München ist eine Stadt mit vielen bekannten Plätzen und historischen Orten. Einer der berühmtesten und belebtesten ist zweifellos der Karlsplatz. Doch fragen Sie einen Münchner nach dem Karlsplatz, wird er Ihnen mit hoher Wahrscheinlichkeit vom Stachus erzählen. Dieser Doppelname wirft bei Besuchern oft Fragen auf. Warum hat ein einziger Platz in München zwei so unterschiedliche Namen? Die Antwort liegt in der Münchner Geschichte und dem eigensinnigen Charakter ihrer Bewohner.

Der Karlsplatz und das angrenzende Karlstor bilden das westliche Ende der berühmten Münchner Fußgängerzone, die sich bis zum Marienplatz erstreckt. Für viele ist er der natürliche Ausgangspunkt für einen ausgedehnten Einkaufsbummel durch die Innenstadt oder einfach ein zentraler Treffpunkt im Herzen der bayerischen Landeshauptstadt. Doch der Name „Stachus“ ist weitaus geläufiger als die offizielle Bezeichnung „Karlsplatz“. Diese Präferenz hat eine interessante und amüsante Entstehungsgeschichte.
Die Herkunft der Namen: Karlsplatz vs. Stachus
Der offizielle Name „Karlsplatz“ geht auf das Jahr 1777 zurück. In diesem Jahr übernahm der Pfälzer Kurfürst Karl Theodor die Regierung in Bayern, nachdem die bayerische Linie der Wittelsbacher ausgestorben war. Karl Theodor war beim bayerischen Volk nicht besonders beliebt. Seine politischen Vorstellungen, insbesondere der Plan, ganz Bayern gegen österreichische Besitzungen einzutauschen, stießen auf großen Widerstand und Unmut.
Ein weiterer Grund für seine Unbeliebtheit war seine Angewohnheit, verschiedene Orte in der Stadt kurzerhand nach sich selbst umzubenennen. So erhielten das westliche Stadttor den Namen Karlstor und der davorliegende Platz die Bezeichnung Karlsplatz. Dies war ein Akt der herrschaftlichen Benennung, der jedoch vom Volk nicht widerspruchslos hingenommen wurde.
Parallel dazu existierte bereits eine populäre Bezeichnung für den Platz. Diese stammte von einem Wirtshaus, das sich seit 1755 in diesem Bereich befand (etwa dort, wo heute der Kaufhof steht). Der Wirt hieß Eustachius Föderl, und sein Gasthaus trug den Namen „Stachusgarten“. Aus dem Namen Eustachius entwickelte sich im Volksmund schnell die Kurzform „Stachus“. Die Münchner zeigten zivilen Ungehorsam gegenüber dem unbeliebten Kurfürsten und behielten die vertraute Bezeichnung „Stachus“ für den Platz bei, anstatt den offiziellen Namen „Karlsplatz“ zu verwenden. Diese volkstümliche Bezeichnung war stärker verwurzelt und drückte auch den Widerstand gegen die herrschaftliche Willkür aus.
Bis heute hat sich der Name Stachus im allgemeinen Sprachgebrauch fest etabliert. Er ist so tief im Bewusstsein der Münchner verankert, dass selbst bei den elektronischen Ansagen in den öffentlichen Verkehrsmitteln wie Tram und U-Bahn der Zusatz „Stachus“ nicht fehlen darf, um Verwirrung zu vermeiden. Die offizielle Bezeichnung Karlsplatz wird zwar auf Karten und in offiziellen Dokumenten geführt, im Alltag der Stadt spielt der Name Stachus jedoch die Hauptrolle.
Das historische Karlstor: Ein Blick in die Vergangenheit
Direkt am Stachus steht das imposante Karlstor. Es ist eines der drei verbliebenen mittelalterlichen Stadttore Münchens; die anderen sind das Sendlinger Tor und das Isartor. Ursprünglich im 14. Jahrhundert im Zuge der zweiten Stadtbefestigung erbaut, war es Teil der Münchner Stadtmauer, die Ende des 18. Jahrhunderts weitgehend abgerissen wurde. Das Karlstor war über Jahrhunderte ein wichtiger Zugang zur Stadt.
Bis zur Umwandlung des Platzes in eine Fußgängerzone im Jahr 1972, anlässlich der Olympischen Spiele, war das Karlstor ein Nadelöhr für den Hauptdurchgangsverkehr der Stadt. Heute bildet es den Übergang vom belebten Platz zur Einkaufsstraße.

Ein besonderes Detail am Karlstor sind die sogenannten Kragenköpfe unter dem Rundbogen des Mittelteils. Diese stellen Köpfe von Münchner Originalen dar. Einer der bekanntesten ist der des Kutschers Franz Xaver Krenkl. Die Geschichte besagt, dass Krenkl es wagte, die königliche Kutsche von König Ludwig I. mit einem schnelleren und prächtigeren Gespann zu überholen. Als der König daraufhin fragte, wer er sei, soll Krenkl ihm mit bayerischem Selbstbewusstsein zugerufen haben: „Wer ko, der ko!“ (Wer kann, der kann!). Dieser Ausdruck ist in Bayern zu einem geflügelten Wort für selbstsichere Gelassenheit geworden und zeugt von der direkten Art der Münchner, die sich auch in der Namensgebung des Stachus widerspiegelt.
Der Stachus als Verkehrsknotenpunkt und Einkaufsparadies
Die Redewendung „Da geht's ja zu wie am Stachus!“ ist weit über die Grenzen Münchens hinaus bekannt und wird verwendet, um einen Ort zu beschreiben, an dem sehr viel Betrieb herrscht oder es chaotisch zugeht. Diese Bezeichnung kommt nicht von ungefähr. Nach dem Zweiten Weltkrieg galt der Stachus tatsächlich als einer der verkehrsreichsten Plätze Europas. Die Menge an Autos, Trams und Bussen, die hier zusammenkamen, war enorm.
Die Situation änderte sich grundlegend im Vorfeld der Olympischen Spiele 1972. Der östliche Teil des Platzes, unmittelbar hinter dem Karlstor, wurde in eine großzügige Fußgängerzone umgewandelt. Dies war ein wichtiger Schritt zur Beruhigung des Verkehrs in der Innenstadt und schuf Raum für Fußgänger und Geschäfte. Heute beginnt hier die größte Einkaufsmeile Münchens, bestehend aus Neuhauser Straße und Kaufinger Straße, die zum Marienplatz führt.
Obwohl der Durchgangsverkehr auf dem Platz selbst reduziert wurde, ist der Stachus nach wie vor ein zentraler Verkehrsknotenpunkt. Dies liegt vor allem an der umfangreichen Infrastruktur unter dem Platz. Hier befindet sich einer der wichtigsten Umsteigebahnhöfe für S-Bahn und U-Bahn in München, der ebenfalls die offizielle Bezeichnung „Karlsplatz (Stachus)“ trägt.
Die Welt unter dem Stachus: Stachus Passagen
Beim Bau der unterirdischen Verkehrsanlagen in den 1970er Jahren entstand unter dem Karlsplatz / Stachus ein weiteres bedeutendes Element: die Stachus Passagen. Dieses unterirdische Einkaufszentrum war bei seiner Eröffnung für einige Zeit das größte seiner Art weltweit. Es verbindet die verschiedenen U- und S-Bahn-Ebenen mit den Zugängen zum Platz und beherbergt zahlreiche Geschäfte, Cafés und Restaurants. Die Passagen wurden 2011 umfassend modernisiert und umgebaut und bilden heute eine eigene kleine Welt unter der Oberfläche des belebten Platzes.
Über der Erde sind neben dem Karlstor und der Fußgängerzone weitere markante Bauwerke zu finden. Die den Platz halbkreisförmig begrenzenden Rondellbauten wurden ursprünglich Ende des 18. Jahrhunderts von Johann Baptist Lechner erbaut, inspiriert von der Architektur der Diokletiansthermen in Rom. Auf der westlichen Seite des Platzes, wo einst der Alte Botanische Garten lag, wurde 1891 der beeindruckende Justizpalast errichtet. Der bekannte Brunnen auf dem Platz wurde ebenfalls im Zuge der Baumaßnahmen für die S-Bahn in den 1970er Jahren gebaut.
Zusammenfassung der Namensgebung
Offizieller Name | Populärer Name |
---|---|
Karlsplatz | Stachus |
Benannt nach Kurfürst Karl Theodor (1777) | Benannt nach Gastwirt Eustachius Föderl (seit 1755) |
Einführung durch unbeliebten Herrscher als Akt der Benennung | Entstanden aus bürgerlichem Unmut und langjähriger Gewohnheit, bevorzugt verwendet |
Selten von Einheimischen im Alltag verwendet | Alltäglich verwendet, sogar in offiziellen Durchsagen |
Die Geschichte des Namens Karlsplatz / Stachus ist somit ein schönes Beispiel dafür, wie sich der Wille und die Gewohnheiten der Bevölkerung gegen eine von oben verordnete Bezeichnung durchsetzen können. Der Name Stachus ist mehr als nur eine umgangssprachliche Abkürzung; er ist ein Stück Münchner Identität und Geschichte.

Häufig gestellte Fragen (FAQ)
Warum hat der Platz zwei Namen?
Der Platz hat offiziell den Namen Karlsplatz, benannt nach dem unbeliebten Kurfürsten Karl Theodor im Jahr 1777. Das Volk nutzte jedoch weiterhin den bereits etablierten Namen Stachus, der vom Namen eines Gastwirts (Eustachius Föderl) und seinem Wirtshaus „Stachusgarten“ stammte. Dies war auch ein Ausdruck des zivilen Ungehorsams gegenüber dem unbeliebten Herrscher.
Ist „Stachus“ der offizielle Name?
Nein, der offizielle Name ist Karlsplatz. Stachus ist die umgangssprachliche und bei weitem gebräuchlichere Bezeichnung, die von den Münchnern bevorzugt wird und sogar in offiziellen Durchsagen verwendet wird.
Was ist das Karlstor?
Das Karlstor ist eines der drei verbliebenen mittelalterlichen Stadttore Münchens. Es wurde im 14. Jahrhundert erbaut und war Teil der Stadtbefestigung. Heute bildet es den Übergang vom Karlsplatz zur Fußgängerzone.
Was sind die Stachus Passagen?
Die Stachus Passagen sind ein großes unterirdisches Einkaufszentrum unter dem Karlsplatz / Stachus. Sie wurden in den 1970er Jahren beim Bau der S-Bahn errichtet und beherbergen viele Geschäfte. Darunter befindet sich der wichtige S- und U-Bahnhof.
Was bedeutet die Redewendung „Da geht's ja zu wie am Stachus!“?
Diese Redewendung bedeutet, dass an einem Ort sehr viel los ist, es belebt oder sogar chaotisch zugeht. Sie stammt aus der Zeit vor 1972, als der Stachus einer der verkehrsreichsten Plätze Europas war.
Der Karlsplatz, oder besser gesagt, der Stachus, ist und bleibt ein pulsierendes Herzstück Münchens, reich an Geschichte, Geschichten und alltäglichem Leben. Ein Ort, dessen Name mehr über die Menschen erzählt, die dort leben, als jede offizielle Benennung es je könnte.
Hat dich der Artikel Karlsplatz oder Stachus: Die Münchner Namensgeschichte interessiert? Schau auch in die Kategorie Gastronomie rein – dort findest du mehr ähnliche Inhalte!