Hessisch Oldendorf, eingebettet im Naturpark Weserbergland, präsentiert sich als eine Stadt mit tiefen historischen Wurzeln und einer lebendigen Gegenwart. Gelegen an der Weser, nur etwa zehn Kilometer nordwestlich der berühmten Rattenfängerstadt Hameln, markiert Hessisch Oldendorf den Eingang zu dieser malerischen Region. Seit 1977 gehört die Stadt zum Landkreis Hameln-Pyrmont und umfasst heute 24 Stadtteile, in denen rund 20.000 Einwohner leben.

Die Attraktivität der Stadt, die auch an der bekannten Deutsche Märchenstraße liegt, wurde durch umfangreiche Sanierungsmaßnahmen in der Altstadt, insbesondere die Neugestaltung des Markt- und Kirchenplatzes, deutlich gesteigert. Die Wirtschaftsstruktur der Stadt ist vielfältig und reicht von europaweit agierenden Unternehmen über mittelständische Handwerksbetriebe bis hin zu einer auf Umweltschutz bedachten Landwirtschaft. Dieses Zusammenspiel aus historischem Erbe und moderner Entwicklung prägt das Bild von Hessisch Oldendorf.
Warum heißt Hessisch Oldendorf eigentlich so?
Der Ursprung des Namens „Hessisch Oldendorf“ und insbesondere der Zusatz „Hessisch“ wirft oft Fragen auf. Der ursprüngliche Ortsname „Oldendorf“ ist eine gängige Bezeichnung im norddeutschen Raum und bedeutet schlichtweg „altes Dorf“. Die ältesten überlieferten Belege aus dem 12. und 13. Jahrhundert zeigen Formen wie „Othelricus de Aldenthorpe“ oder „Ludinger de altenthorpe“, was die altsächsische Form mit „ald-“ belegt. Spätere Belege zeigen die Entwicklung zu „old-“. Das mittelniederdeutsche „Olendorp“ wurde später durch das hochdeutsche „dorf“ ersetzt.
Der Zusatz „Hessisch“ wurde dem Ortsnamen im Jahr 1905 offiziell hinzugefügt. Dies geschah, um die Stadt von anderen Orten gleichen Namens zu unterscheiden. Postalisch und behördlich war dieser Zusatz bereits längere Zeit gebräuchlich. Die Begründung für den Zusatz liegt in der historischen Zugehörigkeit der Stadt. Nach dem Aussterben des Schauenburger Grafenhauses im Jahr 1640 fiel Oldendorf, zusammen mit Rinteln, als Exklave an die Landgrafschaft Hessen-Kassel. Nach der Erhebung des Landgrafen zum Kurfürsten im Jahr 1803 wurde dieses Gebiet als „Kurfürstentum Hessen“ bezeichnet.
Obwohl die Stadt seit 1977 nicht mehr zu einem hessischen Landkreis gehört, sondern zum niedersächsischen Landkreis Hameln-Pyrmont, blieb der historisch begründete Namenszusatz „Hessisch“ erhalten. Er erinnert an die jahrhundertelange Verbindung zu Hessen-Kassel und später zur preußischen Provinz Hessen-Nassau, zu der die Stadt bis 1932 gehörte, bevor sie dem Regierungsbezirk Hannover angegliedert wurde. Der Zusatz, der heute anachronistisch erscheinen mag, ist somit ein direktes Zeugnis der wechselvollen territorialen Geschichte der Stadt.
Ein Blick in die reiche Geschichte
Die Geschichte Hessisch Oldendorfs reicht weit zurück und ist von zahlreichen bedeutenden Ereignissen geprägt.
Gründung und frühe Entwicklung
Die Gründung der Stadt Oldendorf wird höchstwahrscheinlich in das zweite Viertel des 13. Jahrhunderts datiert. Es wird vermutet, dass Graf Adolf von Schaumburg die befestigte Siedlung zum Zentrum der umliegenden schaumburgischen Ortschaften ausbauen wollte, um seine Herrschaft zu festigen. Eine der frühen städtischen Einrichtungen war die Lateinschule, die im späten Mittelalter gegründet wurde und auf die das erstmals 1407 erwähnte Gymnasium zurückgeht. Dieses Gymnasium erlebte, eng verbunden mit der Universität Rinteln, um 1630 seine Blütezeit. Um 1500 zählte die Stadt Oldendorf etwa 1300 Einwohner.
Reformation und Hexenverfolgung
Im Jahr 1552 erreichte die Reformation die Grafschaft Schaumburg und damit auch Oldendorf. Eine dunkle Periode in der Stadtgeschichte war die Zeit der Hexenverfolgung. Zwischen 1558 und 1581 wurden in Oldendorf vermeintliche Hexen verfolgt. Zwei Frauen und ein Mann gerieten in Hexenprozesse, wobei die beiden Frauen wahrscheinlich verbrannt wurden. Auch umliegende Ortsteile wie Großenwieden, Höfingen, Rohden, Wickbolsen und Zersen waren von diesen Verfolgungen betroffen. Ein weiterer Fall von Hexenverfolgung ist aus Höfingen im Jahr 1635 dokumentiert, bei dem ebenfalls zwei Frauen angeklagt und eine wahrscheinlich verbrannt wurde.
Dreißigjähriger Krieg und territorialer Wandel
Der Dreißigjährige Krieg hinterließ tiefe Spuren. Eine der historisch bedeutendsten Schlachten der Region, die Schlacht bei Oldendorf, fand am 8. Juli 1633 statt. Ein protestantisches Heer, bestehend aus Schweden, Hessen und Braunschweig-Lüneburgern, kam der katholisch-kaiserlich besetzten Stadt Hameln zu Hilfe. Der Kampf entbrannte in der Schlucht zwischen Segelhorst und Barksen. Zum Sieg der protestantischen Truppen trugen maßgeblich die genaue Ortskenntnis eines in Oldendorf geborenen Rittmeisters sowie der erstmalige Einsatz beweglicher Feldartillerie bei. Die Schlacht war außerordentlich verlustreich; an einem einzigen Tag wurden über 7000 Tote gezählt. Nur wenige Jahre später, am 23. September 1639, wurde ein Großteil der Stadt Oldendorf durch einen verheerenden Brand zerstört, begünstigt durch die enge Fachwerkbauweise.
Nach dem Tod des letzten Grafen von Schaumburg im Jahr 1640 führte ein Erbstreit zur Aufteilung der Grafschaft in drei Teile. Wie bereits erwähnt, fiel Oldendorf als Exklave an die Landgrafschaft Hessen-Kassel. Diese Zugehörigkeit prägte die Stadt über Jahrhunderte. Von 1807 bis 1813 gehörte Oldendorf während der napoleonischen Ära zum Königreich Westphalen. Nach dem Deutschen Krieg von 1866 und der Annexion Kurhessens durch Preußen wurde die Stadt ab 1867 dem neu geschaffenen Regierungsbezirk Kassel und ab 1868 der Provinz Hessen-Nassau zugeordnet. Im Jahr 1932 wechselte die Zugehörigkeit zum Regierungsbezirk Hannover in der Provinz Hannover. Die letzte große territoriale Veränderung erfolgte am 1. August 1977 mit der Auflösung des Landkreises Grafschaft Schaumburg und der Eingliederung der Stadt, die jahrhundertelang „Oldendorf unter der Schaumburg“ genannt wurde, in den Landkreis Hameln-Pyrmont.
Die Weser – Lebensader und Konfliktpunkt
Das Wesertal bei Oldendorf wurde einst von mehreren Weserarmen durchflossen, deren Verlauf bei Hochwasser noch heute erkennbar ist. Der Hauptarm der Weser floss direkt am „Münchhausenhof“ und den Stadtwällen von Hessisch Oldendorf vorbei. Dies war wirtschaftlich von großer Bedeutung, da der Schiffsverkehr der Stadt erhebliche Zolleinnahmen sicherte. Die wirtschaftliche Situation verschlechterte sich jedoch erheblich, als Landdrost Jobst von Mengersen zwischen 1615 und 1682 die Weser in den Stauwiesen bei Weibeck abdämmte. Diese Maßnahme, obwohl sie der Stadt schadete, führte zur Trockenlegung alter Weserarme und schuf bedeutende fruchtbare Ackerflächen, die dem Vermögen der Grafen von Schaumburg zugute kamen. Dem Volksglauben nach irrt Jobst von Mengersen wegen dieser Tat an nebligen Tagen ruhelos bei der alten Weser umher und erschreckt Wanderer.
Jüdische Geschichte in Hessisch Oldendorf
Die Geschichte der jüdischen Gemeinde in Hessisch Oldendorf reicht bis ins frühe 14. Jahrhundert zurück, als Hamelner Urkunden bereits Juden in Oldendorf erwähnen, die später nach Hameln übersiedelten. Schriftstücke aus dem Jahr 1597 belegen, dass der Oldendorfer Bürgermeister dem Juden Isaak eine untadelige Führung als Händler und Geldverleiher bescheinigte. Geldgeschäfte waren ein wichtiger Erwerbszweig für Juden, da ihnen aus religiösen Gründen der Zugang zu Handwerker-Zünften und Kaufmannsgilden oft verwehrt war. So traten zwischen 1660 und 1723 die drei jüdischen Brüder Wallach mehrmals als Kreditgeber der Stadt in Erscheinung. Um 1675 pachteten sie einen „Totenhof“ auf dem Nordwall und erwarben 1710 den ersten jüdischen Hausbesitz in der Stadt. Auch im 18. Jahrhundert lebten hier drei jüdische Familien, die mit Ellenwaren, Fellen und Häuten handelten – passend zu einer Stadt mit zahlreichen Gerbern und Schuhmachern.
Die napoleonischen Reformen brachten den Juden bürgerrechtliche Gleichstellung und die Einführung dauerhafter Familiennamen, in Oldendorf unter anderem „Rosenberg“, „Blumenthal“ und „Lilienfeld“. Der Metzger Baruch Blumenthal nahm an den Befreiungskriegen teil und erhielt dafür 1823 eine Ehrenmedaille. Bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts wuchs die Zahl der jüdischen Einwohner auf 43 an, bei einer Gesamtbevölkerung von 1343. Neben Metzgern und kleinen Händlern ragten die Brüder Rosenberg (Kolonial- und Bankgeschäfte) und insbesondere der wohlhabende Kaufmann Nathan Peritz Lilienfeld heraus, der 1848 sogar in den Stadtrat gewählt wurde. Eine kurhessische Verfassungsänderung von 1852 entzog jedoch allen Nichtchristen solche Mandate wieder. Im Jahr 1832 hatte Lilienfeld als jüdischer Gemeindeältester einen Kaufvertrag mit der Stadt geschlossen, der die Anlage eines neuen jüdischen Friedhofs östlich der Stadt ermöglichte (an der Bollwegstrift).

Von der Kaiserzeit bis zur Zeit des Nationalsozialismus traten jüdische Geschäftsleute wie Adolf Spanier (Bankhaus und Textilgeschäft), Max Blumenthal (Landhandel) und Julius Löwenstein (Viehhandlung) als angesehene und in das Vereinsleben integrierte Mitbürger in Erscheinung. Bernhard Blumenthal, Bruder von Max, verbrachte einige Jahre in Sumatra als Verwalter einer Tabakplantage; seine Tochter wurde die spätere Journalistin Käthe Vordtriede. Julius Löwenstein, Teilnehmer des Ersten Weltkriegs, war auch Ortsvereinsvorsitzender des Reichsbundes jüdischer Frontsoldaten.
Nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten im Jahr 1933 erlebten 21 Oldendorfer Juden Entrechtung, Misshandlung, Vertreibung und Ermordung. Ein Tiefpunkt war eine von Kreispropagandaleiter Carlowitz 1935 inszenierte Kundgebung wegen angeblicher „Rassenschändung“ im Haus des Viehhändlers Löwenstein. Aufgewiegelte Einwohner drangen in das Haus ein, verwüsteten es und zwangen die Familie zur Flucht. Im August 1935 verbot der Stadtrat kommunalen Bediensteten jeden Umgang mit Juden, sperrte den städtischen Viehmarkt für jüdische Viehhändler und untersagte allen Juden die Nutzung der Badeanstalt. In der Reichspogromnacht am 10. November 1938 stürmten SS-Angehörige und Zivilisten die Viehhandlung Löwenstein, plünderten die Wohnung und misshandelten Angehörige. Die Familie Löwenstein emigrierte in die USA. Drei weitere Jugendliche fanden 1939/40 Asyl in England und den USA. Zehn in Deutschland gebliebene Oldendorfer Juden wurden deportiert und in Ghettos und Vernichtungslagern wie Auschwitz, Chelmno, Litzmannstadt, Riga, Treblinka und Warschau ermordet. Nach dem Zweiten Weltkrieg besuchte Lieselotte Southam, die Tochter von David und Lina Blumenthal, ihren Geburtsort mehrfach und berichtete 1994 über das gesellschaftliche Zusammenleben vor 1933 und den Niedergang danach. Seit 1988 erinnert eine Gedenktafel am Nordwall an den ersten jüdischen Friedhof und die Geschichte der Oldendorfer Juden. In den Jahren 2021 und 2022 wurden 17 Stolpersteine in der Langen Straße zum Gedenken an die ermordeten und vertriebenen jüdischen Mitbürger verlegt.
Handwerk und Wirtschaft – Mühlen, Gerber und Schuster
Die Wirtschaftsgeschichte Hessisch Oldendorfs war lange Zeit stark vom Handwerk geprägt.
Mühlenwesen
Verschiedene Mühlen spielten eine wichtige Rolle. Die Stadtmühle am Westertor war die älteste und bestand seit der Stadtgründung im 13. Jahrhundert. An gleicher Stelle wurde 1863 die Wassermühle Dömich errichtet und war bis ca. 1960 in Betrieb. Eine Windmühle wurde 1589 auf dem Südostecke des Stadtwalles erbaut, brannte aber im Dreißigjährigen Krieg ab. Eine Schiffsmühle lag ab 1587 auf dem alten Weserarm, bestand aber nicht lange, da die Weser abgedämmt wurde. Im Jahr 1655 wurden sieben Schleifmühlen der Schmiede und Schlosser gezählt, für die die Stadt Wasserzins erhob. Die Münchhausen-Mühle an der Fuhler Weserbrücke, vor 1600 erwähnt, gehörte bis 1870 zum Münchhausen-Burghof. Die Dampfmühle an der Segelhorster Straße wurde von 1868 bis ca. 1950 als Getreide- und Sägemühle betrieben. Die Kokensmühle am Barksener Weg diente ab 1571 als Lohmühle des Oldendorfer Schusteramtes, wo Eichenrinde zu „Lohe“ für die Gerber gemahlen wurde. Bis 1668 war ihr eine Walkmühle für die Tuchmacher angegliedert, ab 1680 diente sie als Ölmühle.
Scharfrichter und Gerber
Der Dienstsitz des Schaumburger Scharfrichters war seit Stadtgründung in Oldendorf nachweisbar (Mittelstraße 9). Er unterstand auch der Aufsicht über den „Bürgerzwangturm“, das städtische Gefängnis. Grundlage des Strafvollzugs war die „Carolina“. Der Scharfrichterberuf galt als „unehrlich“, gehörte keiner Gilde an und unterlag besonderen Regeln, selbst bei der Wahl des Sitzplatzes in Ratskeller und Kirche. Ehen wurden nur innerhalb der Scharfrichtersippen geschlossen. Die letzte Hinrichtung durch Scharfrichter Farneck fand 1755 statt. Da die „dienstliche Auslastung“ gering war, wurde das Amt mit dem des Abdeckers verbunden. Der Oldendorfer Abdecker war für alles verendete Vieh der Grafschaft zuständig, dessen Entsorgung den Bürgern verboten war. Das Vieh wurde in der „Fillerei“ verwertet. Wegen der Geruchsbelästigung wurden die „Fillekuhlen“ später außerhalb der Stadtwälle verlegt. Verwertet wurden neben Hufen und Hörnern vor allem die Häute.
Diese Tierhäute wurden von den Gerbern verarbeitet. Mehrere Gerbereien sind an den Bachläufen rund um die Stadt dokumentiert, die größte war die Wehrhahnsche Gerberei. Neben Häuten war Eichenlohe, gewonnen in der Lohmühle, Voraussetzung für die Lederherstellung. Diese endete jedoch schnell mit der Entwicklung der industriellen Chromgerbung.
Schuhmacherhandwerk und Industrie
Als letzte profitierte die Zunft der Schuhmacher von Scharfrichter und Abdecker. Dieses Handwerk war über Jahrhunderte bedeutend; ein Sprichwort besagte „Oldendorf ist eine Stadt, die neunundneunzig Schuster hat“. Im letzten Drittel des 20. Jahrhunderts wurde das Kleingewerbe durch die industrielle Produktion in zwei Schuhfabriken abgelöst.
Eine dieser Fabriken war die Schuhfabrik Rinne KG, 1901 gegründet und 1922 in eine Aktiengesellschaft umgewandelt. Der Produktionsstandort war an der Rüschstraße, wo die Gebäude in den 1990ern saniert und zu Wohn-/Geschäftshäusern umgewandelt wurden; heute befindet sich dort auch die Polizeistation. Nach dem Zweiten Weltkrieg profitierte das Unternehmen vom Wirtschaftswunder und produzierte neben zivilen Modellen auch Militärstiefel. Steigende Konkurrenz durch Importe führte zu finanziellen Problemen. 1968 stand die Fabrik kurz vor dem Konkurs. Eine Wende brachte die Übernahme durch den britischen Konzern Britton & Sons Ltd. Der neue Direktor Hans Dimler konzentrierte sich auf Kinderschuhe der Marke Tuf und investierte in Werbung. Mit dem Markenzeichen des Tigerkopfes in der Sohle und Slogans wie „Leicht wie die Feder des Adlers und stark wie die Haut des wandernden Büffels“ wurde 1971 wieder Gewinn erzielt und täglich etwa 4000 Paar Kinderschuhe produziert. Dennoch konnte der Niedergang der Schuhproduktion in der Kernstadt langfristig nur verzögert werden.
Brandschutz – Die Entwicklung der Feuerwehr
Verheerende Brände, wie der von 1639, machten organisierten Brandschutz notwendig. Zunächst organisierte der Rat der Stadt das Feuerlöschwesen mit „Feuerherren“ und Verordnungen. Ab 1858 verpflichtete die Kurhessische Regierungskommission jeden Einwohner zur Brandbekämpfung. Die Stadt organisierte ihr Löschwesen daraufhin neu. Alarmierung erfolgte per Feuerglocke oder Feuerreiter. Alle Männer waren eingeteilt: eine Rettungskompagnie (unter Vizebürgermeister Diedelmeyer) zur Sicherung von Hab und Gut, Brandbekämpfung mit Spritzen (große Spritze: 28 Mann, kleine: 22 Mann, Handspritze), eine Handwerkskompagnie (15 Mann) zum Einreißen brennender Gebäude, und alle übrigen Männer trugen mit ledernen Feuereimern Wasser heran.
Durch eine Verfügung der Regierung in Kassel wurde 1875 die Freiwillige Feuerwehr in Oldendorf eingerichtet. Im Jahr 1925 war sie in Steigerrotts, Hydrantenrotts und Absperrmannschaften gegliedert. Eine Brandchronik von 1875 bis 1925 verzeichnete zahlreiche Brände, was die Notwendigkeit einer gut organisierten Feuerwehr unterstreicht.
Die NATO-Kaserne – Ein Kapitel der Nachkriegszeit
Im Kalten Krieg errichtete die Bundesrepublik ab 1960 einen Gürtel von Luftabwehrraketen-Stationen nahe der innerdeutschen Grenze. In Hessisch Oldendorf entstand ab 1963 eine zentrale Kasernenanlage für vier feste Abschussstationen mit Ausweichplätzen. Ab März 1965 bezog die 4. Lenkwaffen-Gruppe der Niederländischen Luftwaffe (4 GGW) die Anlage, zunächst in der alten Zuckerfabrik, ab Oktober 1965 in der neuen Kaserne an der Segelhorster Straße mit 1800 Personen. Für die niederländischen Familien wurden Wohnungen, Schulen und ein Soldatenheim im „Keukenhof“ gebaut. Der Kaserne waren Stationen in Barsinghausen, Bad Münder, Goldbeck und Reinsdorf zugeordnet, ausgerüstet mit Hawk-Raketen und Radarsystemen. Anfang der 1970er Jahre galt das System als veraltet, und die niederländischen Einheiten wurden 1975 zurückverlegt.
Ab Mai 1976 wurde die Anlage neuer Hausherr: die US Air Force. Die „600th TCG Hessisch Oldendorf Airstation“ war eine zentrale Leitstelle der norddeutschen Radarüberwachung, mit Radarstationen in Bad Münder, Schwelentrup und Bremerhaven. Die logistische Unterstützung erfolgte über eine unterirdische Treibstoff-Pipeline von Münster. Mit dem Ende des Kalten Krieges 1991 wurde die NATO-Kaserne aufgelöst.

Die Kasernenanlage diente noch einige Jahre als Niedersächsisches Auffanglager für Aussiedler aus der ehemaligen Sowjetunion. Inzwischen wurde das gesamte Gelände abgebrochen und zu einem modernen Wohngebiet umgestaltet. Einzig die ehemalige amerikanische Schule existiert heute als „Grundschule am Rosenbusch“ weiter. Die Pipeline und Tanklager sind teilweise stillgelegt, teilweise zur Gas-Pipeline umgenutzt, und Munitionsbunker werden zivil genutzt.
Eingemeindungen und Einwohnerentwicklung
Die heutige Stadt Hessisch Oldendorf in ihrer aktuellen territorialen Form entstand maßgeblich durch Eingemeindungen. Am 29. Januar 1973 wurden die zuvor selbständigen Gemeinden Fischbeck (Weser) und Hemeringen, die beide bereits zum Landkreis Hameln-Pyrmont gehörten, in die Stadt Hessisch Oldendorf eingegliedert.
Die Einwohnerentwicklung der Stadt zeigt verschiedene Phasen:
Zeitraum/Datum | Einwohnerzahl (ungefähr) | Anmerkung |
---|---|---|
Um 1500 | ca. 1300 | Nur Stadtkern |
Mitte 19. Jahrhundert | 1343 | Gesamt (nur Stadtkern?), davon 43 jüdische Einwohner |
Nach dem 2. Weltkrieg (z.B. 1950) | Starker Zuzug | Insbesondere Kriegsflüchtlinge aus ehemaligen deutschen Ostgebieten |
Seit 1977 (nach Eingemeindungen) | rund 20.000 | Gesamt (24 Stadtteile) |
Aktuell (Ortsteil Fischbeck) | 3.129 | Einwohner im Ortsteil Fischbeck |
Die Tabelle verdeutlicht den starken Zuzug nach dem Zweiten Weltkrieg, der die Einwohnerzahl erheblich beeinflusste. Auch in jüngerer Zeit könnte die Zahl der Einwohner durch den Zuzug neuer Flüchtlinge aus dem Nahen Osten und anderen Staaten erneut ansteigen, was die demografische Entwicklung der Stadt weiterhin dynamisch gestaltet.
Der Ortsteil Fischbeck
Als einer der bedeutendsten Ortsteile Hessisch Oldendorfs verdient Fischbeck besondere Erwähnung. Fischbeck liegt östlich des Stadtkerns am Rande des Finnenbergs und grenzt direkt an die Wälder des Landschaftsschutzgebietes Fischbecker und Hamelner Wälder. Der Ort hat 3.129 Einwohner auf einer Fläche von 11,02 km². Die Entfernung zur Kernstadt Hessisch Oldendorf (Bahnhof) beträgt 6,2 km, zur Kreisstadt Hameln 7,2 km und zur Autobahn BAB 2 13,7 km.
Fischbeck wurde bereits im Jahr 892 urkundlich als „Visbeke“ erwähnt. Von herausragender historischer Bedeutung ist das Stift Fischbeck. Es ist ein großartiges Beispiel mittelalterlicher Klostertradition, das sich durch seine unverfälscht erhaltenen romanischen Bauformen aus der Zeit um 1100 und die beeindruckende Geschlossenheit seiner Anlage mit Kreuzgang auszeichnet. Die Stiftung des Klosters als Frauenstift wurde am 10. Januar 955 von König Otto I. (seit 962 Kaiser) beurkundet, der die Neugründung gleichzeitig unter seinen königlichen Schutz nahm. Ein Angriff des Klosters Corvey auf die Selbstständigkeit des Konvents um 1147 konnte mit Hilfe Herzogs Heinrich des Löwen abgewehrt werden. In den Jahren 1563/64 wurde das Kloster in ein freiweltliches Damenstift umgewandelt und ist es, von zwei Unterbrechungen abgesehen, bis heute geblieben. Im Jahr 1955 konnte das Stift sein 1000-jähriges Bestehen feiern. Der berühmte Fischbecker Wandteppich von 1583 erzählt die Stiftungslegende des Klosters.
Neben seiner historischen Bedeutung verfügt Fischbeck auch über eine gute Infrastruktur mit einer Grundschule, einem kommunalen und einem katholischen Kindergarten sowie diversen Einkaufsmöglichkeiten. Das rege Vereinsleben trägt zur Gemeinschaft im Ortsteil bei.
Häufig gestellte Fragen zu Hessisch Oldendorf
Hier finden Sie Antworten auf einige häufig gestellte Fragen zur Stadt Hessisch Oldendorf:
Wie viele Einwohner hat Hessisch Oldendorf?
Die Stadt Hessisch Oldendorf hat insgesamt rund 20.000 Einwohner, die in 24 Stadtteilen leben.
Warum heißt Hessisch Oldendorf so?
Der Zusatz „Hessisch“ wurde 1905 amtlich hinzugefügt, um die Stadt von anderen Orten namens Oldendorf zu unterscheiden. Er bezieht sich auf die historische Zugehörigkeit der Stadt zur Landgrafschaft Hessen-Kassel nach 1640 und später zur preußischen Provinz Hessen-Nassau, obwohl die Stadt heute in Niedersachsen liegt.
Wann wurde Hessisch Oldendorf gegründet?
Die Gründung von Oldendorf als Stadt fällt höchstwahrscheinlich in das zweite Viertel des 13. Jahrhunderts.
Was ist das Stift Fischbeck?
Das Stift Fischbeck ist ein bedeutendes mittelalterliches freiweltliches Damenstift im Ortsteil Fischbeck. Es wurde 955 gegründet und ist für seine gut erhaltenen romanischen Bauformen und den Kreuzgang bekannt.
Gab es Hexenverfolgung in Hessisch Oldendorf?
Ja, zwischen 1558 und 1581 sowie 1635 gab es Hexenprozesse in der Stadt und einigen Ortsteilen.
Dieser Einblick in die facettenreiche Geschichte und Struktur von Hessisch Oldendorf zeigt eine Stadt, die tief in der Vergangenheit verwurzelt ist, aber auch den Wandel der Zeit durchlebt hat und sich stetig weiterentwickelt.
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