Was ist Labskaus in Hamburg?

Labskaus in Hamburg: Mehr als Seemannskost

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Labskaus ist ein Gericht, das sofort Assoziationen an den hohen Norden, an raue Seeluft und traditionelle Seemannskost weckt. Besonders in Hamburg, der berühmten Hafenstadt, gehört Labskaus auf viele Speisekarten und gilt als kulinarisches Wahrzeichen – auch wenn seine Herkunft und Zubereitung oft Anlass zu lebhaften Diskussionen geben. Dieses Gericht, dessen Aussehen für manchen Neuling gewöhnungsbedürftig sein mag, erzählt eine lange Geschichte von Seefahrt, Notwendigkeit und regionaler Vielfalt.

Auf den ersten Blick mag Labskaus mit seiner markanten roten Farbe und der breiigen Konsistenz ungewöhnlich erscheinen. Doch hinter der Fassade verbirgt sich ein herzhaftes und nahrhaftes Gericht, das tief in der norddeutschen und skandinavischen Kultur verwurzelt ist. In Hamburg, wo die maritime Geschichte allgegenwärtig ist, hat Labskaus einen besonderen Platz in der kulinarischen Identität.

Was ist Labskaus in Hamburg?
Deutsches Labskaus besteht im Wesentlichen aus gekochten Kartoffeln, Gurken, Corned Beef oder Pökelfleisch, alles gestampft und vermengt, und dazu gereichtem Matjes bzw. Rollmops, Zwiebeln, Rote Bete und Spiegelei. Statt Corned Beef oder Pökelfleisch kann dabei auch frisches Rinderhackfleisch verwendet werden.

Was genau ist Labskaus?

Im Kern ist Labskaus ein Kartoffelgericht, das traditionell mit Rindfleisch (oft gepökelt oder als Corned Beef) und Roter Bete zubereitet wird. Diese Hauptzutaten werden gekocht, zerkleinert oder püriert und zu einer Art Brei vermengt. Was das deutsche Labskaus von anderen Varianten unterscheidet und besonders in Norddeutschland beliebt macht, sind die typischen Beilagen: eingelegte Gurken, Spiegelei und natürlich Matjes oder Rollmops.

Die Konsistenz des Labskaus selbst ist meist weich und homogen, oft durch die Verwendung von gestampften Kartoffeln und durchgedrehtem Fleisch und Gemüse. Die Rote Bete verleiht dem Gericht nicht nur seine charakteristische Farbe, sondern auch eine leicht süßliche, erdige Note, die gut mit dem salzigen Fleisch und den säuerlichen Gurken harmoniert. Das Spiegelei mit seinem flüssigen Eigelb und der gebratene Hering (Matjes oder Rollmops) fügen weitere Texturen und Geschmacksnuancen hinzu, die das Gericht abrunden.

Die faszinierende Geschichte des Labskaus

Die Geschichte des Labskaus ist untrennbar mit der Seefahrt verbunden. Es entstand in einer Zeit, als lange Seereisen unter Segeln Alltag waren und die Haltbarkeit von Lebensmitteln eine enorme Herausforderung darstellte. An Bord von Segelschiffen war Pökelfleisch oft die einzige verfügbare Fleischration, da es lange haltbar war. Allerdings litten viele Seeleute an Skorbut, einer Vitamin-C-Mangelkrankheit, die zu geschwächten Zähnen führte und das Kauen fester Nahrung erschwerte. Hier kam Labskaus ins Spiel.

Um das vorgeschriebene Pökelfleisch für die Matrosen essbar zu machen, wurde es kleingehackt oder püriert. Die Zugabe von Roter Bete und Gurken war nicht nur geschmacklich vorteilhaft, sondern hatte auch einen wichtigen gesundheitlichen Nutzen: Sie enthalten viel Vitamin C und halfen, Skorbut vorzubeugen, auch wenn der genaue Zusammenhang den Seeleuten damals wahrscheinlich nicht bekannt war. Zudem konnte die breiige Konsistenz helfen, die oft nicht mehr beste Qualität der Lebensmittel auf langen Reisen zu kaschieren.

Erste Erwähnungen des Gerichts finden sich bereits im frühen 18. Jahrhundert. Der englische Autor Ned Ward erwähnte es 1706. In der deutschen Literatur tauchte Labskaus später auf, etwa in einem seemännischen Wörterbuch von 1878, wo bereits Kartoffeln als Zutat genannt wurden. Mit der Zeit und dem Übergang der Seeleute an Land wurde das Gericht auch an Landküchen übernommen. Hier ergab sich die Möglichkeit, statt des schwer erhältlichen Pökelfleisches auch frisches Rinderhackfleisch zu verwenden, was zu weiteren Varianten führte.

Regionale Vielfalt und die Frage nach dem „Original“

Eine der größten Besonderheiten von Labskaus ist die Tatsache, dass es nicht DAS eine Originalrezept gibt. Die Zubereitung variiert stark von Region zu Region und sogar von Familie zu Familie. Diese Vielfalt führt oft zu lebhaften Diskussionen, insbesondere über die Frage, ob Fisch ein ursprünglicher Bestandteil des Gerichts ist oder lediglich eine Beilage.

Wo wird Labskaus gegessen?
Verbreitung. Labskaus wird heute in ganz Norddeutschland und Teilen von Skandinavien gegessen. Allerdings beileibe nicht jeden Tag und auch nicht von jedermann.

Die Meinungen gehen hier weit auseinander. Manche Quellen deuten auf einen englischen Ursprung hin, während andere eine norddeutsche oder nordeuropäische Herkunft vermuten. In Norddeutschland selbst gibt es klare Unterschiede: In Städten wie Lübeck gehört Fisch (oft Matjes) traditionell IN das Gericht, während in Flensburg oder Nordfriesland Labskaus üblicherweise ohne Fisch zubereitet wird und Fisch nur als Beilage gereicht wird. Wer behauptet, Labskaus könne nur auf eine Art und Weise korrekt gekocht werden, ignoriert schlichtweg diese historische und regionale Vielfalt.

Über die Grenzen Norddeutschlands hinaus gibt es weitere interessante Varianten:

Regionale Labskaus-Varianten im Vergleich

RegionMerkmaleTypische FleischbasisFisch enthalten?Weitere Besonderheiten
Deutsches Labskaus (Standard)Breiige KonsistenzPökelfleisch / Corned Beef / RinderhackOft nicht im Brei, aber Matjes/Rollmops als BeilageMit Roter Bete, Gurken, oft Spiegelei als Beilage
Labskaus (Lübeck)Breiige KonsistenzPökelfleisch / Corned BeefJa, oft Matjes im BreiMit Roter Bete, Gurken, Spiegelei als Beilage
Labskaus (Flensburg/Nordfriesland)Breiige KonsistenzPökelfleisch / Corned BeefNeinMit Roter Bete, Gurken, Matjes/Rollmops & Spiegelei als Beilage
Mecklenburger LabskausStark abweichendUnklar, oft ohne Fleisch im Brei?NeinKeine Rote Bete, keine Gurken im Gericht
Dänisches Labskaus (Skipperlabskovs)Eher Eintopf-artig, Fleisch gewürfeltFrisches Rind- oder Schweinefleisch (gewürfelt)NeinWird oft auf Mischbrotscheiben serviert
Norwegisches LabskausSuppen-ähnlich, dickflüssigPökelfleischUnklarMit Wurzelgemüse und Steckrüben
Liverpooler ScouseEintopf-artig, Fleisch am KnochenRind- oder Lammfleisch am KnochenNeinMit Kartoffeln, Zwiebeln, Wurzelgemüse, oft Graupen. Serviert mit eingelegtem Rotkohl/Roter Bete.

Diese Übersicht zeigt, wie unterschiedlich die Interpretation dieses einfachen Seemannsgerichts sein kann. Während das deutsche Labskaus oft als homogener Brei serviert wird, sind andere Varianten eher Eintöpfe oder Suppen. Die Frage, was nun das einzig „echte“ Labskaus ist, bleibt also eine des regionalen Geschmacks und der Tradition.

Labskaus in Hamburg heute

Heute ist Labskaus in Hamburg nicht mehr nur ein Gericht für Seeleute, sondern hat sich zu einem festen Bestandteil der norddeutschen und Hamburger Küche entwickelt. Es steht auf den Speisekarten vieler traditionsbewusster und gutbürgerlicher Restaurants in der Stadt und Umgebung. Es ist ein Gericht, das oft von Einheimischen und Besuchern gleichermaßen gesucht wird, die die authentische Hamburger Küche erleben möchten.

Labskaus erlebt in den letzten Jahren eine Art Renaissance. Ähnlich wie andere ehemalige „Arme-Leute-Essen“, die heute als Delikatessen gelten (wie Matjes oder Lachs), wird Labskaus wieder stärker wertgeschätzt. Es repräsentiert Hausmannskost im besten Sinne – ehrlich, nahrhaft und mit viel Geschmack. Man findet es in Hamburg sowohl ganzjährig auf den Speisekarten als auch saisonal als wechselndes Gericht.

Die Zubereitung: Kein Geheimnis, aber viele Wege

Die Zubereitung von Labskaus mag aufwendig erscheinen, folgt aber einfachen Prinzipien. Für die am weitesten verbreitete deutsche Variante wird gepökeltes Rindfleisch gekocht und anschließend zusammen mit eingelegter Roter Bete, Gewürzgurken und optional Matjes durch den Fleischwolf gedreht. Anstelle von Pökelfleisch wird heute oft auf Corned Beef aus der Dose zurückgegriffen, da es leichter erhältlich ist. Zwiebeln, die früher oft mit verarbeitet wurden, werden heute häufiger als Beilage serviert.

Die so entstandene Masse wird in Schweineschmalz angedünstet und mit Gurkenwasser oder Kochbrühe durchgekocht. Im letzten Schritt werden gekochte und gestampfte Kartoffeln untergerührt, um die typische breiige Konsistenz zu erhalten. Serviert wird dieser Brei dann klassischerweise garniert mit einem Spiegelei, ein oder zwei Rollmöpsen oder Bismarckheringen und einer Gewürzgurke.

Was kostet eine Portion Labskaus?
5,49 € inkl. MwSt.

Häufig gestellte Fragen zu Labskaus

Da Labskaus ein so einzigartiges und historisch vielfältiges Gericht ist, gibt es einige Fragen, die immer wieder gestellt werden:

Wo wird Labskaus gegessen?

Labskaus ist ein Gericht, das hauptsächlich in Norddeutschland verbreitet ist, insbesondere in den Hansestädten wie Hamburg und Bremen sowie in Schleswig-Holstein und Teilen Niedersachsens. Es wird aber auch in skandinavischen Ländern wie Norwegen, Dänemark und Schweden in unterschiedlichen Varianten gegessen.

Kommt Labskaus ursprünglich aus Hamburg?

Nein, Labskaus ist kein Original Hamburger Gericht im Sinne einer Erfindung, die ausschließlich in Hamburg stattfand. Es ist ein Seemannsgericht, das auf langen Reisen entstand, um haltbare Lebensmittel für Matrosen essbar zu machen. Da Hamburg ein bedeutender Hafen war und ist, hat Labskaus hier eine starke Tradition und gehört fest zur lokalen Küche, aber es ist nicht exklusiv Hamburger Ursprungs.

Kann man Labskaus einfach so essen? Wie schmeckt es?

Ja, natürlich kann man Labskaus essen! Es schmeckt kräftig und herzhaft, oft verglichen mit einem sehr würzigen Kartoffelmus. Die Kombination aus salzigem Fleisch, süßlicher Roter Bete, säuerlichen Gurken und den Beilagen wie dem cremigen Spiegelei und dem herben Hering ist einzigartig und für viele sehr schmackhaft. Es ist definitiv Hausmannskost und nichts für Vegetarier, aber für Liebhaber der deftigen Küche ein Genuss.

Wo kann man Labskaus in Hamburg essen?

Labskaus steht in vielen Restaurants mit Fokus auf Hamburger oder norddeutsche Küche auf der Speisekarte. Zahlreiche traditionelle und gutbürgerliche Gasthäuser in der Stadt bieten Labskaus dauerhaft an. Andere Restaurants führen es saisonal oder als wechselndes Tagesgericht. Am besten informiert man sich direkt bei den Restaurants, ob Labskaus angeboten wird.

Wie wird „echtes“ Labskaus zubereitet?

Wie bereits erwähnt, gibt es nicht DIE eine „echte“ Zubereitung von Labskaus. Die Rezepte unterscheiden sich regional und persönlich. Es gibt viele Debatten über Details, zum Beispiel ob Matjes mit in den Brei gemischt oder separat serviert werden sollte. Jede Region und viele Köche haben ihre eigene Vorstellung vom „richtigen“ Labskaus. Die Vielfalt ist Teil dessen, was Labskaus so interessant macht.

Fazit

Labskaus mag optisch polarisieren, doch geschmacklich und historisch ist es ein faszinierendes Gericht. Es ist mehr als nur ein Brei – es ist ein Stück Seefahrtsgeschichte, ein Zeugnis der Notwendigkeit und des Einfallsreichtums unter schwierigen Bedingungen. In Hamburg hat Labskaus seinen festen Platz gefunden und repräsentiert die herzhafte, bodenständige Küche des Nordens. Wer Hamburg besucht und die lokale Kulinarik erleben möchte, sollte sich trauen, dieses traditionelle Gericht zu probieren. Es ist ein einzigartiges Geschmackserlebnis, das die Geschichte der Hansestadt lebendig werden lässt.

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Bruno Auerei Leimen

Ich heiße Bruno Auerei Leimen und wurde 1979 in Heidelberg geboren. Seit über zwanzig Jahren widme ich mich leidenschaftlich der Entdeckung der kulinarischen Vielfalt Deutschlands. Nach meinem Studium der Literatur und des Journalismus an der Universität München habe ich es mir zur Aufgabe gemacht, meine Liebe zum Schreiben mit meiner Neugier für authentische regionale Küche zu verbinden. Heute arbeite ich als Gastronomiekritiker, habe drei Bücher über kulinarische Reisen veröffentlicht und schreibe regelmäßig für renommierte Magazine. Besonders schlägt mein Herz für traditionelle Gerichte und handwerklich gebrautes Bier.

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