Die Rechnung kommt, und darauf findet sich ein Posten, der immer wieder für Überraschung, manchmal sogar für Ärger sorgt: der Preis für Leitungswasser. Während es in vielen Ländern und Betrieben als selbstverständlich gilt, kostenlos Wasser zum Essen zu servieren, wird in der Schweiz oft ein Betrag dafür verlangt. Doch wie viel ist angemessen? Und warum überhaupt dafür bezahlen? Ein aktuelles Beispiel aus Mürren im Berner Oberland, wo ein Gast für einen Liter Leitungswasser acht Franken bezahlen sollte, heizte die Debatte kürzlich neu an. Ist das Wucher oder gibt es dafür eine Berechtigung?
Der Fall im Restaurant Allmendhubel, betrieben von der Schilthornbahn AG, zeigt die unterschiedlichen Perspektiven deutlich. Die Gast beklagte den hohen Preis und meinte, sie hätte anders bestellt, wäre ihr dieser im Voraus bewusst gewesen. Der Direktor der Schilthornbahn AG verteidigte den Preis mit den besonderen Umständen: Das Wasser muss auf fast 3000 Metern über Meer in Tanks via Luftseilbahn transportiert werden, was erhebliche Kosten verursacht. Zudem betonte er, der Preis sei seit Jahren klar auf der Speisekarte deklariert.

Warum kostet Leitungswasser im Restaurant Geld?
Die Argumentation der Gastronomen und ihrer Branchenverbände wie GastroSuisse ist klar: Leitungswasser im Restaurant ist nicht einfach ein kostenloser Rohstoff, der aus dem Hahn fliesst. Es handelt sich um eine Serviceleistung. Für diese Dienstleistung entstehen dem Betrieb Kosten, die gedeckt werden müssen. Patrik Hasler-Olbrych, Kommunikationsleiter von GastroSuisse, erklärt, dass diese Kosten vielfältig sind:
- Personalkosten: Die Serviceangestellten, die das Wasser bestellen, zapfen, servieren und die Gläser abräumen, müssen bezahlt werden.
- Reinigungskosten: Die Gläser, in denen das Wasser serviert wird, müssen gespült werden. Dies verursacht Kosten für Wasser, Energie und Reinigungsmittel.
- Betriebskosten: Während der Gast das Wasser konsumiert, hält er sich in einem Restaurant auf, für das Miete, Strom- und Heizkosten anfallen. Das angenehme Ambiente, die Beleuchtung, die Beheizung oder Kühlung des Raumes – all das sind Faktoren, die in die allgemeinen Betriebskosten einfliessen.
- Investitionskosten: Eventuell sind Investitionen in spezielle Wassersysteme oder Karaffen getätigt worden.
Aus dieser Sicht ist der Preis für Leitungswasser ein Beitrag des Gastes an die Deckung dieser vielfältigen Kosten, die im Rahmen der erbrachten Serviceleistung anfallen.
Rechtliche Aspekte: Transparenz ist Pflicht
Grundsätzlich steht es den Betrieben in der Schweiz frei, für Leitungswasser einen Preis zu verlangen. Es gibt jedoch eine entscheidende Bedingung: Der Gast muss klar und transparent darüber informiert werden. Laut GastroSuisse bedeutet dies:
- Der allfällige Preis für Hahnenwasser muss klar deklariert sein.
- Die Preisinformation muss transparent auf der Speisekarte oder Preisliste stehen.
- Leitungswasser muss für den Gast deutlich von Mineral- oder Quellwasser zu unterscheiden sein, sowohl in der Bezeichnung auf der Karte als auch idealerweise im Service (z.B. in einer spezifischen Karaffe).
Hält sich ein Betrieb an diese Regeln der Transparenz, agiert er im Einklang mit den geltenden Bestimmungen. Der Gast hat somit die Möglichkeit, sich vor der Bestellung über den Preis zu informieren und zu entscheiden, ob er Leitungswasser bestellen möchte oder nicht.
Eine wichtige kantonale Ausnahme gibt es jedoch: Im Kanton Tessin schreibt das kantonale Gastgewerbegesetz vor, dass Leitungswasser zu einer Mahlzeit gratis serviert werden muss. Diese Regelung ist in den anderen Kantonen so nicht vorhanden.
Was sagen die Zahlen? Preise im Überblick
Um ein realistisches Bild der Situation in der Schweiz zu erhalten, lohnt sich ein Blick auf die Branchenstatistik von GastroSuisse. Diese gibt Aufschluss darüber, wie viele Betriebe überhaupt Leitungswasser anbieten und zu welchen Preisen.
Die Erhebung zeigt, dass eine grosse Mehrheit der Schweizer Gastronomiebetriebe Leitungswasser anbietet: Über 90 Prozent aller Betriebe haben Leitungswasser im Angebot. Bei knapp einem Viertel dieser Betriebe ist das Leitungswasser explizit auf der Speisekarte deklariert – was im Sinne der Transparenz wünschenswert ist.
Der wichtigste Punkt für die Gäste dürfte jedoch der Preis sein. Die Statistik zeigt hier ein klares Bild:
- 62 Prozent der Betriebe verrechnen ihren Gästen *nichts* für Leitungswasser.
- Wenn Geld verlangt wird, dann bewegt sich der Preis meist in einem moderaten Rahmen:
- 8,5 Prozent der Betriebe verlangen zwischen einem und zwei Franken pro Liter oder Karaffe.
- 8,1 Prozent der Betriebe verlangen zwischen zwei und drei Franken pro Liter oder Karaffe.
- Nur ein sehr kleiner Anteil der Betriebe verlangt fünf Franken oder mehr.
- Preise über sieben Franken, wie im eingangs erwähnten Beispiel aus Mürren, sind extrem selten. Sie werden lediglich von 0,8 Prozent aller Betriebe in der Schweiz verlangt.
Angesichts von schweizweit rund 20'000 Gastronomiebetrieben bedeutet dies, dass nur etwa 160 Betriebe Preise über sieben Franken für Leitungswasser aufrufen. Der Fall aus Mürren ist somit eine absolute Ausnahme und nicht repräsentativ für die Preisgestaltung in der Schweizer Gastronomie.
Die Zusammensetzung des Preises: Wo fliesst das Geld hin?
Eine Studie von amPuls Market Research aus dem Jahr 2016 hat die Kostenzusammensetzung bei der Preisgestaltung für Leitungswasser untersucht. Die Ergebnisse bestätigen die Argumentation von GastroSuisse, dass der Preis nur zu einem marginalen Teil aus den Warenkosten (also dem reinen Wasserwert) besteht. Der Löwenanteil entfällt auf andere Faktoren:
Kostenfaktor | Anteil am Preis für Leitungswasser |
---|---|
Personalkosten | 49,9 % |
Finanz- und Anlagekosten | 17,4 % |
Allgemeine Betriebskosten | 11,7 % |
Warenkosten (Wasser) | Marginaler Anteil |
Fast die Hälfte des Preises für Leitungswasser ist also auf die Personalkosten zurückzuführen. Dies unterstreicht, dass der Service und die Arbeitszeit der Mitarbeitenden den grössten Kostenblock darstellen. Finanz- und Anlagekosten (z.B. für Gläser, Karaffen, Wassersysteme) sowie allgemeine Betriebskosten (Miete, Energie etc.) machen ebenfalls signifikante Anteile aus. Die Kosten für das Wasser selbst sind im Vergleich dazu verschwindend gering.
Der Extremfall: Warum 8 Franken und mehr?
Das Beispiel aus Mürren mit acht Franken pro Liter Leitungswasser zeigt, dass es in seltenen Fällen durchaus zu sehr hohen Preisen kommen kann. Diese Preise sind, wie die Statistik belegt, keineswegs die Norm (nur 0,8 % der Betriebe). Sie lassen sich oft durch aussergewöhnliche Umstände erklären, wie im Fall von Mürren die Notwendigkeit des Transports über grosse Distanzen und Höhenunterschiede mittels Luftseilbahn. Solche spezifischen Logistik- oder Infrastrukturkosten können die üblichen Service- und Betriebskosten deutlich übersteigen und zu aussergewöhnlich hohen Preisen führen. Wichtig ist auch hier, dass solche Preise klar und unmissverständlich auf der Karte ausgewiesen sind, damit der Gast eine informierte Entscheidung treffen kann.
Häufig gestellte Fragen zum Leitungswasser im Restaurant
Muss Leitungswasser im Schweizer Restaurant immer gratis sein?
Nein, grundsätzlich nicht. Schweizer Gastronomiebetriebe dürfen für Leitungswasser einen Preis verlangen. Es gibt jedoch eine wichtige Ausnahme im Kanton Tessin, wo Leitungswasser zu einer Mahlzeit gratis serviert werden muss.
Ist es legal, für Leitungswasser Geld zu verlangen?
Ja, das ist legal, solange der Gast klar und transparent über den Preis informiert wird. Der Preis muss auf der Speisekarte deklariert sein, und das Leitungswasser muss deutlich von Mineral- oder Quellwasser unterschieden werden.
Warum verlangen Restaurants überhaupt Geld für Leitungswasser?
Restaurants argumentieren, dass das Servieren von Leitungswasser eine Serviceleistung ist, die Kosten verursacht. Dazu gehören Personalkosten für das Servieren, Kosten für das Spülen der Gläser sowie ein Anteil an den allgemeinen Betriebs-, Finanz- und Anlagekosten des Lokals (Miete, Energie, Ambiente).
Was macht Leitungswasser im Restaurant so teuer?
Der Hauptgrund für den Preis sind nicht die Wasserkosten selbst, sondern die damit verbundenen Service- und Betriebskosten. Laut Studien machen Personalkosten fast die Hälfte des Preises aus. Auch allgemeine Betriebskosten sowie Finanz- und Anlagekosten tragen signifikant zum Preis bei.
Sind Preise über 7 Franken für Leitungswasser normal?
Nein, Preise über 7 Franken pro Liter oder Karaffe sind in der Schweiz sehr selten. Gemäss Statistik verlangen nur 0,8 Prozent aller Gastronomiebetriebe solche hohen Preise. Sie treten meist nur unter sehr aussergewöhnlichen Umständen auf, wie z.B. bei hohem Transportaufwand in abgelegenen Lagen.
Wie viele Restaurants in der Schweiz verlangen Geld für Leitungswasser?
Die Mehrheit der Betriebe (62 Prozent) verlangt nichts für Leitungswasser. Wenn ein Preis verlangt wird, liegt dieser meist zwischen einem und drei Franken (bei zusammen rund 16,6 Prozent der Betriebe).
Muss ich Leitungswasser bestellen, wenn ich nichts trinken möchte?
Der Artikel befasst sich mit den Kosten, wenn Leitungswasser bestellt wird. Ob eine Konsumationspflicht besteht, ist eine andere Frage, die hier nicht behandelt wird.
Fazit: Transparenz schafft Klarheit
Die Debatte um die Kosten für Leitungswasser im Restaurant zeigt, dass es sich um ein komplexeres Thema handelt als den einfachen Blick auf den Wasserhahn. Während viele Gäste erwarten, dass Wasser kostenlos ist, sehen Gastronomen darin eine legitime Serviceleistung, für die Kosten anfallen. Die grosse Mehrheit der Betriebe in der Schweiz bietet Leitungswasser an, und über 60 Prozent servieren es sogar gratis. Wenn ein Preis verlangt wird, ist dieser in der Regel moderat, und sehr hohe Preise sind seltene Ausnahmen, oft begründet durch spezifische Umstände.
Für Gäste ist das Wichtigste, dass die Preise transparent auf der Speisekarte ausgewiesen sind. So kann jeder selbst entscheiden, ob er bereit ist, den verlangten Preis für das Leitungswasser als Teil der gesamten Restauranterfahrung zu bezahlen. Die gesetzlichen Vorgaben zur Transparenz sollen genau dies gewährleisten.
Hat dich der Artikel Leitungswasser im Restaurant: Ein teurer Schluck? interessiert? Schau auch in die Kategorie Gastronomie rein – dort findest du mehr ähnliche Inhalte!