Wer ist der älteste Italiener in Wien?

Pasquale Tavella: Wiens ältester Italiener

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Inmitten der lebendigen Zieglergasse im siebten Wiener Gemeindebezirk verbirgt sich ein Stück Wiener Gastronomiegeschichte: die Pizzeria Il Mare. Seit dem 4. September 1975 öffnet Pasquale Tavella hier seine Türen und beansprucht damit den Titel des ältesten Pizzabäckers und der älteste Pizzeria Wiens. Seine Geschichte ist eine von Leidenschaft, Tradition und einer tiefen Verbindung zur Stadt, die er seine Heimat nennt.

Wer ist der älteste Italiener in Wien?
Die älteste Pizzeria Wiens: Das Il Mare feiert seinen 40er. Pasquale Tavella serviert seit 1975 in der Zieglergasse Pizza und Bistecca Fiorentina. Nicht nur Wiener Promis wissen das zu schätzen.

Pasquale Tavella kam bereits 1973 aus Südtirol, Italien, nach Wien – der Liebe wegen. Bevor er sein eigenes Lokal eröffnete, sammelte er Erfahrungen in der Wiener Gastronomie, unter anderem im Stadtkrug. Doch sein Herz schlug für die authentische italienische Küche, insbesondere für die Pizza, wie er sie aus seiner Heimat kannte. Da es in Wien nach seinem Empfinden noch keine „richtige“ Pizzeria gab, beschloss er kurzerhand, selbst eine zu gründen.

Die Anfänge in der Zieglergasse

Die Wahl der Zieglergasse 15 als Standort für sein Restaurant, das er Il Mare nannte, war eher dem Zufall geschuldet. Bei der ersten Besichtigung kam er von der Burggasse und wusste gar nicht, dass die belebte Mariahilfer Straße ganz in der Nähe lag. Doch dieser Zufall erwies sich als Glücksfall. Sein einfaches Lokal wurde schnell angenommen.

Anfangs war das Il Mare vor allem ein Treffpunkt für Studenten. Doch mit der Zeit entwickelten sich viele dieser jungen Gäste zu erfolgreichen Persönlichkeiten, die ihrem Stammlokal treu blieben. So wuchs der Kreis der Stammgäste stetig und umfasste bald auch zahlreiche bekannte Gesichter aus Kunst, Kultur, Sport und Politik.

Ein Treffpunkt für Prominente

Die Liste der berühmten Gäste, die im Il Mare ein und aus gingen oder noch immer gehen, liest sich wie das Who’s Who des öffentlichen Lebens: Catherine Deneuve, Michael Haneke, Falco, Eros Ramazzotti, Gottfried Helnwein, Toni Polster, Stermann und Grissemann, Hubert von Goisern, Wolfgang Böck, Chris Lohner, Steffen Hofmann, Michael Häupl oder Werner Faymann – sie alle schätzen die Küche und die Atmosphäre bei Pasquale Tavella. Warum gerade so viele Prominente den Weg in sein Lokal finden, kann Pasquale selbst nicht genau erklären. Er ist selbst ein Künstlerfan und in einer Künstlerfamilie aufgewachsen. Vielleicht spüren die Gäste diese besondere Verbundenheit zur Kunst und Kultur, die im Lokal gelebt wird.

Das Il Mare ist ein Familienbetrieb. Pasquale führt das Restaurant gemeinsam mit seiner Ehefrau Christa und der gemeinsamen Tochter Grazia. Diese familiäre Atmosphäre trägt sicherlich ebenfalls dazu bei, dass sich die Gäste – ob berühmt oder nicht – wohlfühlen.

Mehr als nur Pizza: Der Holzofen und die Bistecca

Das Restaurant wurde im Laufe der Jahre zwar vergrößert, optisch jedoch kaum verändert. Ein zentrales Element ist bis heute der Holzofen. In diesem Ofen wird nicht nur die Pizza gebacken, sondern auch eine weitere Spezialität des Hauses zubereitet: die Bistecca Fiorentina. Dieses nach toskanischer Art zubereitete T-Bone-Steak ist bei den Gästen äußerst beliebt und ein Beispiel dafür, dass das Il Mare mehr zu bieten hat als nur Pizza.

An den Wänden des Lokals hängen zahlreiche Fotos, die Pasquale Tavella mit seinen prominenten Gästen zeigen. Sie sind ein stilles Zeugnis der langen Geschichte des Restaurants und der vielen Begegnungen, die hier stattgefunden haben.

Die Pizza-Philosophie: Von Neapel nach Italien

Pasquale Tavella begann ursprünglich mit der Zubereitung neapolitanischer Pizza. Nach einigen Jahren stellte er jedoch auf die italienische Variante um. Auf die Frage nach dem Unterschied erklärt er, dass der Teig bei der neapolitanischen Pizza weich und flaumig ist und die Pizza nur wenig belegt wird. Die italienische Pizza hingegen zeichnet sich durch einen dünnen, knusprigen Teig und etwas mehr Belag aus.

Die Umstellung auf die italienische Variante begründet er mit den Vorlieben seiner Wiener Gäste. Er sagt schmunzelnd, dass „die Wienerinnen nicht dick werden wollen“ und die italienische Pizza mit ihrem dünnen Teig „fast Diätessen“ sei. Von Anfang an sei sein Lokal gut angenommen worden, weil die Leute durch ihre Urlaube am Meer wussten, was Pizza ist. Er vergleicht dies mit der heutigen Zeit, in der manche glauben, Pizza müsse besonders groß sein, mit viel Oregano und Knoblauch.

Vergleich: Neapolitanische vs. Italienische Pizza

MerkmalNeapolitanische PizzaItalienische Pizza (Il Mare Stil)
TeigWeich und flaumigDünn und knusprig
BelagWenig belegt, Fokus auf wenige, hochwertige ZutatenEtwas mehr Belag möglich
GebackenSehr heiß und kurz im HolzofenEbenfalls im Holzofen
CharakteristikTraditionell, oft mit geschützter HerkunftsbezeichnungRegionale Vielfalt, Anpassung an lokale Vorlieben
Pasquales Begründung für den WechselUrsprünglich serviertAnpassung an den Wunsch der Wiener nach dünnem Teig ("fast Diätessen")

Die Trattoria in der Neustiftgasse

Zwischen 1977 und 1986 betrieb Pasquale Tavella ein zweites Lokal: die Trattoria de Pasquale in der Neustiftgasse. Auch dieses Lokal entwickelte sich schnell zu einem beliebten Treffpunkt, insbesondere für Künstler. Nach einigen Jahren entschied sich Tavella jedoch, sich wieder voll und ganz auf sein erstes Lokal, das Il Mare, zu konzentrieren. Eine Entscheidung, die sich als richtig erwies, denn das Il Mare läuft bis heute sehr gut.

Pasquale Tavella stellt fest, dass den Wienern die italienische Küche sehr wichtig ist, manchmal sogar wichtiger als die eigene. Dies zeigt die anhaltende Beliebtheit seines Lokals über Jahrzehnte hinweg.

Leidenschaft, die nicht in Pension geht

Zum Zeitpunkt des Interviews war Pasquale Tavella offiziell seit drei Monaten in Pension. Doch der Beruf ist für ihn mehr als nur Arbeit – er ist eine Leidenschaft. Und dieser Leidenschaft geht er auch im Ruhestand weiterhin nach. Das zeigt sich auch daran, dass das Reservierungsbuch des Il Mare wie eh und je gut gefüllt ist.

Eine große Jubiläumsfeier zum 40-jährigen Bestehen (im Jahr 2015, Anm. d. Red.) gab es übrigens nicht. Pasquale Tavella meinte dazu, dass er nicht alle einladen könne, dafür müsste er die Mariahilfer Straße sperren. Und das würde nur dazu führen, dass sich die Gäste ärgern, weil sie keinen Platz bekommen. Bescheidenheit und Pragmatismus zeichnen ihn aus.

Am Ende des Gesprächs möchte Pasquale Tavella noch etwas loswerden: „Es ist ein Privileg für mich, in dieser schönen Stadt ein Restaurant zu haben.“ Diese Worte spiegeln die tiefe Verbundenheit wider, die er nach all den Jahren zu Wien und seinem Beruf hat.

Häufig gestellte Fragen zu Pasquale Tavella und Il Mare

Ist Il Mare wirklich die älteste Pizzeria Wiens?

Laut Pasquale Tavella selbst, ja. Er eröffnete das Lokal am 4. September 1975 in der Zieglergasse und beansprucht diesen Titel als erster und ältester Pizzabäcker in Wien.

Welche Art von Pizza wird im Il Mare serviert?

Ursprünglich neapolitanische Pizza, hat Pasquale Tavella vor vielen Jahren auf die dünnere, knusprigere "italienische" Variante umgestellt, da diese bei den Wiener Gästen beliebter ist und er sie scherzhaft als "fast Diätessen" bezeichnet.

Was ist die Spezialität neben Pizza?

Eine besondere Spezialität des Hauses ist die Bistecca Fiorentina, ein nach toskanischer Art zubereitetes T-Bone-Steak, das ebenfalls im Holzofen gegart wird und sehr geschätzt wird.

Warum kommen so viele Prominente ins Il Mare?

Pasquale Tavella ist selbst ein Künstlerfan und kommt aus einer Künstlerfamilie. Er vermutet, dass dies eine besondere Atmosphäre schafft, die Prominente anzieht. Zudem ist das Lokal seit Jahrzehnten eine etablierte Größe und bietet eine beständige Qualität und familiäre Gastfreundschaft.

Ist Pasquale Tavella immer noch im Restaurant tätig?

Obwohl er offiziell in Pension ist, arbeitet Pasquale Tavella weiterhin im Il Mare. Er beschreibt seinen Beruf als Leidenschaft, der er auch im Ruhestand mit großer Freude nachgeht.

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Bruno Auerei Leimen

Ich heiße Bruno Auerei Leimen und wurde 1979 in Heidelberg geboren. Seit über zwanzig Jahren widme ich mich leidenschaftlich der Entdeckung der kulinarischen Vielfalt Deutschlands. Nach meinem Studium der Literatur und des Journalismus an der Universität München habe ich es mir zur Aufgabe gemacht, meine Liebe zum Schreiben mit meiner Neugier für authentische regionale Küche zu verbinden. Heute arbeite ich als Gastronomiekritiker, habe drei Bücher über kulinarische Reisen veröffentlicht und schreibe regelmäßig für renommierte Magazine. Besonders schlägt mein Herz für traditionelle Gerichte und handwerklich gebrautes Bier.

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