor der Entwicklung der modernen Landwirtschaft stellten Insekten eine leicht zugängliche und nahrhafte Proteinquelle dar. Diese Tradition hat sich in vielen Teilen der Welt bis heute gehalten, insbesondere in tropischen und subtropischen Regionen, wo die Artenvielfalt der Insekten am größten ist und sie oft saisonal in großen Mengen verfügbar sind.

Die Entomophagie ist nicht nur eine Frage des Überlebens, sondern oft auch tief in der Kultur, den Bräuchen und sogar der Sprache vieler ethnischer Gruppen verankert. Sie repräsentiert ein über Generationen weitergegebenes Wissen über das Sammeln, Zubereiten und den Verzehr bestimmter Insektenarten. Während in einigen Kulturen der Verzehr von Insekten als Zeichen von Armut oder Rückständigkeit galt, wandelt sich dieses Bild zunehmend. Insekten werden heute als nachhaltige und nahrhafte Alternative zu traditionellen Fleischquellen betrachtet.
Wo auf der Welt Insekten auf dem Speiseplan stehen
Die Verbreitung des Insektenverzehrs ist weltweit ungleich verteilt. Während in Europa und Nordamerika (mit Ausnahme von Mexiko) der traditionelle Verzehr gering ist oder fehlt, sind Insekten in weiten Teilen Afrikas, Asiens und Lateinamerikas ein fester Bestandteil der Ernährung.
Kontinentale Verteilung der Entomophagie
Asien führt die Liste der Kontinente mit der höchsten Vielfalt an essbaren Insektenarten an. Über 930 Arten werden hier konsumiert. Dicht gefolgt von Nordamerika, was hauptsächlich auf die hohe Artenvielfalt in Mexiko zurückzuführen ist, und Afrika mit ebenfalls beeindruckenden Zahlen. Südamerika und Ozeanien weisen ebenfalls eine beachtliche Anzahl essbarer Insektenarten auf, wenn auch geringer als die erstgenannten Kontinente.
Hier eine Übersicht nach Kontinenten:
Kontinent | Anzahl essbarer Insektenarten |
---|---|
Asien | 932 |
Nordamerika (inkl. Mexiko) | 529 |
Afrika | 464 |
Südamerika | 300 |
Ozeanien | 107 |
Länder mit der höchsten Insektenvielfalt auf dem Teller
Innerhalb der Kontinente gibt es einzelne Länder, die sich als Hochburgen der Entomophagie herauskristallisieren. Mexiko nimmt hier eine herausragende Stellung ein und übertrifft alle anderen Länder bei weitem in der Anzahl der konsumierten Insektenarten. Aber auch in anderen Ländern Afrikas und Asiens ist der Verzehr weit verbreitet und vielfältig.
Die Länder mit der höchsten Anzahl dokumentierter essbarer Insektenarten sind:
- Mexiko (Nordamerika): 450 Arten
- Thailand (Asien): 272 Arten
- Indien (Asien): 262 Arten
- Demokratische Republik Kongo (Afrika): 255 Arten
- China (Asien): 235 Arten
- Brasilien (Südamerika): 140 Arten
- Japan (Asien): 123 Arten
- Kamerun (Afrika): 100 Arten
In Afrika ist der Verzehr in 48 Ländern dokumentiert, wobei die Demokratische Republik Kongo, Kamerun und Sambia die Spitzenreiter sind. In Asien wird in etwa 52 Ländern gegessen, mit Thailand, Indien und China an der Spitze. Südamerika zählt etwa 15 Länder, in denen Insekten konsumiert werden, angeführt von Brasilien, Ecuador und Kolumbien. In Nordamerika sticht Mexiko hervor, während der Verzehr in den USA und Kanada traditionell sehr gering ist. Australien und Papua-Neuguinea sind die Hauptländer in Ozeanien, in denen Insekten gegessen werden.
Die Vielfalt der essbaren Insekten
Nicht alle Insektenarten sind essbar, und innerhalb der essbaren Arten gibt es eine enorme Vielfalt. Die am häufigsten konsumierten Insekten gehören bestimmten Ordnungen an.

Die dominanten Ordnungen bei den essbaren Insekten weltweit sind:
- Coleoptera (Käfer): Machen den größten Anteil aus, oft wegen ihrer Verfügbarkeit und ihres Nährwerts.
- Hymenoptera (Hautflügler: Ameisen, Bienen, Wespen): Beliebt sind oft Larven und Puppen, aber auch adulte Ameisen.
- Lepidoptera (Schmetterlinge und Motten): Vor allem Raupen sind in vielen Regionen eine geschätzte Delikatesse.
- Orthoptera (Geradflügler: Heuschrecken, Grillen): Bekannt für ihren hohen Proteingehalt und oft in großen Schwärmen verfügbar.
- Hemiptera (Schnabelkerfe)
- Isoptera (Termiten)
Während Coleoptera in Asien und Nordamerika dominieren, sind Lepidoptera die am häufigsten konsumierten Insekten in Afrika, und Hymenoptera in Südamerika. Diese regionalen Unterschiede spiegeln nicht nur die Verfügbarkeit der Arten wider, sondern auch tief verwurzelte kulturelle Vorlieben.
Innerhalb dieser Ordnungen gibt es spezifische Familien und sogar einzelne Arten, die besonders häufig auf dem Speiseplan stehen. Beispiele sind verschiedene Arten von Laufkäfern, Palmrüsselkäfern, Blattschneiderameisen, Seidenraupen oder Wanderheuschrecken. Die meisten essbaren Insektenarten leben in Habitaten, die reich an Sträuchern, krautiger Vegetation und Wäldern sind. Dies unterstreicht den Zusammenhang zwischen der Verfügbarkeit von Insekten und der natürlichen Umwelt.
Warum Insekten? Nährwert und Nachhaltigkeit
Die Beliebtheit von Insekten als Nahrung in vielen Teilen der Welt ist nicht nur kulturell bedingt, sondern auch auf ihre beeindruckenden ernährungsphysiologischen Eigenschaften und ihren geringen ökologischen Fußabdruck zurückzuführen.
Hoher Nährwert
Insekten sind oft reicher an Protein als traditionelles Fleisch. Ihr Proteingehalt kann zwischen 40% und 75% des Trockengewichts liegen und übertrifft damit die Werte von Tierprotein (12-34,5%) und pflanzlichem Protein (7-50%). Sie enthalten alle essentiellen Aminosäuren sowie wichtige Vitamine (wie B12) und Mineralstoffe (Calcium, Zink, Eisen). Zudem sind sie reich an gesunden Fetten. Etwa 80% des Körpergewichts eines Insekts sind essbar, im Vergleich zu 55% bei Hühnern oder Schweinen und 40% bei Rindern.
Nachhaltigkeit in der Produktion
Die Zucht von Insekten ist im Vergleich zur Haltung von Nutztieren deutlich ressourcenschonender. Grillen benötigen beispielsweise zwölfmal weniger Futter als Rinder, um die gleiche Menge Protein zu produzieren. Auch der Wasser- und Flächenverbrauch ist erheblich geringer. Zudem produzieren Insekten weniger Treibhausgase. Arten wie die Schwarze Soldatenfliege können sogar auf organischen Abfällen gezüchtet werden und tragen so zu einer Kreislaufwirtschaft bei.
Faktoren, die den Verzehr beeinflussen
Der Verzehr von Insekten ist ein komplexes Phänomen, das von verschiedenen Faktoren beeinflusst wird.

- Kultur und Tradition: Dies ist der wichtigste Faktor. In Regionen, in denen Entomophagie eine lange Geschichte hat, ist die Akzeptanz hoch.
- Verfügbarkeit: Die geografische Präsenz potenziell essbarer Insekten und die Art der Landbedeckung (Wälder, Sträucher) spielen eine Rolle.
- Bevölkerungsgröße: Länder mit großen Bevölkerungen wie Indien und China haben oft auch eine hohe Anzahl essbarer Insektenarten, was auf eine breitere Nutzung zurückzuführen sein könnte.
- Wirtschaftliche Faktoren: Es gibt eine negative, wenn auch nicht immer signifikante Korrelation zwischen dem BIP pro Kopf und dem Insektenverzehr. Länder mit niedrigem Einkommen haben oft eine stärkere Kultur des Insektenessens. Es gibt jedoch Ausnahmen wie Japan, China und Malaysia mit relativ hohem BIP und hohem Insektenverzehr.
- Ernährungssicherheit: Die Korrelation mit Ernährungsunsicherheit ist komplex und nicht eindeutig. Insekten können saisonal eine wichtige Nahrungsquelle sein, aber Länder mit schwerer Ernährungsunsicherheit haben nicht zwangsläufig den höchsten Insektenverzehr.
Insekten in Europa: Die 'Neue Nahrung'
Während Insekten in vielen Teilen der Welt seit Jahrhunderten gegessen werden, sind sie in Europa und Nordamerika (außer Mexiko) erst seit Kurzem als potenzielle Nahrungsquelle im Gespräch. Die negative Wahrnehmung und die fehlende Tradition waren lange Hindernisse.
In den letzten Jahren hat sich dies jedoch geändert. Angetrieben von Nachhaltigkeitsüberlegungen und der Suche nach alternativen Proteinquellen, hat die Europäische Union die Zulassung bestimmter Insektenarten als sogenannte „neuartige Lebensmittel“ (Novel Food) ermöglicht. Seit 2021 bzw. Anfang 2023 sind unter anderem Wanderheuschrecken, Gelbe Mehlwürmer, Hausgrillen (Heimchen) und Buffalowürmer (Larven des Getreideschimmelkäfers) in verschiedenen Formen (gefroren, getrocknet, pulverisiert) für den Verkauf und die Verarbeitung in Lebensmitteln zugelassen.
Sie können nun in einer Vielzahl von Produkten enthalten sein, wie z. B. in Müsliriegeln, Frühstückscerealien, Brot, Nudeln, Chips, Erdnussbutter oder Fleischersatzprodukten. Eine spezielle Kennzeichnung ist vorgeschrieben, die den deutschen und lateinischen Namen des Insekts sowie die Verarbeitungsform angibt und vor möglichen allergischen Reaktionen warnt.
Interessanterweise sind einige Insektenprodukte in Europa schon lange unbemerkt präsent. Der rote Farbstoff E120 (Karmin), gewonnen aus Cochenille-Schildläusen, wird in Süßigkeiten, Joghurt oder Lippenstift verwendet. Schellack (E904), ein Überzugsmittel aus Gummilackschildläusen, findet sich auf Schokolinsen oder Gummibärchen. Diese Beispiele zeigen, dass Insektenbestandteile in verarbeiteten Lebensmitteln in Europa weniger neu sind, als viele denken.
Kosten und Qualität von Speiseinsekten
Für Konsumenten in Europa, die essbare Insekten probieren möchten, stellt sich oft die Frage nach dem Preis. Aktuell sind Speiseinsekten aus europäischer Zucht oft noch relativ teuer im Vergleich zu traditionellem Fleisch. Dies liegt hauptsächlich daran, dass der Markt noch ein Nischenmarkt ist und die Produktionsmengen gering sind. Strengere europäische Auflagen für Zucht und Verarbeitung tragen ebenfalls zu höheren Kosten bei.
Der Preis pro Kilogramm kann je nach Insektenart, Verarbeitungsgrad (ganz, gemahlen), Verpackungsgröße und Anbieter stark variieren. Getrocknete Grillen oder Mehlwürmer kosten in kleinen Mengen oft mehrere Euro pro 25 Gramm, während Kilogramm-Preise im Bereich von 50 bis über 100 Euro liegen können. Insektenmehl ist ebenfalls teuer. Erwartungen zufolge könnten die Preise mit steigender Nachfrage und größerer Konkurrenz in Zukunft sinken.

Beim Kauf ist auch die Qualität entscheidend. Achten Sie auf Produkte aus kontrollierter Zucht, idealerweise aus Europa, wo strenge Lebensmittelstandards gelten. Die Ernährung der Insekten in der Zucht beeinflusst ebenfalls deren Nährwert und Geschmack. Bio-Zuchten, die pestizidfreies Futter und natürliche Haltungsbedingungen bieten, sind eine gute Wahl.
Was tun bei Insekten im Restaurantessen?
Obwohl essbare Insekten in bestimmten Produkten zugelassen sind, ist das Finden eines unerwünschten Insekts im Restaurantessen eine andere Situation. In den meisten westlichen Ländern deutet dies auf Hygieneprobleme hin und ist für den Gast verständlicherweise unangenehm.
Was sollten Sie tun? Zunächst ist es ratsam, den Kellner oder Manager sofort zu informieren. Dokumentieren Sie den Vorfall, zum Beispiel mit einem Foto, bevor das Gericht abgeräumt wird. Behalten Sie die Quittung. Eine Klage wegen emotionaler Belastung ist in der Regel schwierig und selten erfolgreich, da das bloße Sehen eines Insekts meist keine nachweisbaren körperlichen Schäden verursacht. Anders sieht es aus, wenn Sie tatsächlich krank werden, was aber bei den meisten zufällig gefundenen Insekten unwahrscheinlich ist. Eine Ausnahme könnten Schädlinge wie Kakerlaken sein, deren Auftreten auf eine ernsthafte Infestation und potenzielle Kontamination hinweist.
Der effektivste Weg ist oft, eine Beschwerde direkt beim Restaurant und/oder beim zuständigen Gesundheitsamt einzureichen. Gesundheitsämter untersuchen solche Vorkommnisse und können bei Verstößen gegen Hygienevorschriften Bußgelder verhängen oder im schlimmsten Fall das Restaurant schließen.
Fazit
Das Essen von Insekten ist eine weit verbreitete Tradition, die tief in den Kulturen vieler Länder Afrikas, Asiens und Lateinamerikas verankert ist. Über 2.200 Arten werden weltweit konsumiert und stellen eine nahrhafte und ressourcenschonende Alternative zu herkömmlichem Fleisch dar. Länder wie Mexiko, Thailand, Indien und die Demokratische Republik Kongo sind führend in der Vielfalt der konsumierten Arten.
Während der Verzehr in westlichen Ländern historisch gering war, gewinnen Insekten als „neuartige Lebensmittel“ an Bedeutung und sind bereits in verschiedenen verarbeiteten Produkten in Europa zu finden. Kulturelle Akzeptanz, Verfügbarkeit und wirtschaftliche Faktoren beeinflussen den Verzehr weltweit. Die Zukunft könnte eine stärkere Integration von Insekten in die globale Lebensmittelversorgung bringen, sowohl aus Nachhaltigkeitsgründen als auch wegen ihres hohen Nährwerts.
Häufig gestellte Fragen zum Verzehr von Insekten
- Sind Insekten sicher zu essen? Ja, wenn sie aus kontrollierter Zucht stammen oder sicher gesammelt und richtig zubereitet werden. In Europa zugelassene Insekten gelten als sicher, müssen aber gekennzeichnet sein, insbesondere wegen möglicher Allergien (ähnlich wie bei Schalentieren).
- Warum werden in westlichen Ländern weniger Insekten gegessen? Hauptgründe sind kulturelle Ablehnung, Ekelgefühle (Neophobie) und das Fehlen einer historischen Tradition des Insektenessens.
- Sind alle Insekten essbar? Nein, viele Insekten sind giftig oder ungenießbar. Das Wissen über essbare Arten ist oft lokales traditionelles Wissen.
- Wo finde ich Insekten zum Essen in Europa/Deutschland? Zugelassene Insekten können in spezialisierten Online-Shops, einigen Bioläden oder in bestimmten verarbeiteten Lebensmitteln (die entsprechend gekennzeichnet sein müssen) gefunden werden.
- Wie schmecken Insekten? Der Geschmack variiert stark je nach Art und Zubereitung. Beschreibungen reichen von nussig über erdig bis hin zu Geschmäckern, die an Speck oder Kartoffeln erinnern.
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