Was ist typisch persische Küche?

Eine kulinarische Reise durch Persien

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Nach einer intensiven Woche voller Entdeckungen in diversen Restaurants, Cafés und heimischen Küchen Irans ist es an der Zeit, die Früchte harter Arbeit zu präsentieren. Gemeinsam mit iranischen Partnern entstand während eines Aufenthalts im Iran ein Projekt über traditionelles persisches Essen, das darauf abzielt, die fantastische Welt dieser Küche näherzubringen. Es ist nicht nur der Weg zum Herzen eines Mannes, der durch den Magen führt; auch auf kulinarischem Wege lässt sich ein Land und seine Menschen auf tiefgreifende Weise kennenlernen. Selbst die ältesten Gebäude und stundenlange Museumsbesuche können nicht das bieten, was das gemeinsame Sitzen am Küchentisch einer persischen Familie bei selbstgemachten Mahlzeiten oder das Flanieren über einen lebhaften Basar mit seinen verführerischen Gerüchen und fremd wirkenden Köstlichkeiten ermöglicht.

Ist persisches Essen dasselbe wie iranisches Essen?
Da in der westlichen Welt der Begriff „Persien“ historisch gebräuchlich ist und sich auf den Iran bezieht, wird er auch als persische Küche bezeichnet , obwohl die Perser nur eine von vielen iranischen Volksgruppen sind, die zu den kulinarischen Traditionen des Iran beigetragen haben.

Kochen und Essen sind seit jeher von vitaler Bedeutung und fungieren daher als großartige Bewahrer von Geschichte, Erinnerungen und Emotionen. Darüber hinaus ist Essen eine universelle Sprache, die jeder versteht. Formen, Geschmäcker, Gerüche, Texturen – jeder hat eine Meinung und kann Unterschiede erkennen, ob positiv oder negativ. Dabei geht es nicht nur um kulturelle Unterschiede zwischen Ländern, sondern auch um die feinen Nuancen, die einzelne Regionen eines Landes voneinander abheben. Aus diesem Grund wurde diese Serie über traditionelles iranisches Essen ins Leben gerufen, die sich hauptsächlich auf die populärsten, traditionellsten oder im Vergleich zur deutschen Kultur 'ungewöhnlichsten' Gerichte konzentriert. Das Projekt legte Wert darauf, die Speisen in einem hellen und lebendigen Umfeld zu inszenieren, ergänzt durch Gegenstände, die die iranische Kultur repräsentieren, wie traditionelles Geschirr, alte Stoffe und sogar ein Hauch des traditionellen iranischen Blaus in jedem Bild.

Iranische Klassiker und Hauptspeisen

Die persische Hauptküche ist reichhaltig und vielfältig, oft geprägt von Reisgerichten und herzhaften Komponenten. Einer der unbestrittenen Klassiker, der auch in Deutschland bekannt ist, ist der Kebab. Im Iran findet man Kebab an jeder Ecke, vorzugsweise serviert mit Reis oder Brot und frischem Basilikum. Eine perfekte Begleitung dazu ist Doogh, ein erfrischendes Getränk aus Joghurt, Wasser und Minze. Wer den türkischen Ayran kennt, hat eine ungefähre Vorstellung von Doogh, dessen Geschmack je nach Marke und Zubereitung zwischen salzig und sauer variiert.

Direkt nach Kebab nimmt das Hähnchen einen prominenten Platz ein und gehört zu den beliebtesten und häufigsten persischen Speisen. Wie fast jedes Gericht wird auch Hähnchen meist mit Reis serviert. Ein herausragendes Beispiel ist Zereshk polo ba morgh, Reis mit Berberitzen und Hühnchen. Die Berberitzen werden hierfür mit Safran, Zucker und Öl gekocht, was ihnen eine süßliche bis säuerliche Note verleiht, je nach persönlichem Geschmack. Apropos Safran: Im Iran führt kein Weg an diesem kostbaren Gewürz vorbei. Es wird in fast allen gängigen Gerichten verwendet, so natürlich auch für das allseits beliebte Hähnchen in Form von Morghe Zaferani, dem Safran Hähnchen.

Ein besonderes Highlight und eine Kunst für sich ist die iranische Art der Reiszubereitung. Hier können wir uns definitiv etwas abschauen. Bei Polo ba Tahdig sibzamini wird der Boden eines Topfes mit Kartoffelscheiben ausgelegt, bevor der vorgekochte Reis eingefüllt wird. Dabei dürfen großzügige Mengen Butter oder Öl nicht fehlen. Dieses Arrangement wird so lange gekocht, bis Reis und Kartoffeln eine wunderschön knusprige, goldene Kruste bilden – für viele der leckerste Teil des gesamten Gerichtes. Es gibt sogar spezielle Techniken, um den perfekten persischen Reis zu Hause zuzubereiten.

Eine weitere sehr leckere Reisvariante, oft zu festlicheren Anlässen serviert, ist Morassa polo, auch bekannt als Juwelenreis. Dies ist ein süß zubereiteter Safran Reis, verfeinert mit einer Vielzahl von Toppings wie Orangenschalen, Rosinen, Mandeln, Pistazien, Karotten und Berberitzen. Er wird traditionell als Kontrast zu deftigem Fleisch serviert und bietet ein opulentes Geschmackserlebnis.

Beilagen, Vorspeisen und Dips

Die persische Küche zeichnet sich auch durch eine beeindruckende Vielfalt an Beilagen und Vorspeisen aus, die oft das Hauptgericht ergänzen oder als eigenständige kleine Mahlzeiten genossen werden. Sabzi khordan ist eine einfache, aber essenzielle Beilage, bestehend aus verschiedenen frischen Kräutern, Radieschen und Frühlingszwiebeln, die immer zum Essen auf den Tisch gestellt werden. Sie sorgen für Frische und eine leichte Schärfe.

Aus dem Nordiran stammt Zeytoon parvarde, marinierte Oliven in einer köstlichen Sauce aus Granatapfel und Walnüssen. Diese Kombination aus säuerlichem Granatapfel, nussigen Walnüssen und den salzigen Oliven ist einzigartig und sehr beliebt.

Ein weiteres Markenzeichen der persischen Küche ist eingelegtes Gemüse. Shoor bedeutet wörtlich 'salzig' und bezeichnet salzig eingelegtes Gemüse. Die Iraner legen fast alles ein! Neben Shoor gibt es auch sauer eingelegtes Gemüse, das Torshie makhloot genannt wird. Wer Shoor selbst herstellen möchte, findet leicht passende Rezepte.

Joghurt ist im Iran ein Grundnahrungsmittel und wird in vielen Formen genossen. Mast moosir ist ein deftiger Joghurt, der mit Knoblauch und verschiedenen Kräutern zubereitet und zu nahezu allen Speisen serviert wird. Seine cremige Textur und der würzige Geschmack passen hervorragend zu Reis- und Fleischgerichten.

Unter den Dips und Vorspeisen sind Kashke bademjoon und Mirza ghasemi besonders hervorzuheben. Kashke bademjoon ist ein deftiger Auberginen-Dip, der aus Quark, Aubergine und Knoblauch besteht und oft mit frittierter Minze und glasierten Zwiebeln getoppt wird. Traditionell wird er mit Brot serviert. Mirza ghasemi, ebenfalls ein deftiger Auberginen-Dip, stammt ebenfalls aus dem Nordiran und unterscheidet sich durch die Zugabe von Tomaten und Ei zur Aubergine und Knoblauchbasis. Auch dieser Dip wird mit Brot gegessen und wird von vielen als absolutes Lieblingsessen geschätzt.

Eine weitere saure Vorspeise ist Torshie bademjoon shekam por, gefüllte eingelegte Aubergine. Diese Auberginen werden mit noch mehr eingelegtem Gemüse gefüllt, was ihren sauren Charakter unterstreicht. Dies zeigt einmal mehr die Vorliebe der Iraner für eingelegte Speisen.

Persisches Frühstück: Ein Morgenmahl der besonderen Art

Das Frühstück im Iran kann überraschend üppig und vielfältig sein. Eine Variante ist Khame moraba ba asal, im Prinzip ein iranischer Obstsalat. Er besteht aus gemischtem Obst der Saison, serviert mit Sahne, verschiedenen Marmeladen und Honig – natürlich immer begleitet von Brot.

Das traditionelle iranische Frühstück, Sobhaneye sonati irani, ist oft einfacher, aber dennoch reichhaltig. Es kann aus cremigem, feta-ähnlichem Käse (oft Tabrizi-Käse), frischen Tomaten und Gurken, Brot, Walnüssen, Oliven und Melone bestehen. Diese Kombination bietet eine ausgewogene Mischung aus herzhaften und erfrischenden Komponenten.

Die Kunst der persischen Teezeit

Wenn man den Iran bereist, kommt man am schwarzen Teezeit nicht vorbei. Iraner trinken Tee. Zu. Jeder. Zeit. Chai Siah, der traditionelle iranische schwarze Tee, ist allgegenwärtig und wird den ganzen Tag über genossen. Es ist mehr als nur ein Getränk; es ist ein fester Bestandteil des sozialen Lebens und der Gastfreundschaft.

Neben dem klassischen schwarzen Tee gibt es auch spezielle Teesorten für bestimmte Anlässe oder Stimmungen. Gol gavzaban, auch bekannt als Boretsch Tee, wird aus lila Blüten zubereitet. Er hat einen sehr sanften Eigengeschmack und soll beruhigend wirken, weshalb er gerne am Abend getrunken wird. Ein interessanter Effekt ist, dass sich das lila Teewasser rot färbt, wenn man etwas Zitrone hinzufügt. Chai Zaferani, der Safran Tee, wird gerne zu besonderen Anlässen wie Familienfeiern serviert. Dieser gelbe Tee soll die Stimmung aufhellen und glücklich machen.

Zur persischen Teezeit gehören immer auch Snacks und Süßigkeiten. Der Tee wird niemals alleine serviert. Frisches Obst oder eine Auswahl süßer oder salziger Knabbereien sind ständige Begleiter. Zu den traditionellen iranischen Süßigkeiten, Shirini sonati irani, gehören beispielsweise Nabat, Kandiszucker mit Safran zum Süßen des Tees, sowie verschiedene Kekse und Gebäck. Nane berenji sind Safran Kekse. Baslogh ist eine Marshmallow-artige Süßigkeit aus Maismehl und Kokosnuss, oft mit verschiedenen Füllungen. Auch Baklava, das dem türkischen Baklava sehr ähnlich ist, findet man im Iran. Gaz ist ein iranisches weißes Nougat. Ghotab ist ein spezieller Keks, der besonders für die Stadt Yazd bekannt ist. Und nicht zu vergessen: frische, saftige und sehr süße Datteln, die im Iran oft köstlicher und günstiger sind als importierte Datteln.

Eine ungewöhnliche Spezialität: Kalle Pache

Nun zu einem der wohl ungewöhnlichsten und für europäische Augen gewöhnungsbedürftigsten Gerichte der persischen Küche: Kalle Pache. Entgegen aller Erwartungen wird diese iranische Delikatesse früh morgens zum Frühstück gegessen. Das Gericht ist sehr fettig und schwer und wird daher nicht täglich, sondern eher wöchentlich genossen. Bestandteile von Kalle Pache sind der Kopf und die Beine vom Schaf, genauer gesagt das Gehirn, die Augen, die Zunge, die Ohren und die Beine. Oft wird das Schaf auch in einer Brühe mit aufgeweichtem Brot und Öl gegessen, ähnlich einer Suppe.

Bevor man sich eine voreingenommene Meinung über solch ein Gericht bildet, ist es wichtig, sich genauestens darüber zu informieren und, wenn sich die Gelegenheit bietet und es mit der eigenen Ernährungsweise vereinbar ist, es selbst zu probieren. Der Autor dieses Artikels hatte die Gelegenheit, Kalle Pache zu kosten. Es war ein ungewöhnliches kulinarisches Erlebnis. Das Gehirn erwies sich als massiver Klumpen aus Fett, der geschmacklich nicht sonderlich aufregend war. Die Zunge und die Augen hingegen, die viele Iraner am liebsten mögen, waren sehr zart und bekömmlich. Die Beine waren eher knorpelig und schmeckten für den Autor befremdlich. Die Innereien und Extremitäten werden üblicherweise mit einer Brühe übergossen serviert und oft noch mit Zimt und Zitrone verfeinert. Dieses Erlebnis war definitiv ungewöhnlich, aber nicht im Entferntesten 'eklig'. Es unterstreicht die Philosophie, dass man, wenn ein Tier für den Konsum geschlachtet wird, nach Möglichkeit alle Teile nutzen sollte und nicht nur das, was aus einer begrenzten Sichtweise als 'appetitlich' gilt.

Häufig gestellte Fragen zur persischen Küche

Was ist typisch für persischen Reis?
Typisch für persischen Reis ist oft die Zubereitung mit Butter oder Öl und das Kochen, bis sich am Boden des Topfes eine knusprige Kruste bildet, der sogenannte Tahdig. Reis wird außerdem oft mit Safran verfeinert und ist eine Hauptbeilage zu fast allen Gerichten.

Was ist Doogh?
Doogh ist ein traditionelles iranisches Erfrischungsgetränk aus Joghurt, Wasser und Minze. Es hat einen salzigen bis säuerlichen Geschmack und ist vergleichbar mit türkischem Ayran.

Was bedeutet Tahdig?
Tahdig bezeichnet die knusprige Schicht aus Reis oder Kartoffeln, die sich am Boden des Kochtopfes bildet, wenn persischer Reis mit viel Fett und über längere Zeit gekocht wird. Es gilt als besonders leckerer Teil des Gerichts.

Ist Kalle Pache ein Hauptgericht?
Kalle Pache ist eine persische Spezialität, die aus dem Kopf und den Beinen vom Schaf besteht. Sie wird traditionell nicht als Hauptgericht am Abend, sondern früh morgens zum Frühstück gegessen.

Welche Süßigkeiten gibt es zur persischen Teezeit?
Zur Teezeit werden verschiedene traditionelle Süßigkeiten serviert, darunter Nabat (Safran-Kandiszucker), Nane berenji (Safran Kekse), Baslogh (eine Art Marshmallow), Baklava, Gaz (weißes Nougat), Ghotab (Yazd Keks) und frische Datteln.

Fazit

Die persische Küche ist weit mehr als nur eine Aneinanderreihung von Gerichten; sie ist ein Spiegelbild der Kultur, Geschichte und regionalen Vielfalt Irans. Von den duftenden Reisgerichten mit Safran und Berberitzen über die frischen Kräuter und herzhaften Dips bis hin zu den süßen Verführungen zur Teezeit und den mutigen Spezialitäten wie Kalle Pache – jede Speise erzählt eine Geschichte. Das Eintauchen in diese kulinarische Welt ist eine bereichernde Erfahrung, die die Sinne weckt und einen tiefen Einblick in das Herz Persiens ermöglicht. Das Projekt, aus dem dieser Artikel entstanden ist, hat gezeigt, wie Essen Menschen verbinden und Kulturen zugänglich machen kann. Es war eine Reise, die Lust auf mehr macht und die Schönheit und Vielfalt der persischen Gastfreundschaft und Küche eindrucksvoll unter Beweis stellt.

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Bruno Auerei Leimen

Ich heiße Bruno Auerei Leimen und wurde 1979 in Heidelberg geboren. Seit über zwanzig Jahren widme ich mich leidenschaftlich der Entdeckung der kulinarischen Vielfalt Deutschlands. Nach meinem Studium der Literatur und des Journalismus an der Universität München habe ich es mir zur Aufgabe gemacht, meine Liebe zum Schreiben mit meiner Neugier für authentische regionale Küche zu verbinden. Heute arbeite ich als Gastronomiekritiker, habe drei Bücher über kulinarische Reisen veröffentlicht und schreibe regelmäßig für renommierte Magazine. Besonders schlägt mein Herz für traditionelle Gerichte und handwerklich gebrautes Bier.

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